Ihr kennt das. Das Projekt läuft zur Zeit stabil und füllt den Arbeitstag des Projektleiters nicht mehr vollständig. Ehe man es sich versieht, bekommt man also ein weiteres Projekt übertragen oder aus Gründen der kontinuierlichen Adrenalinversorgung übernimmt man es sogar bereitwillig. Das Ergebnis ist jedenfalls die mindestens vollständige Auslastung des Projektleiters und in Folge eine regelmäßige Überlastung im Falle kleinerer oder größerer Krisen, die zu noch mehr Belastung und Fehlern führen. Ein Plädoyer für mehr Spielräume und Gelassenheit im Projektmanagement.
Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins.
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Die Logik hinter diesem Schema ist genauso einfach wie falsch. Nicht jeder Spielraum muss gefüllt werden nicht jeder Puffer eliminiert werden. Ein Projektleiter, der durch seine Projekte im Normalfall nicht vollständig ausgelastet ist, handelt klug und umsichtig. Wer hingegen im Regelbetrieb schon am Limit arbeitet, ist selbst das größte Risiko im Projekt.
Überarbeitete Manager beschäftigen sich mit Dingen, mit denen sie sich nicht beschäftigen sollten.
Tom deMarco
Im idealen Projekt halte ich mir 20% meiner Zeit frei von Aufgaben oder Terminen. Zum Teil benötige ich diese Zeit, um die kleinen und großen Krisen im Projekt schnell und nachhaltig einzudämmen. Den Rest nutze ich für zwanglose Gespräche mit allen relevanten Stakeholdern, insbesondere mit meinem Team und dem Kunden. Einerseits sorgen diese Gespräche natürlich für einen kontinuierlichen Informationsfluss in und um das Projekt. Andererseits färbt meine Ruhe und Gelassenheit als Projektleiter dadurch auf Mitarbeiter und Stakeholder ab. Druck gibt es im Projekt ohnehin genug, dazu braucht es keinen Adrenalin-Junkie an der Spitze. Meine Aufgabe als Projektleiter ist es eben auch, ein Gefühl der Sicherheit und Stabilität zu geben.
Wo zwei zusammenstoßen, siegt der Besonnene.
Laotse
In diesen Gesprächen entstehen dann aber oft Ideen für Verbesserungen der Abläufe oder der Ergebnisse, gegenseitige Erwartungen werden geklärt und Vertrauen geschaffen. Das Projekt wird damit sowohl effizienter als auch effektiver. Ich brauche diese Zeitreserve also letztlich zur Kommunikation und zur nachhaltigen Arbeit am System. Darin unterscheidet sich für mich die reine Projektverwaltung von echter Projektführung.
Management works in the system; leadership works on the system.
Steven R. Covey
Fehlt dieser Spielraum, ist der Projektleiter mit seinen Projekten im Regelfall schon vollständig ausgelastet oder überlastet. Es beginnt der verhängnisvolle Kreislauf des falschen Projektheldentums. Zu wenig Kommunikation und zu unüberlegtes Handeln führen zu Fehlentscheidungen. Orientierungslosigkeit und Unsicherheit machen sich im Team breit. Weitere Fehler und Krisen sind die Folge, deren Eindämmung durch verspieltes oder nicht aufgebautes Vertrauen beim Kunden auch noch mühsamer als nötig ist. Das alles führt zu noch mehr Belastung des Projektleiters und der Kreis schließt sich. Dann heißt es Ärmel hochkrempeln und anpacken und noch schneller im Hamsterrad zu rennen. So werden Projekthelden geboren, aber keine echten Führungskräfte.
Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.
Albert Einstein
Fazit
Was im Lean Management für Produktionsprozesse vernünftig sein mag, nämlich die Eliminierung von Puffern, kann nicht einfach auf Wissens- und Führungsarbeit übertragen werden. Klug mit seiner Zeit als Projektleiter umzugehen und vorausschauend Spielräume zu planen für Kommunikation und Arbeit am System, ist die Voraussetzung für wirksame Projektführung jenseits falschen Heldentums.
