Projekte verändern den Status quo im Unternehmen und führen damit unweigerlich zu Reibung. Insbesondere natürlich im Projekt selbst, das aus den verschiedenen betroffenen Parteien besteht und einen Ausgleich zwischen ihnen herstellen muss, wenn es erfolgreich sein will. Solange diese Reibung der gemeinsamen Gestaltung der bestmöglichen Lösung dient, ist sie gewünscht und wichtig. Leider ist das nicht immer so. Die Kunst ist es, notwendige Reibung herzustellen und zuzulassen und diese gleichzeitig von destruktivem Kräftemessen auf dem Spielfeld des Projekts zu unterscheiden.
In Projekten wird die Arbeitsweise im Unternehmen verändert. Spannend und zugleich konfliktreich wird es immer dann, wenn es nicht nur um lokale Optimierungen in einem Unternehmensbereich geht, sondern die Veränderung verschiedene Bereiche betrifft. Falls dann noch Aufwand und Nutzen zwischen den betroffenen Bereichen ungleich verteilt sind, also ein Bereich den Großteil des Aufwands hat, aber ein anderer den Großteil des Nutzens, ist Reibung vorprogrammiert. Und das ist gut so. Jedenfalls solange diese Reibung der Findung einer für das ganze Unternehmen besseren Lösung dient und nicht der Bewahrung lokaler Optima.
Im Sinne einer solchen Verbesserung für das ganze Unternehmen, ist es sehr oft nötig, die Arbeitsweise im einen Bereich aufwändiger zu machen, um dadurch in anderen Bereichen eine über diesen Mehraufwand deutlich hinausgehende Arbeitserleichterung zu erzielen. Solche Veränderungen führen automatisch zu Ängsten auf allen betroffenen Seiten: Mehrarbeit ohne ausreichende Stellen einerseits und Wegfall von Arbeitsplätzen andererseits. Nicht immer fällt es dabei allen Beteiligten leicht, das globale Optimum im Auge zu behalten.
Starke Linienorganisationen tragen ihre Interessen immer ins Projekt. Das ist so gewünscht und sinnvoll. Jedenfalls solange diese Interessen konstruktiv im Sinne einer für das Unternehmen optimalen Gesamtlösung vertreten werden. Nicht immer ist das der Fall und es kommt zu destruktiven Machtspielen und Blockadehaltung. Dieser Prozess beginnt schon bei der Ausgestaltung der Projektorganisation (jedem sein Kästchen) und der Besetzung der Rollen (gerne mehrfach) und zieht sich dann durch die gesamte Projektarbeit. Je stärker und größer die Linienorganisation, desto mehr ist hier die Führungsfähigkeit des Projektleiters gefragt. An ihm liegt es letzlich die unterschiedlichen und teilweise konträren Fraktionen, deren angemessene Beteiligung am Projekt gewünschte Reibung ist, konstruktiv in Richtung eines sinnvollen Ganzen zu führen.
Reibung ist also gewünscht und nicht jeder Konflikt ein Problem. Zu viel Harmonie und Einigkeit kann im Gegenteil ein Zeichen sein, dass ein Vorhaben noch nicht richtig verstanden wurde oder noch nicht alle Betroffenen ausreichend beteiligt sind. Es erfordert Erfahrung und Achtsamkeit, destruktive Machtspiele von konstruktiver Reibung zu unterscheiden, denn ausgetragen wird immer alles auf der Sachebene. Und es erfordert diplomatisches Geschick und Durchsetzungsfähigkeit, erstere zu unterbinden oder einzudämmen und letztere zuzulassen und zu fördern.
If we are all in agreement on the decision – then I propose we postpone further discussion of this matter until our next meeting to give ourselves time to develop disagreement and perhaps gain some understanding of what the decision is all about.
Alfred P. Sloan