Freude am Arbeiten

Von vie­ler­lei Wer­ten ist die Rede in Unter­neh­men. Auf Ver­ant­wor­tung, Offen­heit und Trans­pa­renz kön­nen sich die meis­ten noch eini­gen. Oft blei­ben die­se Wer­te schö­ne Sonn­tags­re­den, ohne Wir­kung beim Mon­tags­mee­ting. Zu domi­nant ist die Angst­kul­tur vie­ler­orts. Ent­spre­chend sel­ten liest man das Glück der Mit­ar­bei­ter oder auch nur die Freu­de am Arbei­ten als grund­le­gen­den Wert. Genau hier­in unter­schei­den sich aber mensch­li­che von mecha­nis­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen. Und genau die­ser Unter­schied wird künf­tig immer mehr einen Unter­schied machen.

Glück und Freu­de sind in den vor­herr­schen­den mecha­nis­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen genau­so stö­rend wie alle ande­ren mensch­li­chen Regun­gen. Es geht schließ­lich nicht um den Men­schen, son­dern nur um sei­ne Funk­ti­on im Getrie­be. Und dafür wird er ent­lohnt. Wer bei der Arbeit Freu­de emp­fin­det und Glück zum Aus­druck bringt macht sich umge­kehrt sogar der Faul­heit ver­däch­tig, weil dann ja offen­sicht­lich noch Luft für zusätz­li­che Arbeit wäre. So die übli­che mecha­nis­ti­sche Logik.

Ich will mei­nen Enkeln spä­ter mal von den glück­li­chen Men­schen in unse­rem Unter­neh­men erzäh­len können.
Bodo Jans­sen

So selbst­ver­ständ­lich wie Bodo Jans­sen, der Geschäfts­füh­rer der Hotel­ket­te Ups­tals­boom, das Glück der Mit­ar­bei­ter in den Mit­tel­punkt stellt, so wenig salon­fä­hig wäre das in vie­len ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen. Wirft man einen Blick in den genau­so lie­be­voll wie tief­sin­nig gestal­te­ten Wer­te­baum von Ups­tals­boom tau­chen noch mehr sol­che eigent­lich selbst­ver­ständ­li­chen, weil zutiefst mensch­li­chen, aber im Wirt­schafts­le­ben leicht ver­rückt anmu­ten­den und des­halb umso muti­ge­ren Aus­sa­gen auf. Zum Bei­spiel der Wert der Herz­lich­keit („Jedes Lächeln kehrt zu Dir zurück“) oder Offen­heit („Trau Dich“) oder Wert­schät­zung („Erken­ne Gutes und sprich dar­über“). Hier ist klar: Der Mensch steht wirk­lich im Mit­tel­punkt und ist Zweck des Wirt­schaf­tens und nicht blo­ßes Mit­tel.

up_wertebaum_2015

Man mag Glück und Freu­de als Luxus abtun und „Cor­po­ra­te Happiness“-Beauftragte als Spin­ne­rei, aber die nack­ten Zah­len spre­chen dafür, dass glück­li­che Mit­ar­bei­ter einen enor­men Ein­fluss auf den wirt­schaft­li­chen Erfolg haben.

Ups­tals­boom ver­dop­pel­te sei­nen Umsatz zwi­schen 2009 und 2013 auf 42 Mil­lio­nen Euro. Die Hälf­te die­ses Umsatz­wachs­tums führt Jans­sen unmit­tel­bar auf die neue Unter­neh­mens­kul­tur und die dadurch gestie­ge­ne Leis­tungs­be­reit­schaft zurück. Wäh­rend die durch­schnitt­li­che Ver­weil­dau­er im Betrieb in der Bran­che aktu­ell von 2 auf 1.5 Jah­re gefal­len ist, stieg sie bei Ups­tals­boom auf 6 Jah­re an.
Quel­le: kulturwandel.org

Glück und Freu­de ist gera­de in der Wis­sens­ar­beit der ent­schei­den­de Unter­schied. Ins­be­son­de­re in kom­ple­xem Markt­um­feld (und wel­ches Unter­neh­men hat das heu­te nicht) und ange­sichts immer häu­fi­ger auf­tre­ten­den dis­rup­ti­ven Tech­no­lo­gien, stößt die mecha­nis­ti­sche Betrach­tung von Unter­neh­men an ihre Gren­zen. Die Reduk­ti­on von Men­schen auf Rol­len im Getrie­be mit ein paar net­ten Wer­ten als Schmier­mit­tel der Zusam­men­ar­beit ist weder wert­schät­zend noch wert­schöf­pend. Inno­va­ti­on und Exzel­lenz ent­steht nur dort, wo sich der gesam­te Mensch wohl fühlt.