22 Kommentare
Marcus,
Danke und nochmals Danke für diesen Beitrag.
Du schreibst hier gelassen auf, was ich auch immer wieder fast wortwörtlich predige, um meinem Team (auf das ich linienmäßig keinen direkten Durchgriff habe) halbwegs in normaler Auslastung zu halten und die Freiräume zu schaffen, die wir für Verbesserungen oder auch Claims brauchen.
Für mich selbst schaffe ich das – meistens durch harte Ablehnung von Sonderaufgaben jenseits des Projekts. Und es lohnt sich:
Kaum etwas verbessert die Qualität eines Teams mehr, als ein PM der präsent ist, die Beziehungen zu seinen Leuten pflegt und sich um ihre Sorgen und Nöte kümmert.
Aber meistens scheitere ich an der Linie und an der Stundenschreibung.
Leider herrscht in den meisten Kons die Einstellung vor, dass jemand der nur zu 80% ausgelastet ist, wohl „überzähliger Headcount“ ist. (Der Begriff ist Neusprech aus einer Management-Powerpoint)
Danke Thilo für Deine Zustimmung! Da hilft tatsächlich nur harte Abgrenzung und Ablehnung von Projekten oder Sonderaufgaben, die nicht mehr mit dem rechten Maß und unserem Anspruch vereinbar sind, aber vielleicht rein rechnerisch noch passen könnten. Das lernt man aber auch erst mit der Zeit und durch Schmerzen.
Wie gesagt: Für mich persönlich ist das mittlerweile okay.
Das tatsächliche Problem, und zwar nicht für das Projekt, sondern für die Firma:
Das Kernteam in einem Investitionsprojekt besteht i.d.R. aus dem (Gesamt-)Projektleiter (technisch) und dem Kaufmännischen Projektleiter.
Die Zwei sind die Einzigen, die Claims aufbauen können.
Claim Management ist ein kreativer Prozeß, der intensives Vertragsstudium und Prüfung der entsprechenden Gesetze (BGB, VOB/B, HGB usw.) voraus.
Kreative Prozesse brauchen freie Zeit und entspanntes Arbeiten. Beides ist in heutigen Kons* nicht möglich, weil man dafür die Mannschaft nur 80/20 auslasten darf.
Das ist für den verantwortungsbewußten PM ein Problem, weil es nicht durchsetzbar ist.
Bleibt die Frage: Lasse ich es sausen? Oder motiviere ich den Kaufmann, das beim Feierabendbíer oder gar am Samstag durchzuziehen? Und wie?
Feierabendbier wird schwierig, da dafür eigentlich nur noch Seminare bleiben. Übernachtungen bei Seminaren entfallen aber aus Kotengründen.
Seid Ihr noch bei mir? Seht Ihr den Teufelskreis?
Die Frage, die im nächsten Review kommen muß, ist: Wie ist die Lage bei den Claims?
Die ehrliche Antwort: „Dafür haben wir keine Zeit.“
Deswegen rührt Marcus‘ Beitrag hier an eine offene Wunde, die mir als gewissenhaftem PM schlaflose Nächte bereitet…
Zum *: Den Begriff „Kons“ als (durchaus abschätzige) Abkürzung für „Konzerne“ habe ich mir bei Markus Heitz entlehnt. Ich lese gerade mal wieder die „Collector“-Romane, in denen Konzerne eine spannende Rolle spielen.
Ach so:
Sorry für die vielen Vertipper im ersten Kommentar.
Den habe ich auf meinem Handy getippt, und Korrekturlesen war noch nie meine Stärke ;o)
Ich liebe „F7“ bei Office ;o)
Schön beschrieben, Thilo. Das ist genau der Effekt wenn alle vollständig operativ ausgelastet oder überlastet sind: Wichtiges, das nicht dringend ist bleibt liegen. Oder wird am Feierabend erledigt. Haben keine Zeit die Säge zu schärfen, müssen sägen. Mit dem nötigen Abstand und in einer langfristigen Perspektive betrachtet natürlich suboptimal, aber oft ohne externe Hilfe eines Coaches nicht lösbar im täglichen Geschäft und gegen die Überzeugungen und die Kultur des Unternehmens.
