Menschen machen Projekte. Immer schon. Das zeitlich begrenzte, einmalige, komplexe, arbeitsteilige Vorhaben ist die Normalität. Oder besser: war die Normalität der Erwerbsarbeit vor der Lohnsklaverei des Industriezeitalters. Es brachte standardisierte, höchst-effiziente, aber langweilige Arbeitsprozesse, die schließlich besser durch Roboter ausgeführt werden konnten. Projekte wurden die störende Ausnahme oder waren beschränkt auf Privatangelegenheiten. In den letzten Jahrzehnten nahm die projektorientierte Arbeitsweise aber wieder zu. Manche sprechen sogar warnend von einer Projektinflation. Ich sehe darin aber eher eine Rückkehr zur „normalen“, menschlichen Arbeitsweise nach einem Jahrhundert Taylorismus.
Das Konzept des unselbständig Erwerbstätigen ist keine zeitlose soziale Konvention, sondern eine relativ neue Erfindung. […] Die eigene Zeit anstelle eigener Erzeugnisse zu verkaufen, den Arbeitsrhythmus der Uhrzeit anzupassen, in genau festgelegten Intervallen zu essen und zu schlafen, den ganzen Tag wieder und wieder dieselben Handgriffe vorzunehmen: All das widersprach – und widerspricht – der menschlichen Natur.
Gary Hamel: Das Ende des Managements, S. 185f.
Natürlich sind effiziente Prozesse wichtig. Nur wird die Zeit schnelllebiger und das Umfeld, die Kunden und die Märkte instabiler (vgl. Gary Hamel: Das Ende des Managements, S. 23ff.). Obwohl es also nach wie vor wichtig ist effizient zu produzieren – das ist die Plficht – wird es immer wichtiger flexibel auf Veränderungen zu reagieren – das ist die Kür. Nur wer die Kür meistert, wer agil auf Veränderungen reagieren kann, wird langfristig überleben. Was nutzt ein hoch-optimierter Produktionsprozess für ein Produkt das keiner mehr will?
Darum gewinnt die Innovation, das Management von Veränderung und damit letzlich Projekte zunehmend an Bedeutung. Neben der Fähigkeit Chancen zu erkennen und große Ideenvielfalt zu kultivieren, ist es entscheidend, wie gut Veränderungen umgesetzt werden können. Damit wird Projektmanagement zum Schlüssel gelungener Innovation und zukünftiger Wettbewerbsfähigkeit.
Bildnachweis
Das Artikelbild wurde von Kai Nehm unter dem Titel „Stechuhr“ auf Flickr unter einer Creative-Commons Lizenz (CC-BY 2.0) veröffentlicht.
2 Kommentare
Ich sehe aber noch eine andere Inflation – die Projektitis: Alles und jedes wird zum Projekt gemacht, als Projekt deklariert, egal ob es die von dir zitierten Projektkriterien (zeitlich begrenzte, einmalige, komplexe, arbeitsteilige Vorhaben) erfüllt oder nicht.
Gruß
Bernhard
Auch die Krankheit Projektitis gibt es leider. Für mich eine Folge einer unreifen Organisation ohne klares Portfoliomanagement. Wir sehen die Projektitis heute vermehrt, weil es mehr projektbasierte Arbeit gibt und damit sozusagen auch mehr „unechte“ Projekte auftreten.