In meiner Einführung „Lebensführung statt Selbstmanagement“ habe ich für eine kluge und intuitive Lebensführung anstatt allzu stringentes Selbstmanagement plädiert. Dennoch muss auch ich tagtäglich den Überblick über meine Aufgaben und meine Projekte behalten. Dazu habe ich über die letzten Jahre hinweg mein persönliches Produktivitäts-Setup entwickelt, das ich in diesem Artikel kurz beschreiben möchte. Weniger als Blaupause, sondern eher als Ideensammlung und Anregung. Die Wurzeln reichen noch in meine Studienzeit; seither verfeinere und verbessere ich das Setup kontinuierlich.
Alle Welt redet von Work-Life-Balance. Ich halte den Begriff für verfehlt und gefährlich anachronistisch, denn er suggeriert, dass Arbeit und Privatleben verschiedene Pole der menschlichen Existenz wären und erst ausbalanciert werden müssten. Das Problem beginnt aber schon mit der unscharfen Definition von Arbeit in der post-industriellen Welt: Ist dieser Blog-Artikel Arbeit? Sind Beiträge auf openPM Arbeit? Und wie steht es mit dem ehrenamtlichen Jugendtrainer im Fussballverein? Oder der Hausfrau und Mutter? Immer weniger Menschen arbeiten am Übergang in das Zeitalter der Wissensarbeit in einem scharf abgegrenzten 9‑bis‑5 Rahmen, der eine Work-Life-Balance überhaupt erst wohldefiniert und nötig erscheinen ließe. Und immer weniger wollen so arbeiten. Ich auch nicht.
You’ve got to find what you love. And that is as true for your work as it is for your lovers. Your work is going to fill a large part of your life, and the only way to be truly satisfied is to do what you believe is great work. And the only way to do great work is to love what you do. If you haven’t found it yet, keep looking. Don’t settle. As with all matters of the heart, you’ll know when you find it. And, like any great relationship, it just gets better and better as the years roll on. So keep looking until you find it. Don’t settle.
Steve Jobs
Ich sehe einfach keinen Sinn darin, zwischen Arbeit und Leben zu trennen. Ich wüsste nicht wo und wie. Natürlich muss ich meine täglichen Aufgaben in irgendwie ausbalancieren. Eine Frage der Prioritäten. Eine künstliche Trennung von Erwerbsarbeit und Privatleben hilft mir dabei aber nicht. Im Gegenteil, mich würde das behindern. Ich trenne also nicht. Das beginnt bei der Hardware: Ein MacBook, ein iPhone, ein iPad, (und früher: ein Notizbuch), die jeweils für Berufliches, Privates und alle Grauzonen dazwischen verwendet werden. Folglich wird auch sämtliche Software auf diesen Geräten gemeinsam genutzt. Insbesondere auch die Aufgabenverwaltung, für die ich schon seit Jahren mehr oder weniger der Methode „Getting Things Done“ (GTD) von David Allen folge und derzeit mit Omnifocus implementiere (eine gute Anleitung zum Einsatz von Omnifocus findet sich bei Asian Efficiency).
Aufgaben sind das eine. Die dazu notwendigen Unterlagen und Dokumente das andere. Hier gilt für mich: so papierlos und virtuell wie möglich. Papier hat nämlich einen entscheidenden Nachteil: es befindet immer exakt an einem Ort. Meistens am falschen. Gleiches gilt für lokale Dateien. Ich bevorzuge daher seit einiger Zeit cloud-basierte Lösungen: Evernote als ausgelagertes Gedächtnis, Dropbox als gemeinsame Dateiablage, Confluence als Unternehmenswiki und Google-Docs zur gemeinsamen Arbeit an Dokumenten. Ziel ist die größtmögliche örtliche und zeitliche Flexibilität.
9 Kommentare
Speziell die Rede gegen Work-Life-Balance gefällt mir sehr gut. Es geht hier m.E. eben nicht um das Schaffen von Balance (was ständige Anstrengung und Energie benötigt), sondern um Harmonie.
Danke! Ja, es geht um Harmonie. Es geht darum seine Tätigkeiten in Einklang zu bringen. Die Unterscheidung in Arbeit und Privatleben ist dabei für mich wenig hilfreich.
