Im Zuge der agilen Transformation muss auch die Rolle der Führung neu gedacht werden. Der Taylorismus führte zu Spezialisierung und funktionaler Teilung und damit zu Spezialistensilos mit Führungskräften, die selbst ihre besten Fachkräfte sind oder das jedenfalls glauben. Demgegenüber stehen nun interdisziplinäre Teams aus Menschen mit einem T‑förmigen Begabungsprofil. Das Ziel sind kleine autonom agierende Teams aus solchen spezialisierten Generalisten, so dass im Team alle Fähigkeiten vereint sind, um in kurzen Iterationen Wert an den Kunden zu liefern. Führen heißt also weniger denn je anleiten und kontrollieren, sondern Menschen erfolgreich machen und dem Leben dienen.
Even if employed full-time, fewer and fewer people are „subordinates“ — even in fairly low-level jobs. Increasingly they are „knowledge workers.“ And knowledge workers are not subordinates; they are „associates.“ For, once beyond the apprentice stage, knowledge workers must know more about their job than their boss does — or else they are no good at all.
Peter F. Drucker, Management’s New Paradigm, 1998
Tatsächlich hat die Diskussion um ein neues Führungsverständnis jenseits des Spezialistentums mehr mit dem Wandel zur Wissensarbeit als mit dem Wandel zu Agilität zu tun. Die agile Transformation von immer noch eher tayloristischen Strukturen macht nur das Umsetzungsdefizit der Erkenntnisse der prinzipiellen Andersartigkeit von Wissensarbeit und Wissensarbeitern offenkundig. Was das Bemühen aber natürlich nicht weniger schmerzhaft macht – für alle Beteiligten.
Führungskräfte müssen akzeptieren können, daß sie in ihrer Gruppe Personen haben, die mehr wissen als sie selbst. Es ist für viele spezialisierte Mitarbeiter ein tragisches Ereignis, daß sie einen Vorgesetzten haben, der das Wissen von gestern und die Macht von heute hat. Man muß also auch Führung durch die Geführten in Fachfragen zulassen.
Lutz von Rosenstiel
Wenn die Führung also nun keine fachliche mehr sein kann und soll, was ist sie dann? Der dm-Gründer Götz W. Werner hat darauf die einfache Antwort: „Führung ist heute nur noch legitim, wenn sie die Selbstführung der ihr anvertrauten Mitarbeiter zum Ziel hat.“ Entsprechend sieht Sundar Pichai als CEO von Google seine Führungsaufgabe darin, andere erfolgreich zu machen. Dieses anthroposophische Fünhrungsverständnis ist keineswegs neu, sondern reicht weit zurück in unserer Geschichte, wie uns der Benediktinermönch Anselm Grün zeigt. Zurückgehend auf die Regel des Benedikt von Nursia, dem Gründer des Benediktinerordens, sieht er den Führenden als einen mit sich im Reinen befindlichen Menschen, der in seinen Mitarbeitern Lebendigkeit und Freude zu erwecken vermag, denn Inspiration und Ermutigung sind der Nährboden für den gemeinsamen Erfolg der Unternehmung.
Führen heißt: dem Leben dienen, Leben hervorlocken in den Menschen, Leben wecken in den Mitarbeitern.
Anselm Grün
2 Kommentare
Ja Führung MUSS sich ändern, auch wenn MUSS in diesem Zusammenhang die Kreativität stark einschränkt. Ich gebe Ihnen Recht, die digitale Welt braucht einen Führungskraftwandel basierend auf einem gesunden Fundament bestehend aus gelebten Werten, Vertrauen, Eigenverantwortung (Denken+Handeln), Identifikation und Konsequenz bei Regelverstößen. Damit der Transfer gelingt braucht es Vorbilder, die gemeinsam mit den Führungskräften zukunftsfähige Ideen entwickeln und Vorleben denn Erwachsene lernen ähnlich wie Kinder stark durch Beobachtung. Eines ist klar, wenn der Wandel weiter stagniert, Führung mangels Konsequenz weiter läuft wie bisher und Strategiedefizite durch mehr Druck im selben Schlauch kompensiert werden, dann sehe ich speziell für viele KMU’s (61% der Arbeitsplätze / Destatis) in Deutschland schwarz.
Leadership isn’t about being great. It’s about enabling others to be great.
David McQueen
oder
Leaders become great, not because of their power, but because of their ability to empower others.
John Maxwell