Projektcoaching (22): „Richtige“ Arbeit

Frü­her als Pro­gram­mie­rer war alles bes­ser. Die eige­nen Bei­trä­ge waren sofort sicht­bar. Die Ergeb­nis­se erst­klas­sig und geschätzt. Die Arbeit war befrie­di­gend. Die ers­ten Schrit­te im Pro­jekt­ma­nage­ment und ande­ren Füh­rungs­auf­ga­ben sind müh­sam. Nicht weil es so kom­pli­ziert wäre, son­dern weil die eige­nen Wer­te­vor­stel­lun­gen von „rich­ti­ger“ Arbeit im Wege stehen.

Als Pro­gram­mie­rer und Archi­tekt war klar was zu tun war. Wie im Stu­di­um und die Jah­re danach eben. Sicher­lich, es war viel, manch­mal zu viel. Und kom­pli­ziert. Aber am Ende lan­ger Arbeits­ta­ge hat­ten wir es immer geschafft. Die Archi­tek­tur geni­al, das letz­te Quänt­chen Per­for­mance her­aus­ge­kit­zelt, der Pro­gramm­code ein Kunst­werk. So fühlt sich rich­ti­ge, ehr­li­che Arbeit an.

Von der Stir­ne heiss
Rin­nen muss der Schweiss,
Soll das Werk den Meis­ter loben.
(Schil­ler. Das Lied von der Glo­cke)

Jetzt die­se Excel-Sheets, Pro­jekt­plä­ne und Sta­tus­re­ports. Stän­dig irgend­wel­che Mee­tings und Anru­fe. Über­haupt kei­ne Zeit für die eigent­li­che Arbeit mehr. Die machen jetzt mei­ne Mit­ar­bei­ter. Eigent­lich auch ganz ok. Sicher­lich, hier und da muss ich mit­hel­fen. Sonst wird das ein­fach nichts. Mei­ne Tage wer­den dann eben ein wenig län­ger. Der gan­ze admi­nis­tra­ti­ve Kram, die Pla­nung und das Con­trol­ling, muss dann eben bis Frei­tag Abend warten.

Frei erfun­den zwar, aber tau­send­fach leid­voll durch­lebt. Die ers­ten Mona­te als Pro­jekt­ma­na­ger sind schwie­rig. Nicht dass die Jah­re vor­her ein­fach gewe­sen wären, aber wenigs­tens durf­te man da noch unmit­tel­bar einem Bei­trag leis­ten. Die eige­nen Ergeb­nis­se waren immer erst­klas­sig und man war zu Recht sehr stolz. Jetzt leis­ten die Mit­ar­bei­ter die Bei­trä­ge, wäh­rend der Pro­jekt­ma­na­ger nur indi­rekt zum Ergeb­nis bei­trägt. „To make work pro­duc­ti­ve and the worker achie­ving.“ ist nach Peter Dru­cker eine der drei Kern­auf­ga­ben des Mana­gers (vgl. Manage­ment Rev Ed., Kapi­tel 3). Das bedeu­tet das Ziel zu ken­nen und die Arbeit dar­auf aus­zu­rich­ten. Das bedeu­tet die nöti­gen Res­sour­cen, sei­en es Arbeits­mit­tel, Räu­me oder Mit­ar­bei­ter, zu beschaf­fen. Das bedeu­tet Mit­ar­bei­ter zu coa­chen und zu bera­ten. Und es bedeu­tet Ver­trau­en in die Mit­ar­bei­ter zu haben. Aber es bedeu­tet nicht, selbst mit­zu­ar­bei­ten und auszuhelfen.

Vie­le Orga­ni­sa­tio­nen machen den Feh­ler, den ange­hen­den Pro­jekt­ma­na­gern dadurch hel­fen zu wol­len, dass sie zunächst nur teil­wei­se Manage­ment­auf­ga­ben über­neh­men, wäh­rend sie gleich­zei­tig ihrer alten Rol­le nach­ge­hen. Das macht den Rol­len­wech­sel aber nicht ein­fa­cher: immer wird die als rich­tig emp­fun­de­ne Arbeit vor­ge­hen, wäh­rend die unbe­kann­te und schein­bar unwich­ti­ge Füh­rungs­auf­ga­be auf­ge­scho­ben wird. Wün­schens­wert und hilf­reich wäre es hin­ge­gen den ange­hen­den Pro­jekt­ma­na­ger durch einen erfah­re­nen Pro­jekt­coach und Men­tor zu begleiten.

Vorangegangene Teile der Serie Projektcoaching

Bildnachweis

Das Arti­kel­bild wur­de von Ben­son Kua unter dem Titel „Grant“ auf Flickr ver­öf­fent­licht (Bestimm­te Rech­te vor­be­hal­ten).

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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