Vom Nutzen eines systematischen Reflektierens

Projek­te bedeu­ten Ver­än­de­rung. Jedes Pro­jekt ist ein­zig­ar­tig, jede Pro­jekt­si­tua­ti­on ein wenig anders als alle vor­her­ge­hen­den. Das macht Pro­jekt­ma­nage­ment reiz­voll und for­dernd zugleich. Die Fül­le und Dich­te der Erfah­run­gen bie­tet eine gro­ße Chan­ce zur per­sön­li­chen Wei­ter­ent­wick­lung. Hilf­reich dabei ist ein sys­te­ma­ti­sches Reflek­tie­ren und Ver­ar­bei­ten des Erleb­ten im Gespräch mit einem ande­ren Menschen.

In der Pra­xis bie­ten sich vie­le Mög­lich­kei­ten die­sen Aus­tausch zu eta­blie­ren. Recht ein­fach umzu­set­zen und den­noch sehr effek­tiv ist ein Men­to­ren­pro­gramm, in dem jeder Pro­jekt­lei­ter sich regel­mä­ßig mit einem Men­tor trifft und in Ruhe und fern­ab der offi­zi­el­len Berichts­we­ge und Pro­to­kol­le das Pro­jekt bespricht. Natür­lich kann der Men­tor in die­sem Tref­fen auch Rat­schlä­ge aus sei­ner Erfah­rung und deut­lich ent­fern­te­ren Per­spek­ti­ve geben, aber nicht haupt­säch­lich. Viel­mehr geht es dar­um, das Erleb­te in Wor­te zu fas­sen. Die­ses For­mu­lie­ren klärt Zusam­men­hän­ge und deckt Mus­ter des eige­nen Han­delns als Pro­jekt­lei­ter auf.

Es steht außer Fra­ge, dass das Aus­for­mu­lie­ren zu deut­lich mehr Klar­heit zwingt als das blo­ße dar­über Sin­nie­ren. Schon Hein­rich von Kleist wid­me­te die­sem Effekt den Auf­satz »Über die all­mäh­li­che Ver­fer­ti­gung der Gedan­ken beim Reden.« Aus dem ope­ra­ti­ven Hams­ter­rad her­aus­zu­tre­ten, um einem Aus­sen­ste­hen­den zu berich­ten, schafft die nöti­ge Distanz und Frei­raum zum gemein­sa­men Reflek­tie­ren. Eben­so erzeu­gen die Tref­fen Ver­bind­lich­keit. Zu leicht wür­de sonst die ope­ra­ti­ve Hek­tik über­hand nehmen.

Noch kla­rer wird das Den­ken aller­dings durch ein schrift­li­ches Dar­stel­len der Situa­ti­on und der eige­nen Anlie­gen vor dem Tref­fen. Die­ses etwas eigen­tüm­lich anmu­ten­de Ritu­al pflegt Jeff Bezos, der CEO von Ama­zon. Übli­cher­wei­se star­ten sei­ne Bespre­chun­gen mit dem Top-Manage­ment indem bis zu 30 Minu­ten in aller Stil­le sechs­sei­ti­ge Memos der Tages­ord­nungs­punk­te stu­diert wer­den. Sei­ne Begrün­dung dafür ist eben­so ein­fach wie einleuchtend.

Full sen­ten­ces are har­der to wri­te. They have verbs. The para­graphs have topic sen­ten­ces. The­re is no way to wri­te a six-page, nar­ra­tively struc­tu­red memo and not have clear thinking.
Jeff Bezos. For­tu­ne, Aus­ga­be vom 3.12.2012

In die­sem Sin­ne hat mein Blog auch die­sen Zweck des all­mäh­li­chen Ver­fer­ti­gens der Gedan­ken beim Schrei­ben. Jeder Kom­men­tar und jeder Reak­ti­on im Inter­net auf mei­ne Arti­kel sind mir will­kom­me­ner Anlass zum Reflek­tie­ren und Diskutieren.

In gro­ßen Kon­zer­nen ist es in der Regel kein Pro­blem genü­gend fähi­ge Men­to­ren zu fin­den. Die Her­aus­for­de­rung ist es dort eher, die­sen Men­schen den nöti­gen Frei­raum zu schaf­fen, denn in der Regel sind sie stark in eige­ne Pro­jek­te oder Lini­en­auf­ga­ben ein­ge­bun­den. In die­ser Situa­ti­on ist es sinn­voll, auf exter­ne Unter­stüt­zung zurück­zu­grei­fen. Nicht nur zur Ver­stär­kung der Kapa­zi­tät, son­dern auch um die oft sehr star­ren Gren­zen des Unter­neh­mens für Impul­se von Außen zu öffnen.

In klei­ne­ren Unter­neh­men fin­den in der Regel auch weni­ger Pro­jek­te statt und ent­spre­chend dünn sind die Erfah­run­gen im Pro­jekt­ma­nage­ment. Wenn in einem sol­chen Unter­neh­men dann doch ein grö­ße­res Pro­jekt durch­ge­führt wer­den soll, bei­spiels­wei­se die Ein­füh­rung eines neu­en ERP-Sys­tems, emp­fiehlt es sich, mit einem exter­nen Men­tor und Pro­jekt­coach die­ses Risi­ko abzu­si­chern und gleich­zei­tig die Erfah­rung im eige­nen Unter­neh­men sys­te­ma­tisch aufzubauen.

Arti­kel­bild: Vra­tis­lav Darm­ek bei flickr.com (CC BY 2.0)

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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