Die Rede vom Fachkräftemangel verhallt seit Jahren ungehört. Die demographische Entwicklung wird die Situation in den nächsten Jahren uns Jahrzehnten noch verschärfen, weil von nun an die Anzahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter abnehmen wird ohne dass wir irgendetwas dagegen tun könnten. Peter F. Drucker nannte die Demographie deshalb auch „the future that already happend.“ Auf dem Gebiet der Informationstechnologie ist die Situation mittlerweile so schlimm, dass selbst in gesamtwirtschaftlich schwierigen Situation wie der zuletzt erlebten Finanzkrise, lediglich weniger Mangel an qualifizierten Arbeitskräften herrscht. Die Initiative „Informatik studieren!“ von Prof. Ernst Denert, den ich persönlich sehr schätze, hat es sich zur Aufgabe gemacht mehr junge Menschen zum Studium der Informatik zu bewegen.
Die Initiative setzt dort an, wo die Weichen für die Berufswahl gestellt werden, nämlich in den Oberstufen der Gymnasien:
Informatiker, die mit Freude und Erfolg im Berufsleben stehen, gehen an Schulen und stellen das Fach aus ihrer persönlichen Perspektive vor. Sie sind gute Botschafter der Informatik, denn sie haben selbst erfahren, dass Informatik Spaß macht und sich lohnt, auch materiell. Die Informatik-Botschafter folgen der Einladung von Lehrern, um die sich die Initiative bemüht. Sie knüpft Kontakte zu Schulen und wird unterstützt von den Ministerien und Schulverwaltungen einiger Bundesländer.
Auch ich bin seit mehreren Jahre Informatikbotschafter und war schon mehrfach an Schulen in und um München. Ich unterstütze die Initiative „Informatik studieren!“ voll und ganz und kann nur empfehlen, Informatik-Botschafter an die Schulen einzuladen oder selbst Botschafter zu werden. Details zu beidem sind hier zu finden.
9 Kommentare
Was Firmen hierzulande mittlerweile nur mehr bereit sind, für Informatiker zu zahlen, kann ich nur raten, nicht Informatik zu studieren. War in den 90ern die Fähigkeit, einen Computer anzuschalten, schon ausreichend genug, um einen hochdotierten Vertrag in der IT zu bekommen, so werden heutzutage vielfach nur mehr Hungerlöhne für bestausgebildete Fachkräfte geboten. Zusätzlich dazu steht man noch in Konkurrenz mit Informatikern aus den östlichen EU-Mitgliedsstaaten, für die sich die Löhne noch mehr als auszahlen, sodass sie diese noch weiter nach unten drücken können.
Danke, Nattl, für Deinen kritischen Kommentar. Natürlich ist die Bereitschaft für einfachste IT-Tätigkeiten („Computer einschalten“ wie Du es nennst) viel Geld zu bezahlen seit den 90ern zurückgegangen. Und das ist auch gut so. Mit Informatik hatte das nichts zu tun. Die Überschrift heißt ja ganz bewusst nicht: „Macht irgendwas mit Computern“, sondern eben „Informatik studieren!“. Die Betonung liegt dabei für mich auf Informatik, die zunächst ja gar nicht so viel mit Software und Programmieren zu tun hat, sondern mit abstraktem Denken und systematischer und kreativer Problemlösung. Mag sein, dass am Ende weiter östlich in der EU programmiert wird, aber nicht erdacht und konzipiert.
Also ich finde es super, dass Sie sich darum bemühen, den jungen Menschen zu vermitteln, Informatik zu studieren!
Als ich jung war, wusste man meist nicht, was man studieren sollte, da die meisten Berufsbilder auch überhaupt nicht klar waren.
Ich fühlte mich als junger Mensch da doch eher verloren bei der Berufswahl, hatte keine Ahnung.
Außerdem möchte ja das Unternehmen selbst mehr Umsatz oder zumindest stabilen Umsatz durch seine Mitarbeiter. Und dafür muss eben was getan werden!
Daher finde ich es auch so klug, direkt bei den Schülern anzufangen, so kann man sich seine Fachkräfte schon früh „ausbilden“.
Auch finde ich, Unternehmen müssen kreativ an den Fachkräftemangel rangehen! Da muss man selbst aktiver werden und sich neue Dinge einfallen lassen.
Vielen Dank für Ihre wertschätzenden Worte. Der Großteil Ihres Lobs gebührt aber Prof. Denert der mit viel Engagement, Kontakten und Budget diese Initiative ins Leben gerufen hat.
Gerne :)
Dann möchte ich hiermit auch Herrn Prof. Denert loben!!
Guten Tag,
bei aller Liebe glauben Sie ja wohl nicht allen Ernstes, dass Deutschland Tausende braucht, die nur erdenken und konzipieren, aber nicht programmieren.
Grundsätzlich gibt es keinen Fachkräftemangel. Das ist und bleibt völliger Quatsch. Das Einzige was fehlt sind Super-Spezialisten in einem genau eingegrenzten Fachbereich und das in (jung) und billig. Diese gibt es nicht oder sie verlangen zuviel oder sie sind den Unternehmen zu alt.
