Man muss sein Handwerkszeug beherrschen. Im Projektmanagement heißt das vor allem den Umgang mit den klassischen Werkzeugen der Ablaufplanung. Nicht ohne Grund habe ich genau das in der sechsteiligen Serie Projektplanung 101 ausführlich beschrieben. Soweit die Theorie. In der Praxis plane ich allerdings fast nie so. Das hat verschiedene Gründe.
Feste Termine
Aufgrund von festen Rahmenbedingungen, sind die Endtermine meiner Softwareentwicklungsprojekte oft unverrückbar. Es gibt in der Regel ein starres Raster von Meilensteinen, beispielsweise dem Testbeginn und dem Testende oder dem Go-Live. Die Frage ist also nicht, bis wann der Umfang fertig wird, sondern was zum festen Termin geliefert werden kann.
Viele Änderungen
Der Umfang für die nächste Lieferung ist ständigen Änderungen unterworfen. Anfangs sind oft nur 30 – 40% der Anforderungen bekannt, der Rest klärt sich erst unterwegs. Eine grobe Abschätzung wie groß in etwa der Gesamtumfang sein könnte treffen wir zusammen mit dem Kunden zu Beginn und richten daran die Teamstärke aus. Wohlwissend, dass uns für eine sinnvolle Auslastung derzeit noch die Beauftragung fehlt, aber in dem festen Vertrauen, dass sich genügend Themen finden werden. Auch hier stellt sich bei jeder neuen Anforderung wieder nur die Frage, ob sie noch mit der vorhandenen Restkapazität zum festen Termin geliefert werden kann.
Wenig Abhängigkeiten
Natürlich gibt es technische Abhängigkeiten, schließlich soll ja alles in dasselbe System eingebaut werden. Bei einer vernünftigen modularen Architektur sind diese Abhängigkeiten aber nicht so zwingend, als dass ich sie in einem Ablaufplan modellieren möchte. Das Team kennt diese Abhängigkeiten selbst am besten und bringt die bekannten Anforderungen in eine sinnvolle Reihenfolge, so dass alle vernünftig ausgelastet sind.
Fazit
Selbst wenn wir und der Kunde das Projekt eher als klassisch betrachten, im Kern ist das hochgradig agil. Wir haben flexiblen Umfang, ein festes Team und festen Zeitrahmen. Die Kunst der Projektleitung ist es in einem solchen Szenario viel mehr das Team anfangs groß genug zu wählen auch wenn noch nicht alle Umfänge bekannt sind. Anschließend muss man als Projektleiter dafür sorgen, dass die Pipeline von neuen Themen immer ausreichend gefüllt ist und das Team bei der Abarbeitung unterstützen.
Artikelbild: Harald Hoyer bei flickr.com (CC BY-SA 2.0)