Dankbarkeit zeigen

Der Chef nervt, die Arbeit nur sinn­lo­se Büro­kra­tie und die Kol­le­gen unfä­hig. Kommt Ihnen das bekannt vor? In Kaf­fee­kü­chen und auf den Gän­gen beherrscht die­se destruk­ti­ve Ton­la­ge die meis­ten Gesprä­che. Es scheint ein unge­schrie­be­nes Gesetz für die Zusam­men­ar­beit im Unter­neh­men zu sein, dass wir immer ganz genau dar­auf ach­ten, was bei ande­ren schlecht läuft, um uns gie­rig dar­auf zu stür­zen und uns an den Defi­zi­ten wei­den. Dabei läuft ja auch eini­ges gut, aber dafür haben wir weder Zeit noch ein Auge. Scha­de eigent­lich. Die Stim­mung und damit die Leis­tung wäre eine bes­se­re, wür­den wir wenigs­tens ein­mal täg­lich auch sehen was gut läuft und uns dafür bei einem ande­ren Men­schen bedanken.

Es läuft ja nie alles rund. In Pro­jek­ten schon gar nicht. Des­halb ver­brin­gen wir einen Groß­teil unse­rer Arbeits­zeit damit, Pro­ble­me zu lösen. Unse­re Wahr­neh­mung ist dadurch auf das Erkenn­nen von Defi­zi­ten geeicht. Wenn etwas gut läuft, sehen wir das als selbst­ver­ständ­lich und neh­men es nicht mehr wahr. Schon gar nicht in der Arbeit von ande­ren: weder bei den Kol­le­gen noch bei den Vor­ge­setz­ten noch der Orga­ni­sa­ti­on als Gan­zes. Wenn wir von Feed­back reden, mei­nen wir fast nie Lob. Und wenn doch, dann nur um die sogleich fol­gen­den schlech­ten Bot­schaf­ten abzu­mil­dern. Shit-Sand­wich nennt man das dann und hat mit ech­ter Dank­bar­keit und Lob nichts zu tun.

So ste­hen wir dann in den Kaf­fee­kü­chen und empö­ren uns über die Dumm­heit und Unfä­hig­keit der ande­ren. Frei­lich ohne die­se Pro­ble­me lösen zu wol­len, son­dern allein zur Belus­ti­gung und Selbst­dar­stel­lung. Nicht ohne Grund sind #fail oder #mega­fail Dau­er­bren­ner unter den Hash­tags in der vir­tu­el­len Kaf­fee­kü­che auf Twitter.

Wir sind, was wir den­ken. Alles, was wir sind, ent­steht aus unse­ren Gedan­ken. Mit unse­ren Gedan­ken for­men wir die Welt.
Bud­dha

Wir leben zuneh­mend in einer Empö­rungs­kul­tur. Stän­dig echauf­fie­ren wir uns über irgend­je­mand oder irgend­et­was. Ohne den Wil­len zur Lösung ist die­se Empö­rung aber nur destruk­tiv. Sie führt zu einer wei­te­ren Fokus­sie­rung unser Wahr­neh­mung auf alles was schief läuft. Unse­re Gedan­ken for­men in die­sem Sin­ne uns und unse­re Wahr­neh­mung der Welt.

Wann haben Sie sich zuletzt bei einem Mit­ar­bei­ter oder Kol­le­gen bedankt? Nicht nur reflex­haft und höf­lich­keits­hal­ber, son­dern jemand ande­res ehr­lich und expli­zit für etwas gelobt und sich bedankt? Den Ein­käu­fer zum Bei­spiel der inner­halb unge­wöhn­lich kur­zer Zeit eine Bestel­lung auf den Weg gebracht hat. Den Kol­le­gen mit den her­vor­ra­gen­den Excel­kennt­nis­sen, der das Bud­get­pla­nungs­sheet auf Vor­der­mann gebracht und deut­lich ver­ein­facht hat. War­um eigent­lich nicht? Ich bin der fes­ten Mei­nung, dass wir jeden Tag Grund zur Dank­bar­keit haben. Wir neh­men das aber ein­fach nicht mehr wahr, weil unse­re Wahr­neh­mung zu sehr auf die Pro­ble­me und Defi­zi­te fokus­siert ist und unse­re Lust an der Empö­rung dies nur noch verstärkt.

Neh­men wir uns doch in Anleh­nung an die 100happydays chall­enge vor für die nächs­ten 100 Tage jeden Tag einem Men­schen für etwas Kon­kre­tes zu dan­ken. Das kann schrift­lich mit einem Kudo-Kärt­chen oder ein­fach nur münd­lich oder per E‑Mail sein. Wich­tig ist nur der kon­kre­te Bezug zu etwas das man an dem ande­ren Men­schen posi­tiv wahr­ge­nom­men hat: ein Arbeit­er­geb­nis, ein Cha­rak­ter­zug, etc. Wer mag und mit ent­spre­chen­der Affi­ni­tät zu Social-Media aus­ge­stat­tet ist, soll­te sei­ne Dank­bar­keit unter dem Hash­tag #100thankfuldays öffent­lich zei­gen auf Twit­ter, Face­book, Goog­le+ um so ein Gegen­ge­wicht zur Empö­rung zu erzeu­gen. Wer macht mit?



