Operative Hektik

Sicher gibt es unzäh­li­ge Wege ein Pro­jekt so rich­tig gegen die Wand zu fah­ren. Ein beson­ders effek­ti­ver ist es einer­seits maxi­ma­le Genau­ig­keit der Pla­nun­gen zu ver­lan­gen und ande­rer­seits maxi­ma­le Vari­anz in den Rah­men­be­din­gun­gen und Anfor­de­run­gen zu tole­rie­ren oder sogar zu för­dern. Ent­schei­dend dabei ist es, die Rich­tung stets schnel­ler zu wech­seln oder den Umfang stets schnel­ler zu erwei­tern, als die (viel zu detail­lier­ten) Pla­nun­gen nach­ge­zo­gen wer­den könn­ten. Das Ergeb­nis ist maxi­ma­le Beschäf­ti­gung bei mini­ma­ler Produktivität.

Das Ziel des Pro­jekts ist noch gar nicht klar, geschwei­ge denn der Weg dort­hin, der Geneh­mi­gungs­pro­zess ver­langt aber, dass die benö­tig­ten Kapa­zi­tä­ten der ver­schie­de­nen Abtei­lun­gen für das nächs­te Jahr exakt geplant wer­den. Genau­so wie das benö­tig­te Bud­get natür­lich. Wenn mit der Geneh­mi­gung dann wenigs­tens ein sta­bi­ler Rah­men für das nächs­te Jahr geschaf­fen wäre, könn­te man die­se sozia­lis­ti­schen Pla­nungs­prak­ti­ken gera­de noch akzep­tie­ren. In der Rea­li­tät haben die ver­ein­bar­ten Rah­men­be­din­gun­gen aber meist nur ein paar Mona­te Bestand bis zur nächs­ten Kürzungsrunde.

Das Bud­get und die Mit­ar­bei­ter sind das eine, der Inhalt das ande­re. Nor­ma­ler­wei­se ist man als Pro­jekt­lei­ter ja ver­sucht, den Umfang mög­lichst fokus­siert zu hal­ten und den Auf­trag mög­lichst klar zu defi­nie­ren. Wenn vie­len Pro­jek­te aber um begrenz­tes Bud­get und Mit­ar­bei­ter kon­kur­rie­ren, ist eine mög­li­che Stra­te­gie, das eige­ne Pro­jekt für die jewei­li­gen Ent­schei­der mög­lichst unent­behr­lich erschei­nen zu las­sen und so Kür­zun­gen zu ent­ge­hen. Und dann Pro­jekt wird dann attrak­tiv, wenn es sich um ein Her­zens­an­lie­gen der jewei­li­gen Ent­schei­der küm­mert. Im Ergeb­nis erwei­tert sich so sehr schnell der Umfang mit jedem Ter­min mit dem Top-Management.

Mit jeder Ver­än­de­rung von sol­chen wesent­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen wie ver­füg­ba­re Res­sour­cen und Umfang des Pro­jekts ist ein Teil des Team damit beschäf­tigt dar­auf zu reagie­ren und die Pla­nun­gen anzu­pas­sen und sei es nur um die Fol­gen qua­li­fi­ziert auf­zei­gen zu kön­nen. Und wenn sol­che Ände­run­gen stän­dig pas­sie­ren, arbei­ten ganz vie­len Men­schen ganz flei­ßig erzeu­gen aber kei­ne Ergeb­nis­se, son­dern berei­ten nur noch Manage­ment-Ter­mi­ne vor und nach. Haben uns ver­lau­fen, kom­men aber gut voran.

If you are too busy to think then you are too busy.
Greg McKeown

Am Prio­ri­sie­rungs- und Geneh­mi­gungs­pro­zess und an der Insta­bi­li­tät der Res­sour­cen­zu­tei­lung wird der ein­zel­ne Pro­jekt­lei­ter nichts ver­än­dern kön­nen. Die Reak­ti­on dar­auf liegt aber in sei­ner Hand und Ver­ant­wor­tung. Das Pro­jekt künst­lich wich­tig zu machen und zu hal­ten ist eine Stra­te­gie, die aller­dings in viel ope­ra­ti­ve Hek­tik mün­det. Wählt man die­se Stra­te­gie, muss man dafür sor­gen, dass die­se Hek­tik nur einen Teil des Team, qua­si eine Mar­ke­ting­ab­tei­lung, betrifft und der Rest in Ruhe am wich­ti­gen arbei­ten kann. Eine ande­re Stra­te­gie ist es, kon­se­quent die Fol­gen sich ver­än­dern­der Rah­men­be­din­gun­gen auf­zu­zei­gen und Ent­schei­dun­gen ein­zu­for­dern.