Life is too important to be taken seriously.
Cha­de-Meng Tan, For­mer Jol­ly Good Fel­low at Google



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7 Kommentare

Bernd 16. Oktober 2016 Antworten

Lie­ber Marcus,

da sind wir mE nun also bei der unmerk­li­chen und stil­len Revo­lu­ti­on gelan­det :o)

Die Hirn­for­schung hat her­aus­ge­fun­den, dass man Freu­de benö­tigt, wenn man etwas (schnel­ler) ler­nen will.
Die Moti­va­ti­ons­gu­rus haben mit der PSI-Theo­rie (nach Kuhl) und dem „Flow-Prin­zip“, die Wich­tig­keit der Gefühls­re­gu­la­ti­on und die Bedeu­tung der Freu­de für die UMSETZUNG von Zie­len trans­pa­rent gemacht.
Vie­le spi­ri­tu­el­le Men­schen wis­sen ja ohne­hin schon lan­ge, dass „Lie­be die Ant­wort auf alle Fra­gen ist“ und man nicht mehr als „gestei­ger­te Freu­de“ errei­chen kann. ;o)
Abge­se­hen davon wird uns die ver­netz­te Infor­ma­ti­ons- und Wis­sens­ge­sell­schaft immer bewusster…

Trans­for­ma­tio­na­le Füh­rung – die Berück­sich­ti­gung, dass wir Men­schen uns ent­wi­ckeln und wach­sen wol­len und aus einem klei­nen Men­schen nicht ein­fach nur ein kör­per­lich Grö­ße­rer wird – auch so ein schö­ner, dazu pas­sen­der Ansatz.
Frü­her war das genau mein Ding: Freu­de an der Auf­ga­be selbst und an der Ent­wick­lung, die dabei geschieht. Heu­te sehe ich das lei­der mit etwas mehr Distanz.

Wäh­rend man frü­her sag­te, dass man für die Ren­te arbei­ten gehe und sich fürs Leben etwas dazuverdiente,
sieht es heu­te trotz Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung lei­der so aus, dass man mit einem Nor­mal­ver­dienst im Alter an der Armuts­gren­ze landet.
Vie­le Unter­neh­men nut­zen die Freu­de und Iden­ti­fi­ka­ti­on eines Mitarbeiters,
um weni­ger bezah­len zu müs­sen und noch schlim­mer, man­che um ihn „bes­ser gän­geln“ zu können.
Schon ver­blüf­fend, wie sich so „her­zens­gu­te“ und wirk­sa­me Din­ge, in Ihr Gegen­teil ver­keh­ren lassen…

Hier mal ne Doku über die­se „Schat­ten­sei­te“:
https://www.youtube.com/watch?v=39jPDL90jac
(Damit will ich Dir nicht wie­der­spre­chen und ich bin heu­te noch ein Freund des Ansat­zes – Mir geht es eher um eine Form der Achtsamkeit…)

Wün­sche Dir wei­ter­hin einen schö­nen Sonntag!
Bernd

PS:
ME gehört schon eine Men­ge Refle­xi­on dazu sich sei­ner Wer­te so bewusst zu wer­den und authen­tisch dafür zu gehen (sie also ins Leben zu integrieren).
Das wird an der Geschich­te hin­ter Ups­tals­boom auch sehr schön deut­lich – für Inter­es­sier­te hier noch­mal der Link dazu:
http://kulturwandel.org/project/upstalsboom/