Marcus, Du sprichst mir aus der Seele, an diesem Sonntag Morgen! Ich kann Dir nur vollinhaltlich zustimmen. Bei mir gibt es wenn überhaupt, nur einen sehr fließenden Übergang von work nach life, zumal ich sogar mein Büro zu Hause habe (zwar räumlich getrennt vom Wohnbereich). Bei diesem Modell der Lebensführung kann ich auf ein gewisses Maß an Produktivitätsmanagement auch nicht verzichten.
Danke, Thomas! Das ist meiner Meinung nach das Modell der Zukunft. Das separierende Stechuhr-Modell wird rückblickend eher als Missgriff in der Geschichte der Arbeit gewertet werden. Hoffe ich jedenfalls.
Danke für den schönen Artikel, Marcus! Ich stimme dir zu, dass die klassische Trennung zwischen „Arbeit und Privatleben“ weit überholt ist und das in immer mehr Köpfen auch anzukommen zu scheint. Auch bei mir überlappen viele Elemente dieser beiden Kategorien bzw. mein Alltag lässt sich nicht in zwei Schubladen aufteilen.
Jedoch bin ich für eine Trennung verschiedener Lebensbereiche, sodass diese sich gegenseitig nicht negativ beeinflussen können – also zum Beispiel sich der Stress mit dem Kunden nicht auf die Beziehung mit dem Partner auswirkt. Aber das ist wohl das was du mit „Tätigkeiten in Einklang bringen“ meintest, oder?
Danke, Ruben! Natürlich muss man Arbeitsbereiche in Einklang bringen. Das meinte ich. Ich habe davon nur eben mehr als die klassischen zwei Arbeit und Privatleben. Da muss jedes „Projekt“ im GTD-Jargon zu seinem Recht kommen ohne von den anderen beeinflusst zu werden. Privates Multiprojektmanagment sozusagen ;-)
„Privates Multiprojektmanagment“ – gefällt mir! :)
Ich finde die Trennung Work von Life nicht immer schlecht. Allerdings ist es eher ein fließender Übergang mit einzelnen Unterbrechungen, als eine scharfe Trennung:
Meine Arbeit mache ich zu allererst, weil sie mir Freude bereitet. Irgendwann kommt dann auch Geld, aber der erste Grund ist Freude an der Tätigkeit, die man Arbeit nennen kann. Befinde ich mich auf dem Nachhauseweg, bin ich in meinen Gedanken oft noch bei der Arbeit, denn Prebleme, die gelöst werden wollen, lassen sich nicht einfach wegwischen. Komme ich zu Hause an, benötige ich ein wenig Zeit, um mich auf die Situation umzustellen, denn dort befinden sich zwei Menschen, die nach meiner ganztägigen Abwesenheit Aufmerksamkeit von mir erwarten. Manchmal kommt dann zu Hause eine Inspiration, und schwupps bin ich wieder bei der Arbeit. Das finde ich nicht schlimm, denn es gehört für mich dazu.
Was ich nicht gut finde, wenn der Respekt vor der Privatsphäre dabei kaputt geht. Wenn ich zu Hause Ideen habe, ist das meine Entscheidung. Nimmt mich allerdings jemand über meine „Arbeitszeit“ hinaus zu Arbeitsthemen in Anspruch, ohne das vorher mit mir zu klären, ärgert mich das.
Ich stimme Dir allerdings zu, dass eine künstliche Trennung Unsinn ist. Life hat halt sehr viele Komponenten. Vielleicht ist Work eher ein Teil von Life.
Danke für Deine Gedanken. Ich kann das gut nachvollziehen. Trennung ist für mich ein zu scharfer Begriff. Ich assoziiere damit immer so hilflose Versuche wie neulich der des VW-Betriebsrats, die Zustellung von E‑Mail außerhalb der Arbeitszeiten zu unterbinden. Das was Du beschreibst trifft ziemlich genau was ich sagen wollte: ein fließender Übergang wo alles seine Zeit hat. Bedingung dafür ist aber ein souveräner Umgang mit der eigenen Zeit, d.h. es muss auch ok sein, nicht erreichbar zu sein.