Früher als Programmierer war alles besser. Die eigenen Beiträge waren sofort sichtbar. Die Ergebnisse erstklassig und geschätzt. Die Arbeit war befriedigend. Die ersten Schritte im Projektmanagement und anderen Führungsaufgaben sind mühsam. Nicht weil es so kompliziert wäre, sondern weil die eigenen Wertevorstellungen von „richtiger“ Arbeit im Wege stehen.
Als Programmierer und Architekt war klar was zu tun war. Wie im Studium und die Jahre danach eben. Sicherlich, es war viel, manchmal zu viel. Und kompliziert. Aber am Ende langer Arbeitstage hatten wir es immer geschafft. Die Architektur genial, das letzte Quäntchen Performance herausgekitzelt, der Programmcode ein Kunstwerk. So fühlt sich richtige, ehrliche Arbeit an.
Von der Stirne heiss
Rinnen muss der Schweiss,
Soll das Werk den Meister loben.
(Schiller. Das Lied von der Glocke)
Jetzt diese Excel-Sheets, Projektpläne und Statusreports. Ständig irgendwelche Meetings und Anrufe. Überhaupt keine Zeit für die eigentliche Arbeit mehr. Die machen jetzt meine Mitarbeiter. Eigentlich auch ganz ok. Sicherlich, hier und da muss ich mithelfen. Sonst wird das einfach nichts. Meine Tage werden dann eben ein wenig länger. Der ganze administrative Kram, die Planung und das Controlling, muss dann eben bis Freitag Abend warten.
Frei erfunden zwar, aber tausendfach leidvoll durchlebt. Die ersten Monate als Projektmanager sind schwierig. Nicht dass die Jahre vorher einfach gewesen wären, aber wenigstens durfte man da noch unmittelbar einem Beitrag leisten. Die eigenen Ergebnisse waren immer erstklassig und man war zu Recht sehr stolz. Jetzt leisten die Mitarbeiter die Beiträge, während der Projektmanager nur indirekt zum Ergebnis beiträgt. „To make work productive and the worker achieving.“ ist nach Peter Drucker eine der drei Kernaufgaben des Managers (vgl. Management Rev Ed., Kapitel 3). Das bedeutet das Ziel zu kennen und die Arbeit darauf auszurichten. Das bedeutet die nötigen Ressourcen, seien es Arbeitsmittel, Räume oder Mitarbeiter, zu beschaffen. Das bedeutet Mitarbeiter zu coachen und zu beraten. Und es bedeutet Vertrauen in die Mitarbeiter zu haben. Aber es bedeutet nicht, selbst mitzuarbeiten und auszuhelfen.
Viele Organisationen machen den Fehler, den angehenden Projektmanagern dadurch helfen zu wollen, dass sie zunächst nur teilweise Managementaufgaben übernehmen, während sie gleichzeitig ihrer alten Rolle nachgehen. Das macht den Rollenwechsel aber nicht einfacher: immer wird die als richtig empfundene Arbeit vorgehen, während die unbekannte und scheinbar unwichtige Führungsaufgabe aufgeschoben wird. Wünschenswert und hilfreich wäre es hingegen den angehenden Projektmanager durch einen erfahrenen Projektcoach und Mentor zu begleiten.
Vorangegangene Teile der Serie Projektcoaching
- Projektcoaching (01): Nutzen erkennen
- Projektcoaching (02): Kommunikation
- Projektcoaching (03): Ziele
- Projektcoaching (04): Rollen
- Projektcoaching (05): Risiken
- Projektcoaching (06): Lieferergebnisse
- Projektcoaching (07): Projektstart
- Projektcoaching (08): Sinn stiften
- Projektcoaching (09): Planung
- Projektcoaching (10): Marketing
- Projektcoaching (11): Änderungsmanagement
- Projektcoaching (12): Besprechungen
- Projektcoaching (13): Berichtswesen
- Projektcoaching (14): Meilensteine
- Projektcoaching (15): Führungsrolle
- Projektcoaching (16): Glaubenssätze
- Projektcoaching (17): Effektivität
- Projektcoaching (18): Flöhe hüten
- Projektcoaching (19): Informationsfluss
- Projektcoaching (20): Legehennen
- Projektcoaching (21): Rollenwechsel
Bildnachweis
Das Artikelbild wurde von Benson Kua unter dem Titel „Grant“ auf Flickr veröffentlicht (Bestimmte Rechte vorbehalten).