Projekte sind per Definition neuartige Vorhaben durchgeführt von Individuen in mehr oder weniger unbekanntem Umfeld. Daher sind Organisation und Abläufe im Projekt prinzipiell defizitär. Best-Practice können da nur ein Anhaltspunkt sein. Essentiell ist eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit im Projekt.
Projekte scheitern oft daran dass zu wenig am System gearbeitet wird. Zu Beginn indem ohne saubere Initialisierung und oft genug ohne klaren Auftrag einfach losgelegt wird. Macht einfach mal! Keine Zeit verlieren. Wir müssen schnell liefern. Quick-Wins und so. Aus diesem Hamsterrad gibt es dann oft keinen anderen Ausweg mehr als eine tiefe Projektkrise und dann eine professionelle Neuausrichtung des Projekts.
Wenn du es eilig hast, geh langsam. Wenn du es noch eiliger hast, mach einen Umweg.
Japanisches Sprichwort
Wir sollten Beschäftigtsein nicht mit Produktivität verwechseln. Weil jedes Projekt neu und anders ist, braucht jedes Projekt eine gewisse Zeit, bis Organisation und Abläufe passen. Und auch das ist dann nur ein temporäres Optimum, weil kein Projekt wirklich statisch ist, sondern sich die Menschen, der Inhalt und das Umfeld ändern. Neben der Arbeit im System auf der Inhaltsebene muss daher ständig Arbeit am System auf der Führungsebene stattfinden. Ist dafür regelmäßig keine Zeit, weil man zu beschäftigt auf er Inhaltsebene ist, wird man sich ein Vielfaches an Zeit in der Krise nehmen müssen.
Eine der Stärken von agilem Vorgehen und insbesondere Scrum ist in dieser Hinsicht, dass eine kontinuierliche Verbesserung quasi eingebaut ist. In jedem Daily Meeting geht es einerseits um die konkrete Arbeit, aber andererseits auch immer um Hindernisse und Probleme in der Zusammenarbeit. Nach jedem Sprint wird einerseits das Arbeitsergebnis vorgeführt, andererseits in einer Retrospektive ganz bewusst gemeinsam auf die Führungsebene gewechselt, um die Zusammenarbeit und die Prozesse zu verbessern.
Beim Blick auf weniger agile Projektorganisationen wird schnell klar, dass dort viel weniger Zeit und Energie in die kontinuierliche Verbesserung der Abläufe fließt. Allein schon deshalb, weil sich nur der Projektleiter dafür verantwortlich fühlt. Vielleicht und manchmal. Es herrscht jedenfalls keine gemeinsame Geisteshaltung der kontinuierlichen Verbesserung. Die gemeinsame Arbeit am System findet in der Regel nur statt wenn etwas grob schief läuft oder das Projekt schon längst an die Wand gefahren ist.
It is not necessary to change. Survival is not mandatory.
W. Edwards Deming
Organisation und Abläufe eines Projekts sind nie perfekt, schon gar nicht zu Projektstart, egal welche Best Practice angewendet werden. Projekte gelingen, wenn nicht nur auf der Inhaltsebene im System sondern auch regelmäßig am System gearbeitet wird.
4 Kommentare
Hallo Marcus,
die letzten Beiträge und Kommentare waren wieder wirklich spannend!
Hier möchte ich nun mal ein Zitat „einwerfen“,
welches mir beim Lesen immer mal in den Sinn kam:
Einen guten Wochenstart wünschend,
Bernd
Lieber Bernd, vielen Dank, Dein Feedback freut mich wirklich sehr. Danke für das schöne Zitat!
Kontinuierliche Verbesserung ist bei vielen Industrieunternehmen schon gang und gäbe geworden. Wenn man Effizienzsteigerung wirklich ernst meint, kommt man aus meiner Sicht nicht um KVP herum. Unsere Erfahrung aus Projekten der Softwareeinführung zeigt leider, dass KVP im Projektumfeld noch nicht wirklich angekommen scheint.
Ganz im Gegenteil: Oft wird ganz schnell losgelegt, weil ja eh alles klar ist, und nicht mehr innegehalten bis das Projekt an die Wand gefahren ist. Darum gefällt mir Scrum, weil es das Innehalten und Arbeiten am Prozess quasi eingebaut hat.