Vom Nutzen eines Vorschlags

Die Anek­do­te über mei­ne ers­te Auf­ga­be als Pro­jekt­ma­na­ger könn­te den Schluss nahe­le­gen, dass man am bes­ten gar nicht allei­ne pla­nen soll­te, son­dern nur zusam­men mit dem Team und ande­ren Stake­hol­dern. Der gemein­sa­men Pla­nungs­pro­zess und der dabei ent­ste­hen­de Dia­log über das Pro­jekt, sei­ne Zie­le und Inhal­te und das Vor­ge­hen ist zwar von ganz ent­schei­den­der Bedeu­tung, den­noch heißt das nicht, dass der Pro­jekt­ma­na­ger nicht vor­aus­den­ken und ‑pla­nen soll. Im Gegen­teil, ein guter Vor­schlag oder eine Men­ge von Alter­na­tiv­vor­schlä­gen als Dis­kus­si­ons­grund­la­ge sor­gen für eine ziel­ge­rich­te­te Dis­kus­si­on. Eine Tak­tik, die sich übri­gens auch in vie­len ande­ren Situa­tio­nen des Bera­ter­le­bens bes­tens bewährt hat.

Ihr kennt das. Wenn man kei­ne Ahnung hat, macht man als Ers­tes einen gro­ßen Work­shop. Alle Betrof­fe­nen und Inter­es­sier­ten wer­den dut­zend­wei­se ein­ge­la­den, um das The­ma aus allen Rich­tun­gen zu beleuch­ten. Wie ziel­ge­rich­tet ein sol­cher Work­shop abläuft, hängt stark von der Mode­ra­ti­on ab. Oft bleibt es lei­der bei losen Dis­kus­si­ons­run­den ohne ech­te Ergeb­nis­se. Ein bewähr­ter Trick in der Mode­ra­ti­on ist es, mit einem kon­kre­ten Vor­schlag anstatt auf der grü­nen Wie­se zu starten.

Selbst wenn der Vor­schlag unvoll­stän­dig oder falsch ist, es ist immer leich­ter etwas Kon­kre­tes zu ver­bes­sern als das Ergeb­nis ohne sol­che Anhalts­punk­te gemein­sam zu erar­bei­ten. Ins­be­son­de­re bei Stake­hol­dern, die aus poli­ti­schen oder per­sön­li­chen Grün­den die Arbeit im Work­shop eigent­lich nicht wirk­lich unter­stüt­zen wol­len hat es sich bewährt, die­se mit einem bewusst fal­schen Vor­schlag aus der Reser­ve zu locken. Oft ver­su­chen sie dann zu bewei­sen, wer hier der Exper­te ist und geben damit preis, was sie eigent­lich lie­ber für sich behal­ten wollten.

Auch mit einem Vor­schlag als Start für einen Work­shop, sei es zur Pla­nung eines Pro­jekts oder zur Neu­ge­stal­tung eines Pro­zes­ses, bleibt das Ergeb­nis immer noch eine Fra­ge der Mode­ra­ti­on. Schließ­lich müs­sen die Anmer­kun­gen und Ver­bes­se­run­gen des ers­ten Vor­schlags schnell und nach­voll­zieh­bar ein­ge­ar­bei­tet werden.

In Bezug auf die Pla­nung eines Pro­jekts kommt man als Pro­jekt­ma­na­ger ohne­hin nicht umhin, sich über die Visi­on, die Zie­le und die gro­be Vor­ge­hens­wei­se Gedan­ken zu machen. Die­se Füh­rungs­ver­ant­wor­tung lässt sich nicht an das Team dele­gie­ren. Die gro­be Rich­tung kann und soll man durch­aus vor­ge­ben. Das erfor­dert aber auf kei­nen Fall eine lang­wie­ri­ge Pla­nung im stil­len Käm­mer­chen. Eine ers­te gro­be Skiz­ze reicht schon, um den Plan mit eini­gen wich­ti­gen Stake­hol­dern zu ver­pro­ben und zu ver­bes­sern. Frü­her ist bes­ser. Die­sen Schritt kann man noch ein paar Mal wie­der­ho­len, bis schließ­lich der Pla­nungs­work­shop mit allen Betrof­fe­nen, die den Vor­schlag dann ohne­hin meist schon teil­wei­se ken­nen, star­ten kann.

Arti­kel­bild: Lars Ploug­mann bei flickr.com (CC BY-SA 2.0)



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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

4 Kommentare

Lie­ber Marcus, 

ich glau­be, dass das „gemein­sam“ ein ganz wich­ti­ger Punkt ist. Mit dem Gedan­ken „dass man am bes­ten gar nicht allei­ne pla­nen soll­te“ triffst Du voll ins Schwarze.