Vielen Dank für diesen Artikel. Ich hoffe inständig, dass die Botschaft bei den richtigen Entscheidern ankommt und konsequent umgesetzt wird. 100 %-Auslastung heißt, es gibt keinen Freiraum und keine Chance unerwartet, plötzlich auftretende Risiken sauber zu prüfen, durchdenken und gute Lösungen zu entwickeln. Es herrscht konstante „Feuerwehralarm“-Stimmung, die demotiviert und letztendlich Menschen verbrennt (und Fehlentscheidungen befördert).
Das hoffe ich auch. Beim Blick in die Praxis fehlt mir aber der Glaube. Einerseits weil sich noch zu viele in der Heldenrolle zu wohl fühlen und dieses Heldentum auch noch belohnt wird. Andererseits weil noch zu viele Unternehmen im Dienstleistungsbereich hohe Auslastung belohnen durch entsprechende Zielvereinbarungen und Inzentives.
Das wirklich Spannende ist doch:
Hat man als PM erstmal die Heldenrolle (und den Wunsch des Märtyrer-Ablebens) hinter sich gelassen, also eine Stufe der Gelassenheit und des In-sich-Ruhens erreicht, staunt man, wie oft man sich ob dieser Gelassenheit beim Management rechtfertigen muß.
Offenbar ist zumindest der Anschein des „Ich bin furchtbar busy“ immer noch erwünscht und Maß für das Engagement eines Mitarbeiters in Führungsrolle (auch wenn diese nicht offiziell ist)
Soll heißen: Wer entspannt ist, weil er sein Projekt im Griff hat (oder wenigstens davon überzeugt ist), wirkt verdächtig.
Das führt dazu, daß Leute en Streß erst vortäuschen und dann schließlich tatsächlich erleben, weil sie hinter jeder Ecke Verrat und Kontrolle wittern.
Ja, den Aspekt, dass nur derjenige richtig ™ arbeitet, der auch ordentlich schwitzt, den gibt es natürlich auch noch. Solche Unternehmen werden dann in der Regel von Adrenalin-Junkies geführt. An dem Punkt sollte man tatsächlich überlegen ob dieses Unternehmen mit seiner Kultur als Arbeitgeber oder Kunde taugt.
Ja, prima, ich plädiere auch stets für mindestens 10% Reflexionpausen in einem Projekt. Dabei spreche ich aber von Projekten, in denen der PM zu 120% ausgelastet ist. Ein Projekt, das glatt läuft und den PM nicht mehr voll fordert, habe ich noch nie gesehen. Ich habe leider auch keine Antwort auf die Frage, wer „meine“ 10% bezahlt. Der Auftraggeber/Kunde sicher nicht. Wenn Du also u.a. Stakeholderpflege machst, dann lässt Du das von Deinem Arbeitgeber, der in der Rolle des Lieferanten ist, bezahlen? Und wie steht denn das mit der Marge?
Danke, Peter! Ich hätte da schon Beispiele von Projekten, die mich nicht zu 100% auslasten. Alles andere wäre für mich auch ein Fehler, nicht nur in Bezug auf diese Projekte wie in dem Artikel dargestellt, sondern auch weil ich neben den Projekten ja auch noch Aufgaben und Verantwortung in unserem Unternehmen habe.
Zur Frage wer das bezahlt: Kommunikation und Stakeholdermanagement gehört natürlich zu meinem ureigenen Auftrag als Projektleiter und wird auch vom Kunden bezahlt (Kunden, die das nicht verstehen passen nicht zu mir). Prinzipiell komme ich damit aber eben nicht auf 100% oder gar 120% Auslastung und damit nicht auf den theoretisch erreichbaren Umsatz. Das ist so und das akzeptiere ich so aus Gründen meines Qualitätsverständnisses als Projektmanager und aus Gründen der Lebensqualität.
