Wohl kein Führungsinstrument ist so verbreitet wie »Management by Objectives« (MbO), also das Führen mit Zielen. Von Peter Drucker bereits 1954 vorgeschlagen, setzte sich das damals durchaus löbliche und innovative Konzept, anstatt starrer Anweisungen gemeinsam Ziele zu vereinbaren, innerhalb derer eigenverantwortlich agiert werden soll, schnell durch. So wie jeder Hammer Werkzeug und Waffe sein kann, gibt es nützliche und schädliche Anwendungen des Führens mit Zielen.
Das Konzept des Führens mit Zielen ist prinzipiell eine gute Idee. Es gibt Orientierung sowohl im Sinne einer gemeinsamen Vision als auch im Sinne des eigenen Beitrags zum Erfolg des Gesamtsystem. Es fördert eigenverantwortliches Handeln im Rahmen definierter Leitplanken.
This requires each manager to develop and set the objective of his unit himself. Higher management must of course reserve the power to approve or disapprove those objectives. But their development is part of a manager’s responsibility. Indeed it is his first responsibility. It means, too, that every manager should responsibly participate in the development of the objectives of the higher unit, of which he is a part. To „give him a sense of participation“ is not enough.
Peter F. Drucker
Zwei Bedingungen sind es also die wesentlich zum Erfolg des Führens mit Zielen beitragen: Zum einen das eigenverantwortliche Definieren der Ziele des zu verantwortenden Systems und zum anderen die Orientierung und die Einflussnahme auf die Ziele des übergeordneten Systems. Hinzu kommt das richtige Verständnis des Begriffs Ziel (siehe auch Lebensführung statt Selbstmanagement).
Objectives are always based on expectations. And expectations are, at best, informed guesses. Objectives express an appraisal of factors that are largely outside the business and not under its control. The world does not stand still.
Peter F. Drucker
Die Zukunft ist nicht vorhersehbar und ist es immer weniger in einer Zeit, in der »normal ist, dass vieles anders ist und immer schneller anders wird« (Karl-Heinz Geißler). Trotzdem oder gerade deswegen braucht es Orientierung. Führen mit Zielen kann diese Orientierung bieten und ist in diesem Sinne und unter den von Peter F. Drucker genannten Bedingungen auch kein schlechtes Mittel.
In der Praxis ist allerdings dieses reine Führen mit Zielen sehr oft in verhängnisvoller Allianz mit Leistungsbeurteilung und Anreizsystemen zu finden. Dadurch werden aus Zielen plötzlich Planziele deren Erreichung Einfluss auf das Gehalt hat. Die Denkweise dahinter ist genauso einfach wie falsch: Je größer der Anreiz zur Erreichung des Ziels, desto motivierter ist der Mitarbeiter. Studien zeigen eindeutig, dass dieser Zusammenhang nur für sehr einfache, manuelle Tätigkeiten besteht. Für kreative Wissensarbeit wirken diese Art von Anreizen sogar demotivierend und führen zu schlechteren Ergebnissen.
Neben diesem Effekt der Demotivation durch solche Anreizsysteme, fördert diese Art des Führens mit Zielen Tunnelblick und Scheuklappen. Die Ziele des eigenen Einflussbereichs werden isoliert betrachtet und optimiert – ohne Rücksicht auf Verluste an anderer Stelle. Chancen neben dem eigenen Tellerrand werden ignoriert und riskantes und destruktives Verhalten gefördert. Durch Ausblenden der Grundbedingungen und durch die Kombination mit Anreizsystemen wurde das ursprünglich sinnvolle Konzept des Führens mit Zielen zur von Demotivation und destruktivem Abteilungsdenken.
Dass es auch anders und anders besser geht zeigen Firmen wie Semco, Svenska Handelsbanken, Southwest Airlines uvm. Zur weiterführenden Lektüre verweise ich an dieser Stelle auf die Bücher »Führen mit flexiblen Zielen« (Amazon Affiliate Link) und »Beyond Budgeting« (Amazon Affiliate Link) von Nils Pfläging oder »Das Ende des Managements« (Amazon Affiliate Link) von Gary Hamel. Wer eine Stunde seiner Zeit gut investieren will und etwas über Führung aus systemischer Sicht – und damit auch das richtige Setzen von Zielen – erfahren will, dem möchte ich zum Abschluss das folgende Video von Kambiz Poostchi ans Herz legen.
Bildnachweis: Das Artikelbild wurde von Cliff unter dem Titel „Target“ auf Flickr unter einer Creative Commons Lizenz (CC BY 2.0) veröffentlicht.
2 Kommentare
Hallo Marcus,
ich würde gern auch noch ein Beispiel beisteuern, wie Führung jenseits der Planwirtschaft gelingen kann: Belohnung derjenigen, die Ihre Ziele in der Planungsperiode angepasst haben, d.h. gelernt haben.
Ich hab das mal in einem Artikel in der ManagerSeminare erzählt, der auf meiner homepage zum download steht
http://www.hinz-wirkt.de/downloads/Management_des_Ungewissen_managerseminare.pdf
HG
Olaf
Hallo Olaf, vielen Dank für Dein Beispiel und den Link auf Deinen sehr guten Artikel.