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8 Kommentare

Andreas Kleffel 14. August 2015 Antworten

Dank­bar­keit soll­te schon von selbst und nicht geplant kom­men, sonst ist das auch nur Etikette.

Wert­schaet­zung kann man nicht vor­spie­len, daher soll­te man wohl eher ler­nen, wie man die­se entwickelt.

Marcus Raitner 14. August 2015 Antworten

Sehr rich­tig: Wert­schät­zung kann nur authen­tisch funk­tio­nie­ren. Mir geht es auch nicht dar­um Dank­bar­keit ein­zu­pla­nen, son­dern viel­mehr acht­sam zu sein für die Anläs­se zur Dank­bar­keit. Ich glau­be näm­lich, dass wir in der gan­zen Empö­rung und dem gan­zen Gejam­me­re schlicht die­se Anläs­se über­se­hen. Und ohne kon­kre­ten Anlass ist es mit der Authen­ti­zi­tät nicht weit her.

Peter Wiesejahn 15. August 2015 Antworten

Vie­len Dank für den Artikel!
Ja, wir alle sind sehr auf die Feh­ler bedacht. Die­ses ist bei uns eine gene­ti­sche Grund­an­la­ge. Hin­zu kommt noch, dass wir von klein auf, auf unse­re Feh­ler hin­ge­wie­sen wer­den. Bei man­chen Kin­dern die ich in der Stadt sehe glau­be ich manch­mal, dass ihre Namen „Nein“ oder „Lass das“ sind.
Die Schu­le zeigt uns auch haupt­säch­lich unse­re Defi­zi­te auf. Die Feh­ler wer­den angestrichen.
Nach all dem glau­be ich, dass wir bewusst gegen­steu­ern soll­ten. Wert­schät­zung, auch wenn ich mit dem Wort der­zeit etwas Schwie­rig­kei­ten habe, lässt sich so lernen.
Die Idee der „chall­enge“ ist ein guter Weg dahin.
Freund­li­che Grüße
Peter Wiesejahn

Marcus Raitner 16. August 2015 Antworten

Vie­len Dank für die Zustim­mung und Ergän­zung. Ja, wir müs­sen drin­gend bewusst gegen­steu­ern. Natür­lich müs­sen wir uns auch um die Feh­ler küm­mern, aber da haben wir ja auch Übung. Was wir ver­lernt haben ist die ech­te Wert­schät­zung auszudrücken.

Bernd 15. August 2015 Antworten

Gute Idee!
Wem das öffent­li­che Dar­stel­len „zuviel“ ist, für den eig­net sich viel­leicht ein „Dan­ke – Tage­buch“ (qua­sie sym­bo­lisch als klei­ne Schatztruhe).
Oder auch eine klei­ne Übung / Fra­ge­stel­lung fürs Bett vorm Ein­schla­fen. „Für was kann ich heu­te dank­bar sein…?“

Dan­ke! =) für Dei­nen Arti­kel ;o)

Marcus Raitner 16. August 2015 Antworten

Vie­len Dank, Bernd! Auch für Dei­ne Anre­gung mit dem Tage­buch. Wobei es mir expli­zit dar­um ging, einem ande­ren Men­schen Wert­schät­zung ent­ge­gen zu brin­gen und nicht nur für irgend­et­was im Stil­len dank­bar zu sein.

Bernd 17. August 2015 Antworten

Vie­len Dank Mar­cus für Dein Feedback.
Ich habe ver­stan­den, dass es Dir dar­um ging Dank­bar­keit zu ZEIGEN.

Ich hoff(t)e mit mei­ner Anre­gung einen Zugang auf­zu­zei­gen, falls dem Ein- oder Ande­ren (noch) das Zei­gen „zu viel“ ist. Er/Sie da also (noch) nicht stehen…
(Getreu dem Mot­to: Das was man zeigt, soll­te auch in einem ste­cken oder so)

Wün­sche Dir einen guten Wochenstart!

Marcus Raitner 17. August 2015 Antworten

Du hast Recht, dass man nur zei­gen kann und soll­te was auch in einem steckt. Dann soll­te man das aber auch getreu dem Mot­to von Gan­dhi: „Sei Du selbst die Ver­än­de­rung, die Du Dir wünschst für die­se Welt.“ Ein ers­ter wich­ti­ger Schritt ist Dei­ne Anre­gung aber auf jeden Fall. In die­sem Sin­ne auch Dir einen guten Wochenstart!

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