Meine Hoffnung ist ja (obwohl schon sehr lädiert), dass es irgendwo einen schlauen Menschen gibt, der auch mit Zahlen vorrechnen kann, dass die geringere Auslastung, wenn man die Zeit, wie von Marcus beschrieben, nutzt, (um im Austausch zu sein) das Projekt INSGESAMT GÜNSTIGER werden lässt.
Der Austausch kann aus meiner Perspektive nicht nur zu besseren Beziehungen („Teambildung / Kooperationen“) führen, sondern auch dazu, dass mit höherer Wahrscheinlichkeit
Fehler schneller erkannt und behoben! werden können (Fehler (nicht Zeit) sind in den meisten IT-Projekten Kostenfaktor No1…)
Anforderungen frühzeitiger und genauer (weil man die Ansprechpartner besser versteht, wenn man sie kennt und offen reden kann) definiert werden können.
So lässt sich „Featuritis“ und andere Formen von „sinnlosem Programmieren“ (z.B. weil die Anforderungen im Verlauf obsolet werden) vermeiden.
Meine These: Kommunikation kann in vielen Projekten ein größerer „Kostensenker“ sein, als die simple zeitliche Auslastung.
Es gab auch schon Zeiten, da haben die Zeitmanagement-Spezialisten in Seminaren vorgebetet, dass man nur 60% des Tages mit Tagesgeschäft verplanen sollte. Das war lange, bevor „gerufen wurde“, dass alles „agiler“ werden müsste.
Wenn man Menschen ein Korsett anlegt, indem Sie sich nicht bewegen können, sollte man sich nicht wundern, wenn es früher oder später an Bewegung / Agilität hapert ;-)
Ja, natürlich lässt sich nicht in jedem Projekt durch gute Kooperation/Kommunikation Geld sparen.
In „agilen IT-Projekten“, denke ich, (je nach Rollenverteilung) schon.
Zudem lässt sich dort durch die „Nicht 100% Auslastung“ die Erfolgswahrscheinlichkeit und auch der „Nutzen“ verbessern.
Klar, ich bin ja ganz bei Euch. Und dass u.a. Kommunikation ein Kostensenker sein kann, davon bin auch ich sehr überzeugt.
Aber angenommen, ich will ein Einfamilienhaus bauen und rechne aus, dass ich bei einem Preis von z.B. 500 Tausend gerade gut durchkomme. Von den drei Angeboten für z.B. 450, 550 und 650 sollte ich das Erste nehmen, da ich weiss, dass dann doch alles teurer kommt. Dieses Angebot ist sehr „lean“, alles nur das Nötigste. Das für 550 bietet etwas bessere Qualität. Möglicherweise fallen beim ersten Angebot bereits nach einem Jahr teure Reparaturen an, während beim zweiten die Sache länger hält. Gut, dafür gibt es nur noch Daheimbleibeferien, die Kinder können nicht in die bessere Schule und die längst fällige Neuanschaffung eines PKW liegt auch nicht mehr drin. Das 650er-Angebot brauche ich gar nicht näher anzuscheuen, denn das kann ich mir nun wirklich nicht leisten. Dort wird neben höherem Qualitätsstandard noch Kommunikation angeboten, z.B. wöchentliche Sitzungen mit mir als Bauherren. Ich kann ja auch beim 550er Angebot wöchentlich auf die Baustelle gehen, und wenn etwas nicht passt, reklamieren. Diese 100 Tausend mehr kann ich mir sparen.
Ihr könnt jetzt über diesen Bauherrn schimpfen, aber er ist Vertreter so vieler Auftraggeber. Wenn z.B. ein Internetprovider ein Verwaltungssystem für seine Netzknoten benötigt, dann ist das ein Projekt, wo ein Standardprodukt in die IT-Landschaft des Auftraggebers integriert wird, wie das Einfamilienhaus in das Leben einer Familie. Die Laufzeit des Projekts sollte ca. 9 Monate sein, darf aber nicht länger dauern als 6 Monate. Da liegen schon mal keine 20% mehr drin. Es werden beliebig viele Fehler zum Vorschein kommen, die für rote Köpfe sorgen und den Projektleiter auf Trab halten. Als ich der Swisscom einmal ein solches Projekt verkaufen wollte und offen legte, dass die Koordination mit den diversen internationalen Zulieferern 10% mehr kosten wird, sagte der Einkäufer bloss: „Ok, wir bestellen! Aber ohne Koordination mit den internationalen Zulieferern“.
