Die Methode Objectives & Key Results, kurz OKR, entstand in den 1970er-Jahren unter Andy Grove bei Intel, der sie in seinem Buch „High Output Management“ (Grove, 1983) beschrieb. Richtig in Mode kam OKR aber erst als John Doerr diese Art der Zielsetzung 1999 bei Google einführte, wo sie bis heute konsequent – und recht erfolgreich – angewendet wird (Doerr, 2018). Auf den ersten Blick wirkt OKR täuschend einfach und birgt deshalb ein großes Risiko, missinterpretiert und falsch eingesetzt zu werden – gerade in großen Organisationen, die traditionell mit vielen Kennzahlen gesteuert oder vielleicht auch nur verwaltet werden.
Grundsätzlich helfen OKRs bei der Ausrichtung einer Organisation und ihrer Mitarbeiter auf gemeinsame Ziele. Damit hat diese Methode dasselbe Ziel wie ihr älterer Bruder „Management by Objectives“ (MbO), das übrigens im Original von Peter F. Drucker im Jahr 1954 (Drucker & Maciariello, 2008, S. 258) noch den Titel „Management by Objectives and Self-Control“ trug und erst im Laufe der Zeit einseitig zum Steuern mit Zielen verstümmelt wurde. Die gelungene Ausrichtung von großen Organisationen war schon immer eine Herausforderung und bleibt es mehr denn je in den agilen und damit eher selbst-organisierenden Organisationen von heute und morgen. Die Unterschiede zwischen MbO wie es Peter F. Drucker beschrieb und OKR scheinen eher stilistischer Natur zu sein. Da aber MbO in der Praxis oftmals zur Vorgabe von Jahreszielen von oben mit entsprechenden monetären Leistungsanreizen verkommen ist, hilft es doch, die ursprünglich guten Ansätze in neuer und agilerer Form mittels OKR wieder aufzugreifen.
We have a strategic plan. It’s called doing things.
Herb Kelleher
Im Wesentlichen geben OKRs Antworten auf zwei Fragen: „Wo wollen wir hin?“ (= das Objective) und „Wie kommen wir dorthin?“ (= mehrere Key-Results zu diesem Objective). Ein um diese Jahreszeit beliebtes Beispiel ist der zu Neujahr getroffene Vorsatz, das eigene Gewicht zu reduzieren. Passende Key-Results dazu könnten sein: „Dreimal pro Woche für mindestens 30 Minuten zu trainieren“ oder auch „Eine Gruppe von Gleichgesinnten finden und einmal pro Woche ein Treffen veranstalten.“
OKRs helfen bei der Umsetzung von Strategie. Sie beziehen sich ausschließlich auf Veränderungen und Neuerungen; das Tagesgeschäft bilden sie nicht ab und sollen sie nicht abbilden. Dafür gibt es Leistungskennzahlen (Key-Performance-Indicator, kurz: KPI), Prozesse und Arbeitsanweisungen. Ein Supermarkt könnte unter anderem diese KPI haben: Schlange an der Kasse ist höchstens drei Kunden lang. Ist die Schlange einmal länger, regelt eine entsprechende Arbeitsanweisung (oder gesunder Menschenverstand), wie gegengesteuert wird, indem etwa eine weitere Kasse geöffnet wird. All das ist Tagesgeschäft. Wenn nun dieser Supermarkt sich regen Zuspruchs erfreut und die Schlangen an allen drei verfügbaren Kassen regelmäßig zu lange sind, dann kann das im nächsten Quartal in ein neues Objective münden (im einfachsten Fall: „Neue Kasse bauen“) für das die entsprechenden Key Results den Weg beschreiben (beispielsweise: „Provisorische Kasse aufbauen“ und „Architekten mit Umbau beauftragen“).
KPIs messen also die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Organisation und können Anlass für Objectives mit entsprechenden Key Results geben (wenn der Gewinn über mehrere Quartale zurückgeht, sollte man vielleicht über einen Wechsel der Produktstrategie nachdenken). Diese Objectives wirken dann hoffentlich gezielt auf die betroffenen KPIs (das neue Produkt erhöht den Gewinn oder die Reduktion des Portfolios reduziert die Kosten). Keinesfalls müssen OKRs aber alle KPIs der Organisation abdecken, denn hoffentlich ist die Organisation nicht in so desolatem Zustand, dass es an allen Ecken brennt.
Auch wenn Objectives auf KPIs wirken und es gelegentlich so dargestellt wird, dass Key Results das eher qualitative Objective messbar machen, reicht es meist nicht einfach die KPIs oder die gewünschte Veränderung der KPIs als Key Results zu verwenden. In der Regel bilden KPIs die Vergangenheit ab (Umsatz, Gewinn etc.), sind also eher eine rückblickende (ex post) Betrachtung oder bestenfalls eine Momentaufnahme. Gute Key Results sind aber immer vorausschauend (ex ante) in dem Sinne, dass sie Meilensteine oder Frühindikatoren beschreiben, die das Erreichen des Objectives wahrscheinlich machen.
Literatur
Doerr, J. (2018). Measure what matters: How Google, Bono, and the Gates Foundation rock the world with OKRs. Portfolio/Penguin.
Drucker, P. F., & Maciariello, J. A. (2008). Management (Rev. ed). Collins.
Grove, A. S. (1983). High output management. Random House.
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Fehlen nur noch die Strategy Maps von Norton & Kaplan für die Vervollständigung.