Führung in bewegten Zeiten

Da ich mich auf openPM, in der PM Camp Bewe­gung und nicht zuletzt in die­sem Blog auch inten­siv ehren­amt­lich um das The­ma Pro­jekt­ma­nage­ment küm­me­re, war es mir eine Freu­de die Din­ner Speech beim dies­jäh­ri­gen PMI Vol­un­teer Event des PMI Chap­ters Munich am 19. Juni 2015 hal­ten zu dür­fen. Mit dem The­ma „Füh­rung in beweg­ten Zei­ten“ geht es mir um die Fra­ge, wie wir als Pro­jekt­ma­na­ger füh­ren kön­nen und soll­ten in einer Zeit der Wis­sens­ar­beit, in der es „nor­mal ist, dass vie­les anders ist und immer schnel­ler anders wird“ (Karl-Heinz Geißler).

Wie Gary Hamel tref­fend fest­stell­te, gibt es mit Sicher­heit einen Ort an dem die Mit­ar­bei­ter krea­tiv sind; frag­lich nur, ob das auch ihr Arbeits­platz ist. Für vie­le von uns ist die­se Fra­ge lei­der eine rein rhe­to­ri­sche, denn in vie­len Unter­neh­men herrscht auch heu­te noch die tay­lo­ris­ti­sche Krea­ti­vi­täts­apart­heid (Gary Hamel): das Manage­ment denkt und ent­schei­det, die Arbei­ter füh­ren aus. Was zu Zei­ten von Fre­de­rick Win­slow Tay­lor mit vie­len schlecht aus­ge­bil­de­ten Arbei­tern erfolg­reich war, nimmt im Zeit­al­ter der Wis­sens­ar­beit gro­tes­ke Züge an. Der Mana­ger soll ent­schei­den, was er nicht oder viel schlech­ter ver­steht als sei­ne Mit­ar­bei­ter, die sich wie­der­um gegän­gelt und in ihrem Anspruch auf Selbst­be­stimmt­heit beschnit­ten füh­len. Das – hof­fent­lich vor­läu­fi­ge – Fazit über Manage­ment im Zeit­al­ter der Wis­sens­ar­beit hat Peter F. Dru­cker gezo­gen: „Vie­les von dem, was wir Manage­ment nen­nen, besteht dar­in, den Men­schen die Arbeit schwerzumachen.“

Zu Beginn der Indus­tria­li­sie­rung reich­te die Krea­ti­vi­tät weni­ger Den­ker ja auch noch aus, um auf den noch unge­sät­tig­ten und trä­gen Märk­ten zu bestehen. Die­se Zei­ten sind Ver­gan­gen­heit. Heu­te ist vie­les anders und wird tat­säch­lich immer schnel­ler anders, wie Karl-Heinz Geiß­ler es for­mu­lier­te. Wir kön­nen es uns gar nicht mehr leis­ten, den Stand­punkt Hen­ry Fords ein­zu­neh­men, der bedau­ert haben soll, dass er immer auch ein Gehirn erhält, wo er doch nur nach ein Paar Hän­de ver­langt hat­te. Jede Epi­so­de von Dil­bert führt uns schmerz­haft vor Augen, dass wir mit den Para­dig­men von ges­tern heu­te nicht die Pro­ble­me von mor­gen lösen wer­den kön­nen. Für Alter­na­ti­ven feh­len uns aller­dings die Zeit, die Ideen und vor allem der Mut.

Die­se Fra­ge betrifft auch und in zuneh­men­den Maße die Pro­jekt­ar­beit. Mehr Ver­än­de­rung bedeu­tet mehr Pro­jek­te. Schnel­le­re Ver­än­de­rung bedeu­tet mehr Erfolgs­druck für die Pro­jek­te. Die all­jähr­li­chen Stu­di­en zu Pro­jek­ten und die all­ge­gen­wär­ti­gen Miss­erfol­ge in Groß­pro­jek­ten bele­gen auch hier, dass die Para­dig­men von ges­tern für die Wis­sens­ar­beit heu­te wenig hilf­reich sind. Wir müs­sen uns die Fra­ge stel­len, wie wir mit Pro­jek­ten umge­hen, bei denen die Ver­än­de­rung nicht mehr die Aus­nah­me, son­dern die Regel ist. Wie kön­nen wir die Krea­ti­vi­tät der Mit­ar­bei­ter opti­mal nut­zen und nicht nur ihre Arbeits­kraft? Was bedeu­tet dann Füh­rung in die­sem Zusammenhang?