Nein, zumindest in IT Migrations- und Integrationsprojekten sowie in der Baubranche sind die Zeiten und Preise derart knapp, dass leider keine Luft bleibt. Das ist ja meine Frage: Wie kann man in solchen Projekten dennoch den nötigen Freiraum bewahren, ohne den es auch meiner Meinung nicht geht?
Den Gedankengang kenne ich insbesondere bei IT-Projekten nur zu gut. Meiner Meinung nach ist es keine Frage ob ich die Kosten für diesen Spielraum und insbesondere für Kommunikation ausgebe, sondern nur wann. Sicher kann ich mir einreden, diese Kosten seien unnötig und ich könne sie mir sparen. Am Ende werde ich sie aber dennoch bezahlen müssen. Vielleicht in anderer Währung und vermutlich mit Zinsen. Die legendäre Performance von IT-Projekten spricht da Bände:
@Peter:
Ich lese Deine Frage und die Beantwortung sollte eigentlich ein Thema innerhalb der „GesamtFührung / Management / Gremium der Prozessverantwortlichen“ sein.
Durch die „Prozessverbesserungsbrille“ betrachtet SCHADEN sich solche Unternehmen nämlich mehr, als dass sie sich was Gutes tun. Vgl auch: http://www.wandelweb.de/blog/?p=1072
Dadurch, dass Sie „Constraints“ erzeugen, treiben sie Ihre eigenen Kosten/Zeit (in der Annahme durch „den Druck“ die Preise senken zu können) letzten Endes in die Höhe.
„Prozessmanagement“ kann dann im schlimmsten Fall zum Gegenteil des Gewünschten und zu einer Art Kreislauf werden, über den versucht wird die Ressourcen auf den Kernprozess zu fokussieren / also zu senken.
Das treibt die Spirale aber nur weiter abwärts, da im „Nicht-Kernprozess“ (unabhängig davon, ob diese Projekte/Prozesse überlebenswichtig sind) wieder „Engpässe“ entstehen.
Die von Marcus genannten Zahlen ergeben sich *glaube ich* nicht grundlos ;-)
Patentrezepte kenne ich da Leider nicht, vorallem, da ja aus der Verwaltung von hierarchischen Systemen eher Effekt wie
„Ein Vorhaben dauert solange, wie man Zeit gibt…“
in der Vergangenheit bekannt wurden.
Die Zeiten haben sich aber nunmal leider geändert. Lernen und Wissen kann man nicht deligieren oder „anordnen“ geschweige denn per Multitasking etc. „fördern“.
Ein aus meiner Sicht wesentlicher Aspekt ist ein funktionierendes, harmonisches (Projekt) Team. Ein eingespieltes Team kann sich selber Freiräume schaffen. In allen Projekten spielt so oder so auch der Faktor Glück eine nicht unbedeutende Rolle (Krankheit, unvorhersehbare Ereignisse).
Dieses Glück kann aber beeinflusst werden. Wenn ich mich als „Unternehmen“ um meine (Projekt) Teams kümmere, lege ich die Grundlagen für gute Projekte (gut != in time/in budget). Teams, die auch (!) Spaß haben bei der Arbeit gleichen Unvorhergesehenes eher aus. Und bei Projekten müssen sich die Beteiligten klar darüber sein, dass es sehr oft keinen vorgezeichneten Weg gibt. Projektarbeit beschreitet oft unbekannte Wege. Sicher gibt es hier je nach Branche (IT/BAU…) noch Unterschiede.
