Sinnvoll(e) Projekte machen

Pro­jekt­ar­beit kann eine will­kom­me­ne Abwechs­lung zur Lini­en- oder Pro­zess­ar­beit sein. Pro­jekt­ar­beit kann aber auch zur Belas­tung wer­den indem sie sozia­ler Ent­wur­ze­lung, Indi­vi­dua­li­sie­rung und Sinn­ver­lust Vor­schub leis­tet, so jeden­falls mei­ne The­se. Beson­ders gut dort lässt sich das dort beob­ach­ten, wo es aus­schließ­lich Pro­jekt­ar­beit gibt, näm­lich bei den Unter­neh­men der Dienst­leis­tungs- und Bera­tungs­bran­che, bei­spiels­wei­se bei IT-Dienst­leis­tern. Es ist höchs­te Zeit die Pro­jekt­ar­beit ver­träg­li­cher zu gestal­ten: Sinnvoll(e) Pro­jek­te machen.

Wo eine über­ge­ord­ne­te Visi­on als Klam­mer per Defi­ni­ti­on fehlt, ist es schwer, Sinn im Pro­jekt beim Kun­den zu erfah­ren. Wo der ein­zi­ge Maß­stab und auch das vor­ran­gig incen­ti­vier­te Ziel die Aus­las­tung der Mit­ar­bei­ter ist, stellt sich nur schwer Zusam­men­halt und Koope­ra­ti­on ein. Wo aus Grün­den die­ser Aus­las­tung die Pro­jek­te belie­big sind, wird sozia­le Ent­wur­ze­lung bil­li­gend in Kauf genom­men. All das ist kei­ne Über­trei­bung, son­dern trau­ri­ger All­tag bei zahl­rei­chen Unter­neh­men in der IT-Dienst­leis­tung und ande­ren Unter­neh­men der Dienst­leis­tungs- und Beratungsbranche.

Vor die­sem Hin­ter­grund ver­wun­dern die Ergeb­nis­se des For­schungs­pro­jekts DIWA-IT nicht wirk­lich. „Von den 331 Befrag­ten in allen betei­lig­ten Fir­men kön­nen laut eige­ner Aus­sa­ge nur 29 Pro­zent nach der Arbeit pro­blem­los abschal­ten. Dass sie ihre Arbeit auf Dau­er durch­hal­ten, glau­ben nur 37 Pro­zent der IT-Exper­ten. Bei­de Wer­te haben sich im Ver­gleich zu Befra­gun­gen 2001 und 2005 deut­lich ver­schlech­tert.“, heißt es in der Süd­deut­schen Zei­tung. Allein die Tat­sa­che, dass die meis­ten Mit­ar­bei­ter jung in die­sen Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men anfan­gen und dann häu­fig nach eini­gen Jah­ren zu Kun­den wech­seln, ver­hin­dert mei­ner Mei­nung nach hier grö­ße­ren Leidensdruck.

Als dienst­leis­tungs­ori­en­tier­tes Unter­neh­men kann man die­ses Mus­ter nun als sys­tem­im­ma­nent betrach­ten, wei­ter­hin als Durch­lauf­er­hit­zer arbei­ten und am sys­te­ma­ti­schen Ver­schleiß gutes Geld ver­die­nen. In Hin­blick auf den demo­gra­phi­schen Wan­del und den damit ein­her­ge­hen­den Man­gel an Fach­kräf­ten erscheint es aber doch rat­sam, sich auf sei­ne sozia­le Ver­ant­wor­tung zu besin­nen und über geeig­ne­te Maß­nah­men nachzudenken.

Folgt man der schlüs­si­gen Argu­men­ta­ti­on des Buches „Die Burn­out-Lüge“ der Autorin und Ärz­tin Mar­ti­na Lei­bo­vici-Mühl­ber­ger dann erge­ben sich zwei Span­nungs­fel­der in denen als Maß­nah­me die Prio­ri­tä­ten neu zu sor­tie­ren sein wer­den. Ers­tens Koope­ra­ti­on und Teil­ha­be ver­sus Kon­kur­renz und Indi­vi­dua­li­sie­rung und zwei­tens Sinn und eige­ner Bei­trag ver­sus Belie­big­keit und Aus­tausch­bar­keit. Gene­rell gilt: je stär­ker die Kul­tur von Kon­kur­renz und Indi­vi­dua­li­sie­rung geprägt ist und je belie­bi­ger und damit sinn­frei­er die Pro­jek­te gewählt wer­den, des­to höher wird das Gefähr­dungs­po­ten­ti­al ausfallen.

Umge­kehrt wür­de ein ver­ant­wort­lich han­deln­des Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men dafür sor­gen, dass ers­tens vor­nehm­lich ein Geist der Koope­ra­ti­on herrscht, so dass man sich gegen­sei­tig bei Pro­ble­men und Eng­päs­sen unbü­ro­kra­tisch hel­fen darf und tat­säch­lich kol­le­gi­al hilft. Und zwei­tens wür­de ein sol­ches Unter­neh­men die rich­ti­gen Pro­jek­te machen, näm­lich Pro­jek­te die den Mit­ar­bei­tern mehr bedeu­ten als nur Aus­las­tung und Ent­loh­nung. Zuge­ge­ben: ziem­lich idea­lis­tisch und sicher­lich eine fer­ne Visi­on, aber für mich ist die Rich­tung damit klar.

Arti­kel­bild: Tony His­gett bei flickr.com (CC BY 2.0)



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