Mehr Fra­gen und eini­ge Ant­wor­ten in dem Foli­en­satz zum Vortrag:

fuehrung in bewegten zeiten



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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

8 Kommentare

Klas­se Vor­trag und inter­es­san­te wich­ti­ge Aus­bli­cke in die zukünf­ti­gen Anfor­de­run­gen an Pro­jekt­ma­na­ger. Vie­len Dank, für die span­nen­den Ein­bli­cke auf dem Vol­un­teer Event 2015 des PMI Munich Chap­ter e.V., dies­mal in der BMW Welt.

Vie­len Dank für die Ein­la­dung, Jörg! Es war ein sehr inter­es­san­ter und schö­ner Abend. Freut mich sehr, wenn ich eini­ge Impul­se geben konnte.

Hal­lo Marcus,

da sind wir auf einer Wel­len­län­ge :0)

Was hältst du von Trans­for­ma­tio­na­ler Füh­rung – ist aus mei­ner Sicht der sel­be Ansatz.

Hät­te dei­nen Vor­trag ger­ne gehört.

Hältst du die­sen beim PM Camp Mün­chen? Wür­de mich freu­en ihn dort zu hören.

Vie­le Grü­ße Michael

Hal­lo Micha­el, trans­for­ma­tio­na­le Füh­rung, so wie ich sie ver­stan­den habe, geht tat­säch­lich in die­se Rich­tung. Im Wesent­li­chen geht es mir dar­um, sich als Orga­ni­sa­ti­on (und sei es nur als Pro­jekt­orga­ni­sa­ti­on) stär­ker und muti­ger in Rich­tung Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on zu bewe­gen. In der übli­chen tay­lo­ris­ti­schen Wei­se wer­den wir die Her­aus­for­de­run­gen der Zukunft nicht stem­men kön­nen. Beim PM Camp Mün­chen bin ich dabei, weiß aber noch nicht ob ich dar­aus eine Ses­si­on mache. Ich freue mich aber auf jeden Fall auf die Diskussion.

Hal­lo Marcus,

wie es scheint, habe ich da eini­ges verpaßt.

In der Pra­xis stel­le ich lei­der immer wie­der fest, daß die Erwar­tungs­hal­tung des Manage­ment oft noch auf „Theo­rie X“ geeicht ist. Meist wird dies sogar noch erwei­tert um ein grund­sätz­li­ches Miß­trau­en gegen­über den Mit­ar­bei­tern, das dann post­wen­dend erwi­dert wird.
Selbst die hart­nä­cki­gen „Y‑Typen“ ver­zwei­feln irgend­wann und schwen­ken um.
„Dienst nach Vor­schrift“ ist ja auch nichts ande­res als die Auf­ga­be der Y‑Position zu Guns­ten einer deut­lich beque­me­ren, wenn auch lang­fris­tig frus­trie­ren­den X‑Position. (selbst erlebt; letz­te Kon­se­quenz der har­ten Y‑Fraktion ist dann „Lea­ve It!“)
(vgl. auch https://de.wikipedia.org/wiki/X‑Y-Theorie#Die_Selbsterf.C3.BCllende_Prophezeiung_der_Theorien_X_und_Y)

Ich fra­ge mich immer wie­der, wie wir als Beleg­schaft eines Unter­neh­mens resp. Arbeits­ge­mein­schaft (wenn nicht sogar als Gesell­schaft im Gan­zen) aus der Num­mer her­aus­kom­men kön­nen, und ob dafür nicht ein extrem har­ter Schnitt sowohl im Manage­ment als auch in der Orga­ni­sa­ti­ons­form not­wen­dig wäre, also qua­si ein kom­plet­ter Kalt­start mit neu ver­teil­ten Rollen.
Die Erkennt­nis­se sind ja da und wer­den allent­hal­ben doku­men­tiert, ja fast her­un­ter­ge­pre­digt. Allein es fehlt die Umset­zung für die brei­te Mas­se, und man­che Gal­li­sche Dör­fer ent­pup­pen sich zwi­schen­durch auch schon mal als Potemkinsche.

