Autonomie und Orientierung

Agili­tät braucht Füh­rung. Je mehr Auto­no­mie, des­to mehr Füh­rung ist not­wen­dig. Im Klei­nen auf der Ebe­ne des ein­zel­nen Teams genau­so wie im Gro­ßen auf Ebe­ne der gesam­ten Orga­ni­sa­ti­on. Die ers­te Auf­ga­be von Füh­rung ist Ori­en­tie­rung. In zwei­er­lei Hin­sicht: Ers­tens als die stra­te­gi­sche Aus­rich­tung auf eine gemein­sa­me Visi­on und zwei­tens als die Ein­bet­tung der Arbeit in einem gemein­sa­men nor­ma­ti­ven Rah­men von Leit­li­ni­en und Rahmenbedingungen.

Auto­no­mie ist ein ganz wesent­li­cher Fak­tor mensch­li­cher Moti­va­ti­on. Dar­um heißt es in den Prin­zi­pi­en hin­ter dem agi­len Mani­fest auch: „The best archi­tec­tures, requi­re­ments, and designs emer­ge from self-orga­ni­zing teams.“ Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und damit Auto­no­mie sind die Vor­aus­set­zung für Krea­ti­vi­tät und Inno­va­ti­on und damit für den Erfolg von morgen.

Ohne Ori­en­tie­rung, ohne gemein­sa­me Visi­on, ohne gemein­sa­me Wer­te und Nor­men, ver­pufft aller­dings viel Ener­gie sinn­los im schlecht aus­ge­rich­te­ten Neben­ein­an­der der ein­zel­nen Men­schen und Teams. Hen­rik Kni­berg bringt es in sei­nem Bild auf den Punkt: erst Ori­en­tie­rung macht Auto­no­mie effek­tiv. Und gera­de des­halb braucht Agi­li­tät Führung.

The task of lea­der­ship is to crea­te an ali­gnment of strengths so strong that it makes the sys­te­m’s weak­ne­s­ses irrelevant.
Peter Dru­cker

Die ers­te Auf­ga­be von Füh­rung ist es – und war es schon immer – Ori­en­tie­rung zu geben. Stra­te­gisch im Sin­ne von Was und Wozu genau­so wie nor­ma­tiv im Sin­ne von Womit und Wie (vgl. das St. Gal­ler Manage­ment-Modell). Füh­rung rich­tet also einer­seits die gemein­sa­me Arbeit an einer grö­ße­ren Visi­on und einem grö­ße­ren Zweck aus, auch und gera­de wenn sie auf der ope­ra­ti­ven Ebe­ne auto­nom und selbst­or­ga­ni­siert abläuft. Ande­rer­seits bie­tet Füh­rung auch einen Ord­nungs­rah­men, indem sie Leit­li­ni­en und Rah­men­be­din­gun­gen zur Ver­fol­gung der gemein­sa­men Visi­on bereitstellt. 

One does not ‚mana­ge‘ peo­p­le. The task is to lead people.
Peter F. Drucker

Wenn also die gemein­sa­me Visi­on das Über­que­ren des Flus­ses ist, so könn­ten Rah­men­be­din­gun­gen bei­spiels­wei­se zeit­li­che Restrik­tio­nen oder eine Beschrän­kung ande­rer Res­sour­cen sein. Und Regeln könn­ten bei­spiels­wei­se sein, dass in klei­nen Schrit­ten immer wie­der erprobt und ver­bes­sert wird (anstatt einen Fünf-Jah­res-Plan zu ver­fol­gen) und die posi­ti­ven wie nega­ti­ven Erfah­run­gen ohne Scheu unter­ein­an­der geteilt wer­den (anstatt bei Feh­lern den Schul­di­gen zu suchen und zu bestrafen).

Füh­rung ist heu­te nur noch legi­tim, wenn sie die Selbst­füh­rung der anver­trau­ten Mit­men­schen zum Ziel hat.
Götz W. Werner

Wenn hier die Rede von Füh­rung ist, dann ganz bewusst als Funk­ti­on und ganz bewusst eben nicht in ihrer am häu­figs­ten anzu­tref­fen­den Aus­prä­gung in Form von Füh­rungs­kräf­ten. Oder anders gesagt: Füh­rung muss Ori­en­tie­rung geben, aber nicht not­wen­di­ger­wei­se durch Füh­rungs­kräf­te. Es geht viel­mehr dar­um einen Rah­men und eine Kul­tur zu schaf­fen, wor­in die­se Ori­en­tie­rung spür­bar ist und kon­ti­nu­ier­lich von allen wei­ter­ent­wi­ckelt wird. Füh­rungs­kräf­te haben dabei eher eine coa­chen­de Rol­le mit dem Ziel sich ent­behr­lich zu machen. Genau die­ser gemein­sa­me „evo­lu­tio­na­ry pur­po­se“ ohne Füh­rungs­kräf­te im klas­si­schen Sin­ne lässt sich in vie­len Orga­ni­sa­tio­nen der über­nächs­ten Gene­ra­ti­on heu­te bereits beob­ach­ten: im her­vo­r­a­gen­den Buch „Reinven­ting Orga­niza­ti­ons“ von Fre­de­ric Laloux (Ama­zon Affi­lia­te-Link) sind mit Buurtz­org, Favi, Mor­ning Star, Hei­li­gen­feld, Pata­go­nia, uvm. Bei­spie­le von sol­chen Orga­ni­sa­tio­nen ein­drucks­voll beschrieben.

Suc­cess, like hap­pi­ness, can­not be pur­sued; it must ensue, and it only does so as the unin­ten­ded side-effect of one’s per­so­nal dedi­ca­ti­on to a cau­se grea­ter than oneself.
Vik­tor Frankl



Share This Post

Schreibe einen Kommentar