Gestern erschien in der Welt der Artikel »Deutsche Firmen entdecken Alternative zur E‑Mail« über die Veränderung der Kommunikation innerhalb von Unternehmen am Beispiel des (im Übrigen nicht wirklich deutschen) Unternehmens Atos. Das Zauberwort heißt »ZeroMail«. Gern zitiert wurde der Satz: »Oft ist es einfach besser, zum Telefon zu greifen, statt eine E‑Mail zu schreiben.« So verkürzt ist das gefährlicher, rückwärts gewandter Unsinn. Dabei enthält der Artikel und damit die lobenswerte Initiative bei Atos viel brauchbare Ansätze.
Zunächst zu den Fakten. Viele E‑Mails sind überflüssig. Der Deutschlandchef von Atos, Winfried Holz, zieht folgendes Fazit: »50 Prozent der E‑Mails sind unnötig, 30 Prozent für den Geschäftszweck nicht notwendig und nur 20 Prozent relevant.« Die Antwort bei Atos ist mitnichten der eingangs zitierte Rückgriff auf das Telefon, vielmehr soll bis Ende 2013 E‑Mail gänzlich ersetzt werden durch ein internes soziales Netzwerk ähnlich Facebook, wozu Atos letzten Sommer sogar ein entsprechendes Start-up einfach aufkaufte.
So weit, so gut. Auch innerhalb der esc Solutions verfolgen wir ja mit dem Einsatz von Yammer eine ähnliche Strategie. Nur ist das Kommunikationsverhalten primär keine Frage des Werkzeugs, sondern in erster Linie der Kultur. Kein Werkzeug ist daher per se besser oder schlechter. Deshalb nervt mich die müßige Diskussion über E‑Mail und Telefon. Beides ist gut. So wie Schraubendreher und Hammer beide gut sind. Egal welche und wie viele Werkzeuge wir zur Kommunikation einsetzen, die Frage ist immer, ob diese für den jeweiligen Zweck geeignet sind. Ich schätze die asynchrone und unaufdringliche Natur von E‑Mail genauso wie eine kurze Terminabstimmung per Telefon. Prinzipiell und pauschal über diese Werkzeuge zu diskutieren ist wenig erkenntnisreich.
Mit anderen Worten: die sinnvolle Anwendung von Kommunikationsmitteln im jeweils spezifischen Kontext muss verbessert und erlernt werden. Dazu schadet es sicherlich nicht, wenn sich ein Unternehmen Gedanken macht über grundsätzliche Leitlinien zum Umgang. Insbesondere dann, wenn man, wie bei Atos geschildert, ein soziales Netzwerk als zusätzliches Werkzeug einführt. In der esc Solutions pflegen wir beispielsweise einen sehr offenen Umgang und diskutieren fast alles öffentlich (innerhalb der Unternehmensgrenzen) auf Yammer. E‑Mails oder private Kommunikations auf Yammer verwenden wir nur wenn es gute Gründe dafür gibt.
Im Übrigen beschränken sich Leitlinien und Ratschläge zur Kommunikation nicht mehr nur auf den Sender. Gerade mit der Nutzung von Funktionen sozialer Netzwerke, die sich nicht durch ein Weniger, sondern eher durch ein Mehr an Kommunikation auszeichnen, braucht es auch neue Fähigkeiten und Leitlinien beim Empfänger. Insbesondere die Fähigkeit zum Filtern und die Fähigkeit zum Abschalten und Ausklinken.