Marcus Raitner 16. Oktober 2016 Antworten

Lie­ber Bernd, vie­len Dank für dei­ne Ergän­zung. In der Tat besteht die Gefahr, dass mit Annehm­lich­kei­ten das ansons­ten unmensch­li­che Sys­tem bloß ein biss­chen aus­ge­pols­tert wird. Das hat dann frei­lich nicht die durch­schla­gen­de Wir­kung und ver­san­det dann ver­mut­lich schnell, weil die undank­ba­ren Mit­ar­bei­ter es nicht mit ent­spre­chen­der Leis­tung hono­rier­ten. Wie du zurecht anmerkst und noch­mals auf die Geschich­te von Ups­tals­boom ver­weist (dan­ke!), gehört tat­säch­lich sehr viel Refle­xi­on dazu, die­se Wer­te wirk­lich authen­tisch umzu­set­zen. Die Wir­kung ist dann aller­dings enorm. Nenn‘ mich ruhig einen unver­bes­ser­li­chen Opti­mis­ten, aber ich bin der fes­ten Über­zeu­gung, dass die Zukunft der Wirt­schaft eine mensch­li­che­re sein muss und wird.

Bernd 16. Oktober 2016 Antworten

Wenn Du mich fragst, nen­ne ich Dich eher einen Realisten.

Man sieht das wirk­sa­me Prin­zip so schön an kran­ken Bäumen.…:
Was über­lebt wohl – die brau­nen Fle­cken, oder das, wo es wie­der grü­ner wird?

Und die es nicht glau­ben kön­nen, denen hilft viel­leicht Oscar Wilde:
Am Ende wird Alles gut – und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende. ;o)

Robert Vogel 18. Oktober 2016 Antworten

Hal­lo Zusammen,

hab gera­de den Film ange­schaut und was mir dort, wie auch oben im BLOG auf­fällt, ist das Feh­len der Kun­den. Also Der­je­ni­gen für die wir in unse­rer Tötig­keit einen Wert schaf­fen und die dafür bereit sind auch etwas zu bezah­len. Anfor­de­run­gen der Kun­den ändern sich stän­dig und in den letz­ten Jah­ren mas­siv und immer schnel­ler. Neben den Anfor­de­run­gen ändern sich auch ande­re im Umfeld von Unter­neh­men lie­gen­de Indi­ka­to­ren. Märk­te wer­den kom­ple­xer und dyna­mi­scher. Das Betriebs­sys­tem der Orga­ni­sa­ti­on dahin­ge­hend aus­zu­rich­ten ist heu­te die zen­tra­le Auf­ga­be. Klas­si­sche Struk­tur­ele­men­te schaf­fen das meist nicht, schlim­mer noch, oft blo­ckie­ren sie Wirk­sam­keit. Es geht also um intel­li­gen­tes Wirt­schaf­ten. Sehr oft geht das ein­her mit den im BLOG beschrie­be­nen Wer­ten, die sich in der Fol­ge der Ver­än­de­rung ein­stel­len. Die Kul­tur folgt der Struktur.

Lasst uns also einen Blick auf die Umwelt des Unter­neh­mens wer­fen, die Struk­tur dar­auf aus­rich­ten. Toxi­sche Ele­men­te ent­rüm­pelt und Acht­sam mit den Men­schen umgehen.

Vie­le Grüße
Robert

Marcus Raitner 18. Oktober 2016 Antworten

Vie­len Dank für die­se ganz wich­ti­ge Ergän­zung. Auch wenn es in die­sem Arti­kel viel­leicht nicht expli­zit erwähnt war, geht es natür­lich um den Kun­den und die sich immer schnel­ler wan­deln­den Märk­te. Dem muss man natür­lich auch struk­tu­rell Rech­nung tragen.

Martin Bartonitz 29. Januar 2017 Antworten

:-)
Vor Jah­re stand Prof. Gun­ter Dueck, als er noch CTO bei IBM Euro­pe war, auf einem Kon­gress mit einem Publi­kum vor eine hau­fen Mana­ger der Indus­trie und mein­te zu ihnen:

Wenn sie an einem Kopie­rer vor­bei kom­men und fin­den dort einen fröh­li­chen Mit­ar­bei­ter pfei­fend, dann machen sie nicht den Feh­ler, im noch mehr Arbeit auf­zu­hal­sen, denn er ist gera­de voll im Fluss, in sei­nem Maximum.“

Hat­te auch bei mir mäch­tig Klick gemacht :-)

Dan­ke für den wich­ti­gen Arti­kel und die schö­ne Grafik :-)
Martin

Marcus Raitner 30. Januar 2017 Antworten

Vie­len Dank, Mar­tin, für die­se schö­ne Anekdote.

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