Einfache Konzepte haben in der praktischen Umsetzung durchaus so manche Tücke. Beim Berichtswesen im Projekt ist das nicht anders. In regelmäßigen Abständen einen Vordruck inklusive der beliebten Statusampel ausfüllen und verschicken ist das eine, ehrlich und offen über den Stand des Projekts berichten aber etwas ganz anderes. Oft ist der Projektstatus dann wie eine Wassermelone: außen grün und innen schön rot mit einigen dunklen Flecken.
Kein Auftraggeber will belogen werden. Trotzdem verhalten sich viele unbewusst so. Wer wirklich denkt, sich mit einer roten Statusampel Hilfe bei einem wichtigen Problem zu holen, wird leider oft eines Besseren belehrt. Von Hilfe meistens keine Spur, stattdessen Ursachenforschung und Schuldzuweisungen. Schnell wird da aus einer roten Ampel eine gelbe und aus den fünfzehn betrunkenen Affen mit dem Puzzle eine reibungslos laufendes Projekt.
Statusberichte sind ja nun kein besonders kompliziertes Konzept. Umso erstaunlicher, dass sich in der täglich Praxis doch erhebliche Defizite in der Anwendung finden. Umso wichtiger sind die folgenden drei Leitlinien für Statusberichte.
Regeln vereinbaren
Statusberichte brauchen Regeln. Das beginnt mit einer nützlichen Vorlage für den Bericht. Nicht zu viel sollte auszufüllen sein, sonst verliert man schnell den Überblick und die Lust. Es sollte aber auch nicht zu wenig sein. Eine Vorlage, die gar keinen Raum für Probleme und Risiken hat, fördert nicht gerade risikobewusstes Projektmanagement, dafür aber wassermelonengrüne Berichte. Als nützliche Felder haben sich unter anderem erwiesen: Ergebnisse der Berichtsperiode, geplante Aktivitäten der nächsten Berichtsperiode, Kurzstatus zu Zeit, Qualität und Budget, Risiken und Probleme und nächste Meilensteine.
Beliebt sind Ampeldarstellungen für den Gesamtstatus eines Projekts. Weniger beliebt sind klare Regeln wann welche Farbe zu verwenden ist. Insbesondere herrscht gerne Verwirrung über die rote Ampel. Ich halte es meistens so, dass eine gelbe Ampel, ein kritisches Problem oder Risiko signalisiert, für das wir aber im Projekt uns geeignete Maßnahmen überlegt haben und dort lösen können. Die rote Ampel setze ich hingegen, wenn das Problem nicht im Projekt gelöst werden kann bzw. die Lösung die Unterstützung des Berichtsempfängers erfordert. Man kann das auch anders definieren, wichtig ist nur, dass die Spielregeln verbindlich definiert sind und alle das gleiche meinen. Gerade bei einem so intuitiven Konzept wie einer Ampelfarbe.
Miteinander sprechen
In jedem Fall sollte der Status schriftlich abgegeben werden, weil das ein Zurücktreten aus dem Tagesgeschäft erfordert und ein Nachdenken über das Projekt von außen fördert. Genauso wichtig ist mir aber, dass über diesen schriftlichen Status von Angesicht zu Angesicht gesprochen wird und insbesondere über die kritischen Punkte. So sieht es auch Jeff Bezos, der CEO von Amazon. Üblicherweise starten seine Besprechungen mit dem Top-Management indem bis zu 30 Minuten in aller Stille sechsseitige Memos der Tagesordnungspunkte studiert werden.
Full sentences are harder to write. They have verbs. The paragraphs have topic sentences. There is no way to write a six-page, narratively structured memo and not have clear thinking.
Jeff Bezos. Fortune, Ausgabe vom 3.12.2012
Lösungen suchen
Nun kommt es aber stark darauf an wie man miteinander spricht. Wer den Überbringer der schlechten Nachricht immer köpft, wird schließlich so lange belogen bis man die unschöne Wahrheit nicht mehr verbergen kann. Weil dann aber keinen Handlungsoptionen mehr bleiben, kann man nur noch die Schuldfrage diskutieren, was in einer solchen Führungskultur auch ausgiebig passiert. Eigentlich muss es aber darum gehen, frühzeitig von Problemen zu erfahren, um dann noch möglichst viele Handlungsoptionen zu haben und über Lösungen diskutieren zu können.
Informed decision-making comes from a long tradition of guessing and then blaming others for inadequate results.
Scott Adams