Pro­duc­ti­vi­ty is never an acci­dent. It is always the result of a com­mit­ment to excel­lence, intel­li­gent plan­ning, and focu­sed effort.
Paul J. Meyer



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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

5 Kommentare

hal­lo Marcus,
ich freue mich immer über Dei­ne Blog­pos­tings, heu­te ganz beson­ders. Die „Ope­ra­ti­ve Hek­tik“ ist eine mei­ner Lieb­lings­me­ta­phern! Wenn Plan A unzu­rei­chend oder schlam­pig ist, Plan B nicht exis­tiert und das obe­re Manage­ment „aku­ten Hand­lungs­be­darf“ fest­stellt, dann ist ope­ra­ti­ve Hek­tik ange­sagt, der bewähr­te Tur­bo, um das Pro­jekt noch schnel­ler gegen die Wand zu fahren!
Hier noch ein Spruch, der dazu passt:
Wenn Plan A nicht funk­tio­niert, kei­ne Sor­ge, das Alpha­bet hat noch vie­le Buch­sta­ben! (weiß nicht von wem der Spruch ist)
LG Klaus

Lie­ber Klaus, vie­len Dank für Dei­nen Kom­men­tar. Es ist schon erstaun­lich wie viel Ener­gie man mit solch operar­ti­ver Hek­tik unge­straft ver­puf­fen las­sen darf.

Der Post gefällt mir sehr gut, da er exakt mei­ne Erfah­run­gen in den letz­ten Jah­ren beschreibt. Aber wo lie­gen die Ursa­chen, dass die­ses Ver­hal­ten offen­sicht­lich flä­chen­de­ckend auftritt?
Ich glau­be es fehlt häu­fig die pas­sen­den Auf­bau ‑und Ablauf­or­ga­ni­sa­ti­on mit der dazu­ge­hö­ri­gen Ent­schei­dungs­ar­chi­tek­tur, so dass mit der gestie­ge­nen Dyna­mik wie­der Steue­rungs­mög­lich­kei­ten und Über­blick erzeugt wer­den kann.
Agi­li­tät ist auf der ope­ra­ti­ven Ebe­ne eine Mög­lich­keit der gestie­ge­nen Dyna­mik zu begegnen.
Lei­der fehlt es all­zu häu­fig am dazu pas­sen­den agi­len Management.
Bes­te Grüße
Alexander

Lie­ber Alex­an­der, dan­ke für Dei­nen Kom­men­tar. Ich den­ke auch, dass die Struk­tu­ren und Werk­zeu­ge in den Unter­neh­men viel­fach nicht mehr zur gestie­ge­nen Dyna­mik der Märk­te pas­sen. Aber ande­re Werk­zeu­ge gibt es dort nicht und die meis­ten Mana­ger wol­len auch gar kei­ne ande­ren, weil sie damit meis­tens ihre müh­sam erkämpf­te Macht­po­si­ti­on auf­ge­ben müss­ten. Ich bin unsi­cher, ob es in die­ser Situa­ti­on über­haupt eine evo­lu­tio­nä­re Wei­ter­ent­wick­lung der Orga­ni­sa­ti­on geben kann oder ob das nur dis­rup­tiv geht. Wir wer­den es in Zukunft sicher­lich ver­mehrt erleben.

Moin Alex­an­der,

ope­ra­ti­ve Hek­tik ent­steht aus dem Wider­spruch zwi­schen Lini­en- und Pro­jekt­den­ken sowie den dar­aus fol­gern­den unter­schied­li­chen Zielen.
Je stär­ker die Linie ist (und dies ist in Deutsch­land die nor­ma­le Aus­prä­gung) des­to höher und wich­ti­ger sind ihre Ziel­er­rei­chun­gen und die Pro­jek­te lei­den dahinter.

In Fir­men – sel­ten in unse­rem Land – die eine strong matrix Orga­ni­sa­ti­on fah­ren, ent­ste­hen sol­che Situa­tio­nen meist nicht. Denn Teil der Strong Matrix ist es, dass das Pro­jekt die Bedürf­nis­se im Staf­fing vor­gibt und daher nicht unnö­tig Mit­ar­bei­ter in Pro­jek­te drü­cken kann (bes­ser Aus­las­tungs­quo­ten der Lini­en­or­ga­ni­sa­ti­on) und damit ope­ra­ti­ve Hek­tik (oder unpro­duk­ti­ve Arbeit) im Pro­jekt pro­du­zie­ren kann.

Es ist ein Stück Arbeit eine Fir­ma so umzu­struk­tu­rie­ren, dass sie den Her­aus­for­de­run­gen des Pro­jekt­ge­schäfts gewach­sen ist.

Deutsch­land hat halt kei­ne Projektkultur!

CU
Jens

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