Auch die For­mu­lie­rung „Eine ers­te gro­be Skiz­ze reicht schon, um den Plan mit eini­gen wich­ti­gen Stake­hol­dern zu ver­pro­ben und zu ver­bes­sern“ ist von zen­tra­ler Bedeu­tung. Der Zweck einer sol­chen Blau­pau­se (die man viel­leicht im stil­len Käm­mer­chen aber bes­ser noch zu zweit erstel­len kann) ist doch, die Din­ge und vor allem die Zel­len der Groß­hirn­rin­de bei allen Betei­lig­ten in Bewe­gung zu brin­gen. Und einer muss halt mal den ers­ten Schritt machen und ver­su­chen, die Pro­jekt­an­for­de­run­gen so zu skiz­zie­ren, wie sie gemeint sein könnten.

Dei­ne Gedan­ken wür­de ich ger­ne mit einem Hin­weis auf Dr. Andre­as Zeuch ver­stär­ken, der z.B. beim PM-Camp in Ber­lin einen wun­der­ba­ren Bei­trag als Impuls-Red­ner erbracht hat. 

Er skiz­ziert sein Wir­ken mit Aus­sa­gen wie „Viel­falt schlägt Ein­falt“ oder „Die Weis­heit & Intui­ti­on der Vie­len nut­zen“. Spricht doch schon für sich.

Also: Ein­fach mal nach Dr. Andre­as Zeuch goog­len oder auf Twit­ter dem @andreaszeuch fol­gen. Bei IF-Agora.de ist er wie Du (Mar­cus: http://www.if-agora.de/angebot.php?id=5) auch schon dabei (http://www.if-agora.de/angebot.php?id=53).

Lie­ber Roland, vie­len Dank für Dei­ne Zustim­mung und Ergän­zun­gen. Andre­as ken­ne ich schon recht gut. Neben sei­nen Büchern hat­te ich vor eini­ger Zeit auch das Ver­gnü­gen ihn in Mün­chen zum Kaf­fee zu treffen.

Hal­lo Marcus

Was mir ganz spon­tan dazu ein­fällt, weil es auch mei­ne jet­zi­ge Situa­ti­on schmerz­lich reflek­tiert, ist die Fra­ge nach dem „Gegen­über“. Was sind das für Leu­te, die an einem Pla­nungs­work­shop teil­neh­men soll­ten, wo ste­hen die und wel­chen Rei­fe­grad haben sowohl die­se Per­so­nen aber auch die Unter­neh­mung in Bezug auf PM / Pla­nung / Metho­dik? Es kann einem näm­lich leicht pas­sie­ren, dass man einen super Work­shop orga­ni­siert, mit Pin­wän­den, Pla­nungs­kärt­chen und allem PiPa­Po und den WS auch gut mode­riert. Die Leu­te machen mit und geben am Schluss sogar ihr „Com­mit­ment to the plan“ ab (Prof. Kru­se nennt das dann das „schnel­le Abnicken“).

Was dann folgt, ist das Auf­schla­gen in der Rea­li­tät. Dann näm­lich, wenn die gan­ze Pla­nung zer­zaust wird mit dem Argu­men­ten „…ach soooo, ja soooo habe ich das ja noch gar nie ange­schaut und über­haupt ist das ja alle noch viii­iel kom­pli­zier­ter als ihr immer meint!“. Der Hin­weis dar­auf, dass die Wort­mel­der höchst­per­sön­lich am Pla­nungs­work­shop zuge­gen und mit der Gesamt­pla­nung ein­ver­stan­den waren, wird im bes­ten Fal­le über­hört. Informatiker/Ingenieure sind nicht zwin­gend gute Planer…

Somit schlies­se ich mich dei­nem Votum an und ergän­ze ev. noch leicht:
0. Rei­fe­grad der Leute/Organisation (zumin­dest in PM-Fra­gen) berücksichtigen.
1. In die Pla­nung mit einem kon­kre­ten Sze­na­rio einsteigen.
2. Gro­be Road­map skizzieren.
3. Fein­pla­nung dann höchs­tens von Pha­se zu Pha­se oder von Ite­ra­ti­on zu Iteration…oder noch lie­ber von Sprint zu Sprint.
4. Sich nicht zu schön sein, für eine Neuplanung…wenn wirk­lich angezeigt.
4b. Sich aber auch nicht zu jeder „Saue­rei“ über­re­den lassen.
5. Plans are use­l­ess plan­ning is indispensable…wie Eisen­hower sagt. 

Gruss von der Front
René Spengler

Lie­ber Rene, zunächst vie­len Dank für Dei­ne Zustim­mung. Was Dei­ne Ergän­zun­gen und Dein aktu­el­les Pro­blem betrifft, so gebe ich Dir völ­lig recht. Bei feh­len­der Fähig­keit oder auch nur feh­len­dem Wil­len zur Pla­nung (nach dem Mot­to: Ich bin hier der Ent­wick­ler, sag mir was sich machen soll) wird ein sol­cher Work­shop zur Ali­bi-Ver­an­stal­tung ohne gro­ßen Mehr­wert. Hier könn­te es hel­fen, mit den ein­zel­nen Per­so­nen indi­vi­du­ell den Plan zu dis­ku­tie­ren und anzu­pas­sen. Natür­lich muss der Pro­jekt­lei­ter in die­sem Fall viel mehr erklä­ren, aber dann ist der Plan auch von den Pla­nungs­un­er­fah­re­nen verstanden.

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