Wie Du auch schon befürch­test, dürf­te ein evo­lu­tio­nä­rer Pro­zeß hier nicht funktionieren.
Da braucht es schon einen revo­lu­tio­nä­ren Ansatz im eigent­li­chen Wort­sin­ne, also mal wie­der einen voll­stän­di­gen und har­ten TurnAround.

Aber wie?

Gewag­ter Vor­schlag meinerseits:
Dei­ne Foli­en für sich sind span­nend, trans­por­tie­ren aber wohl nicht die gan­ze Botschaft.
Wür­dest Du Dei­nen Vor­trag viel­leicht noch­mal wie­der­ho­len und doku­men­tie­ren, even­tu­ell als Han­gout für openPM? Oder auch spä­ter beim PM-Camp in Dornbirn?

Dann hät­ten alle was davon und wir könn­ten in der wei­te­ren Dis­kus­si­on auf Dei­nen The­sen und Erkennt­nis­sen aufbauen.
Ich den­ke nicht, daß wir in dem Rah­men eine Lösung fin­den wer­den; ein gemein­sa­mes Ver­ständ­nis ist aber sicher drin und ein ers­ter zar­ter Schritt in Rich­tung Wandel.

Grü­ße aus dem Schwarzwald

Thi­lo

PS: Ja, der Kom­men­tar hät­te wie­der ein eige­ner Blog­bei­trag wer­den können.
Der Dia­log ist aber so schön :o)

Hal­lo Thi­lo, dan­ke für Dei­nen Kom­men­tar. Jede Orga­ni­sa­ti­on bekommt in gewis­ser Wei­se die Mit­ar­bei­ter (bzw. die Hal­tung der Mit­ar­bei­ter), die sie ver­dient. Wer auf Miss­trau­en und Kon­trol­le baut, muss mit Absi­che­rung und Angst rech­nen und darf sich kei­ne Wun­der erwar­ten. Ich glau­be nicht mehr dar­an, dass man eine sol­che auf Theorie‑X gebau­te hier­ar­chi­sche Orga­ni­sa­ti­on evo­lu­tio­när umbau­en kann. Dazu hat die Hier­ar­chie in Sum­me kei­ner­lei Inter­es­se, son­dern ist viel­mehr dar­an inter­es­siert die müh­sam erkämpf­te for­ma­le Macht­po­si­ti­on zu erhal­ten. Peter Kru­se hat sie mal tref­fend mit dem König auf dem win­zi­gen Pla­ne­ten bei Antoine de Saint-Exupé­ry beschrie­ben (s. brandeins ).

Tat­säch­lich kommt bei dem Vor­trag das meis­te auf der Ton­spur rüber, wes­halb ich es scha­de fin­de, kein Video davon zu haben. Ande­rer­seits hat es auch nicht den­sel­ben Effekt jetzt ohne Publi­kum den Vor­trag noch­mals auf­zu­zeich­nen. Viel­leicht mache ich dazu beim PM Camp in Mün­chen oder dann in Dorn­birn mal eine Ses­si­on und dann schau­en wir mal.

PS. Ja, das hät­te einen schö­nen Blog­bei­trag gege­ben, aber das kannst Du ja immer noch machen und ein biss­chen aus­schmü­cken, oder?

Als Ses­si­on wäre das auf jeden Fall span­nend. Dann aber mit Luft für Diskussion.
Ich glau­be, die­ses The­ma bewegt und frus­triert so eini­ge, wenn ich mir die ein­schlä­gi­gen Tweets so anschaue.

Spe­zi­ell in Kon­zer­nen spielt „Arsch an die Wand“ eine immer grö­ße­re Rol­le, und „Dienst nach Vor­schrift“ ist neben „Lea­ve It“ eine Vari­an­te, im Spiel zu blei­ben und sich nicht irgend­wann in die Psy­cho­so­ma­tik zu verabschieden.
Die von Dir per Tweet erwähn­te „Ope­ra­ti­on Don Qui­cho­te“ führt letzt­lich dazu, daß die Leu­te ent­we­der aus­bren­nen oder die Flucht ergrei­fen und sich Wind­müh­len mit schö­ne­rer Aus­sicht suchen.

PS: Kann noch kom­men. Hab im Moment zwei, drei ande­re The­men in Arbeit, die ich noch nicht so recht in Text gegos­sen bekomme…

Dann freu ich mich auf Dei­nen Arti­kel oder eben auf die Dis­kus­si­on auf einem der PM Camps. Spä­tes­tens in Dornbirn.

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