Wenn Fachkräftemangel herrschen würde, wäre es als Dipl. Inf. ohne Probleme möglich 60 – 70.000 € zu verlangen. Dem ist aber nicht so, auch nicht in Hamburg und Hamburg zahlt noch gut. Die Unternehmen sind noch viel zu arrogant.
Zeigen Sie mir doch bitte die Stellenausschreibungen, in denen nur verlangt wird zu konzipieren. Im Normalfall sollen sie entwickeln und das geht immer mit programmieren einher.
Meinen Kindern würde ich alles raten, aber ganz sicher nicht die IT. Die endet eh nur im Schweinezyklus.
Bewerben Sie sich doch bitte mal mit der Aussage: „Informatik hat zunächst gar nicht viel mit Software und Programmieren zu tun.“. Sie werden den Job (mit Sicherheit) nicht erhalten.
Mfg.
Dipl. Inf.
Ich interpretiere die Schärfe Ihres Kommentars als Verbitterung und würde Sie gerne fragen woher die rührt? Ich habe viel mit IT-Abteilungen und IT-Dienstleistern zu tun und absolut alle klagen über den Mangel an Fachkräften. Und ich meine damit nicht in erster Linie Entwickler. Was gebraucht wird sind Menschen die Prozesse analysieren können und passgenau in Software abbilden können. Das erfordert sehr viel Abstraktionsvermögen und genau das ist die Fähigkeit, die im Informatikstudium herausgebildet wird. Es tut mir leid, wenn Sie andere Erfahrungen machen mussten, aber 60 – 70.000 Euro für einen guten Diplom-Informatiker sind absolut im Rahmen. Aber auch hier ist das Studium nur die Grundlage, aber noch lange kein Garant für Top-Gehälter. Und das ist auch gut so, denn sonst hätten wir denselben Unsinn wie um das Jahr 2000, wo plötzlich jeder der eine CD-ROM brennen konnte IT-Spezialist war.
Erstmal bin ich nicht verbittert. Mir geht es recht gut, danke der Nachfrage. Wenn Sie soviele IT-Abteilungen und IT-Dienstleister kennen, wo sind dann die Stellenangebote, die nicht direkt und explizit einen Entwickler erwarten?
Nach meinen Erfahrungen gehen solche pauschalisierten Aussagen einfach an der Realität vorbei.
Ja, es gibt Stellenausschreibungen nach IT-Architekten. Sie haben da Recht. Doch eben diese Ausschreibungen machen nicht die Masse aus. Selbst wenn wir über IT-Architekten redeten. Man erwartet von diesen im Normalfall ein sehr hohes Maß an technischem Wissen. Einfach weil er technische Dinge vorgibt und entscheidet. Jemand der Prozesse analysiert und in Software gießen soll muß auch Entwickler sein. In den Unis erzählt man den Leuten, dass man da stundenlang über UML brütet und sich großartige Architekturen ausdenkt. Wie viele von den Abgängern machen das denn am Ende?
Wenn ich den Unternehmen eines vorhalten will, dann das sie nicht gewillt sind in potenzielle Mitarbeiter zu investieren. Da wird gesucht und geweint. Da wird eingegrenzt und am Ende weiß die HR selber nicht wer da eigentlich genau gesucht wird. Am Ende stellt man jemanden nicht ein, weil er nicht perfekt den Vorgaben entspricht (auch gehaltstechnisch), was wieder die Heulerei nach Fachkräften nach sich zieht.
Ich bin Angestellter in einem sehr großen IT-Unternehmen. Meine einzige Aussage ist, dass wir eben nicht die Massen an Diplom-Informatikern brauchen. Wir brauchen günstige Entwickler, diese in Massen. Genau das spricht gegen das sehr teure Studium für die Massen. Denn wie Sie schon selbst sagten, ein Studium ich kein Garant für ein Top-Gehalt und wenn wir beide ehrlich sind: Top-Gehälter sind immer selten, sonst wären sie nicht top. Warum also sollten Tausende ein solch hohes Risiko eingehen? Die haben heute sowieso schon alle Zukunftsängste.
Ich sage gar nicht, dass Sie da überall falsch liegen. Einfach meine Erfahrungen sind da anders.
Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, die Schärfe Ihres Kommentars ließ mich aber glauben, dass es da einen wunden Punkt gibt. Umso besser wenn das nicht so ist.
Sicherlich brauchen wir keine Massen an Diplom-Informatikern, das werden die Universitäten auch nie schaffen, aber wir brauchen mehr als es heute gibt. (Und ja: wir bräuchten auch mehr Entwickler / Programmierer.) Vielleicht ist die Initiative zu einseitig auf das Studium der Informatik ausgerichtet und ignoriert die restlichen IT-Ausbildungen. Das würde ich gelten lassen.
Recht haben Sie auch, wenn Sie die Unternehmen anprangern die nicht bereit sind in die Ausbildung und Entwicklung Ihrer Mitarbeiter zu investieren. (Etwas das Herr Denert in seiner Zeit bei sd&m übrigens vorbildlich gemacht hat.)
Für mich steht immer noch im Vordergrund die Fähigkeit zu abstraktem Denken und die Fähigkeit Probleme strukturiert zu lösen. Das vermittelt ein Informatikstudium wie keine zweite Ausbildung (von der Mathematik abgesehen). Diese Fähigkeiten sind und werden in Zukunft immer stärker gefragt sein.