“Ein Vorhaben dauert solange, wie man Zeit gibt…” ist ebenso richtig wie “Ok, wir bestellen! Aber ohne Koordination mit den internationalen Zulieferern”. Die Frage für mich ist u.a., wieso das so ist. Das Nachdenken darüber führt dann wieder ins menschliche. Der Mitarbeiter, der von seinem Vorgesetzten weder gefördert noch gefordert wird, wird natürlich tendenziell mehr Zeit für seine Aufgaben brauchen/veranschlagen. Der Kostenspardruck/Kostensenkspirale sorgt dafür, dass vermeintlich Unnötiges (Kommunikation) eingespart wird. Mittlere Führungskräfte werden mit Anreizen/Incentives geködert, die eine fatale Wirkung auf die Mitarbeiter „ganz unten“ haben können.
Höher, schneller, weiter, (immer) mehr, bzw. immer weniger (Kosten) ist vielleicht nicht das richtige Konzept.
Neulich auf Twitter wieder gelesen: „Hire character train skill“ … character im Sinne, dass die Leute zusammenpassen (!= müssen alle gleich sein).
Hey Marcus,
eine Nachfrage habe ich auch: Wie machst du das mit dem „20% freihalten“ wirklich fest? Hast du ein fest geblocktes Zeitfenster im Kalender, machst du das via Bauchgefühl? Oder ist das sogar ein fester Puffer in deiner Projektplanung?
Grüße,
Tim
Hallo Tim, gute Frage, die mir neulich auf Twitter auch schon jemand gestellt hat. Das ist bei mir eigentlich reines Bauchgefühl plus rigoroses Ablehnen von Terminen oder Verpflichtungen, die mich zu lange jenseits der gesunden 80% bringen. Ich merke das bei mir, dass es zu viel ist, wenn ich die Aufgaben aus Terminen gar nicht mehr abarbeiten kann, weil ich nur in Terminen sitze. Dann heißt es zurücktreten; einerseits bildlich einen Schritt zurück, aber eben auch übertragen im Sinne von sein Pensum reduzieren. Sonst bin ich nur noch reaktiv unterwegs und gestalte nicht mehr. Das wäre dann der Anfang vom Ende.
Hallo,
danke für die Antwort – dann muss ich noch ein wenig am Gefühl arbeiten :)
Versuche gerade mit berstimmte Zeitblöcke generell zu blocken. Vielleicht schleicht sich der Gedanke „zwischen 10.00 und 11.30 kann der Tim sowieso nie“ bei den anderen ein wenn ich dran bleibe und in der Zeit keine Termine annehme.. Bin mal gespannt :)
Hallo Marcus,
guter und richtiger Kommentar. In der Praxis zeigt sich aber oft genug, dass zumindest in den größeren Konzernen (bewusst!) oftmals ein Zielkonflikt besteht – zwischen dem Einkauf, der alles möglichst kostengünstig haben möchte und den Fachbereichen, denen die Qualität durchaus ein Anliegen ist. Hier hilft alle Überzeugungsarbeit nichts, wenn die Entscheider vor allem daran gemessen werden, wieviel Kostenersparnis erzielt werden kann…
Und man möchte meinen, dass man mit der angesprochenen Performance von IT-Projekten gewichtige Argumente hat, auch wichtige Bereiche wie Kommunikation mit einzuplanen…
Viele Grüße
Marcel
Danke für Deinen Kommentar, Marcel. Diesen bewussten Zielkonflikt zwischen Fachabteilung und Einkauf kenne ich nur zu gut. Manchmal kommt es mir vor, dass hier auch der Ehrliche der Dumme ist: Wer sauber kalkuliert und realistische Spielräume einplant ist auf den ersten Blick teurer. Den Zuschlag erhält dann ein scheinbar günstiger Anbieter bei dem das dicke Ende dann eben hinterher kommt. Ich sehe im Moment nicht, dass man hier aus den Fehlern der Vergangenheit lernt. Vielmehr nehme ich die Tendenz wahr immer komplexere Dienstleistungen der Wissensarbeit standardisiert wie Schrauben einzukaufen.