Hektischer Stillstand

Wir haben die Qual der Wahl. Ob im Pri­vat­le­ben oder im Beruf, stets gibt es mehr Mög­lich­kei­ten als ver­füg­ba­re Zeit. Also müs­sen wir uns ent­schei­den. Wider­wil­lig zwar, immer die Oppor­tu­ni­täts­kos­ten im Blick. Fort­wäh­ren­de Opti­mie­rung und Effi­zi­enz­stei­ge­rung will uns glau­ben machen, dass wir uns nicht ent­schei­den müss­ten, son­dern alles haben und tun könn­ten. Wer immer mehr in immer weni­ger Zeit erle­digt, ist zwar sehr beschäf­tigt, arbei­tet aber sel­ten ziel­ge­rich­tet, son­dern ver­streut die Ener­gie in tau­send Rich­tun­gen. Ein Plä­doy­er für mehr Mut zur Ent­schei­dung und zur Fokussierung.

The­re is not­hing so use­l­ess as doing effi­ci­ent­ly that which should not be done at all.
Peter F. Drucker

So trau­rig das klingt, aber das Leben ist letzt­lich eine Fol­ge ver­pass­ter Gele­gen­hei­ten. Umso wich­ti­ger ist es, sei­ne Gele­gen­hei­ten klug zu wäh­len. Alles machen zu wol­len und es allen recht machen zu wol­len, ist der hoch­ef­fi­zi­en­te Weg zum siche­ren Misserfolg.

Die Viel­zahl der Mög­lich­kei­ten und die mit der Ent­schei­dung ver­bun­de­nen Oppor­tu­ni­täts­kos­ten wir­ken einer effek­ti­ven Fokus­sie­rung ent­ge­gen. Hin­zu kommt eine gewis­se Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit unse­rer Zeit: Wo ist vor­ne? Was ist rich­tig? Was ist heu­te wich­tig? Was wird mor­gen wich­tig sein? Viel­leicht war das aber auch schon immer so und es erscheint mir nur im Rück­blick so als hät­te es frü­her mehr Kon­sens und mehr Ori­en­tie­rung gege­ben. Defi­ni­tiv ein Phä­no­men unse­rer Zeit ist aber die Sucht nach sofor­ti­ger Rück­mel­dung und Bestä­ti­gung. Wenn wir uns schon ent­schei­den müs­sen, dann wol­len wir aber bit­te bin­nen kür­zes­ter Zeit bestä­tigt haben, dass sich der ein­ge­schla­ge­ne Weg lohnt.

In a few hundred years, when the histo­ry of our time will be writ­ten from a long-term per­spec­ti­ve, it is likely that the most important event his­to­ri­ans will see is not tech­no­lo­gy, not the Inter­net, not e‑commerce. It is an unpre­ce­den­ted chan­ge in the human con­di­ti­on. For the first time – lite­ral­ly – sub­stan­ti­al and rapidly gro­wing num­bers of peo­p­le have choices. For the first time, they will have to mana­ge them­sel­ves. And socie­ty is total­ly unpre­pared for it.
Peter F. Drucker

Wie so vie­les hat Peter Dru­cker auch die­ses Pro­blem des 21. Jahr­hun­derts rich­tig vor­her­ge­se­hen: Wir sind nur unzu­rei­chend vor­be­rei­tet auf die Mög­lich­kei­ten und die damit ver­bun­de­nen Ent­schei­dun­gen in einer schnell­le­bi­gen und kom­ple­xen Welt. Ent­schei­dun­gen zu ver­mei­den, bedeu­tet aber nur hek­ti­schen Still­stand. Effi­zi­en­tes Beschäf­tigt­sein ohne ech­ten Fort­schritt. Das Hams­ter­rad dreht sich eben doch nur auf der Stelle.

Füh­rung heißt Ent­schei­dung. Füh­rung hat das Ziel, die Lei­ter an die rich­ti­ge Wand zu leh­nen. Natür­lich unter den Bedin­gun­gen der Unsi­cher­heit und des Risi­kos: Ob die Wand die rich­ti­ge war, stellt sich erst oben her­aus. Füh­rung heißt Fokus­sie­rung: Die effek­ti­ve Bün­de­lung der ver­füg­ba­ren Ener­gie in eine Rich­tung. Im Pri­va­ten genau­so wie im Pro­jekt oder im Unternehmen.

If the lad­der is not lea­ning against the right wall, every step we take just gets us to the wrong place faster.
Ste­ven R. Covey

Arti­kel­bild: Micha­el Cory bei flickr.com (CC BY 2.0)



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2 Kommentare

Mike Leber 18. April 2014 Antworten

Ich seh das zuge­ge­ben recht ent­spannt ;) Und ich den­ke, wenn wir über Effi­zi­enz, Füh­rung und Lan­ge­wei­le spre­chen, befin­den wir uns in der Luxus­zo­ne des Lebens. Und in die­ser Luxus­zo­ne rate ich zu Ent­schleu­ni­gung, Ent­span­nung, Zu bewuss­tem Genie­ßen, zu Mut, Freu­de am Unter­neh­men und vor allem am Leben.

Füh­ren muss man nicht, aber man kann es, wenn man aus der­ar­ti­gen Per­spek­ti­ven sehen und han­deln kann. Das for­dert einem in ers­ter Linie ein­mal ab, sich selbst füh­ren und ver­trau­en zu kön­nen. Mit all dem gesag­ten kommt der Rest von allein.

Alles ande­re ist letz­lich nur Krampf und Kampf ;)
Fro­he Ostern!

Lg, Mike

Marcus Raitner 19. April 2014 Antworten

Vie­len Dank für Dei­nen sehr wich­ti­gen Kom­men­tar, Mike! Ich woll­te kei­nes­falls ument­spannt oder gar ver­bis­sen klin­gen in dem Arti­kel. Ich sehe das ganz ähn­lich wie Du auch eher ent­spannt. Trotz­dem fin­de ich es wich­tig uns der Ten­denz bewusst zu wer­den, dass wir uns in der Viel­zahl der Mög­lich­kei­ten ver­hed­dern. Und ja: In ers­ter Linie ging es mir dar­um sich selbst zu führen.

In die­sem Sin­ne auch Dir fro­he Ostern!

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