Auf die Worte achten

In der Art, wie wir mit und über Men­schen reden, kommt immer auch unse­re Hal­tung und unser Welt­bild zum Aus­druck. Satz­kon­struk­tio­nen und Rede­wen­dun­gen sind so auch immer ein Spie­gel der Kul­tur im Unter­neh­men und im Pro­jekt. Und umge­kehrt lässt sich über die Spra­che die Kul­tur ver­än­dern. Oder not­wen­di­ge Ver­än­de­rung behindern.

Der Lie­fer­plan ist ein­zu­hal­ten.“, „Die Eltern­zeit ist wie ver­ein­bart anzu­tre­ten.“, „Der Plan ist wie beschlos­sen umzu­set­zen.“, so klingt der for­mel­le, meist schrift­li­che Kom­man­do­ton lei­der auch heu­te noch in vie­len Unter­neh­men und Behör­den. Pas­siv-ste­ri­le, kraft­lo­se Satz­kon­struk­tio­nen, die es ver­mei­den, Men­schen direkt anzu­spre­chen und trotz­dem einer Anwei­sung gleich­kom­men. Die­se ange­staub­te Beam­ten­spra­che miss­ach­tet den Men­schen als indi­vi­du­el­les Sub­jekt und wür­digt ihn zur aus­tausch­ba­ren Res­sour­ce her­ab. Klein­lich? Viel­leicht. Ein Aus­druck eines büro­kra­tisch-tay­lo­ris­ti­schen Welt- und Men­schen­bilds? Auf jeden Fall.

Aber Anwei­sun­gen und Auf­trä­ge müs­sen nun mal sein und so klin­gen sie viel vor­neh­mer. In den tra­di­tio­nell-hier­ar­chi­schen Orga­ni­sa­ti­ons­for­men des Indus­trie­zeit­al­ters stimmt das und kann auch gern immer so blei­ben, nur ist das Indus­trie­zeit­al­ter längst vor­bei. Zum Pro­blem wird die Spra­che und das damit trans­por­tier­te Men­schen­bild erst im Ver­än­de­rungs­pro­zess. Und vie­le Unter­neh­men befin­den sich bewusst oder unbe­wusst in einem sol­chen Ver­än­de­rungs­pro­zess im Über­gang in das Zeit­al­ter der Wis­sens­ar­beit. Die anhal­ten­de Dis­kus­si­on um die soge­nann­te Gene­ra­ti­on Y zeigt den Ver­än­de­rungs­druck in den Unter­neh­men sehr deut­lich: Wis­sens­ar­bei­ter wol­len und müs­sen anders geführt wer­den.

Dass Spra­che ein mäch­ti­ges Werk­zeug im Kul­tur­wan­del ist, hat­te jüngst auch der Vor­stands­chef der Otto Group erkannt und allen 53.000 Mit­ar­bei­tern das Du ange­bo­ten hat. In vie­len IT-Unter­neh­men ist das schon längst erfolg­reich geleb­te Pra­xis und zwar zwi­schen allen Mit­ar­bei­tern. Eta­blier­te Indus­trie­un­ter­neh­men tun sich damit noch schwer, weil in den hier­ar­chi­schen Struk­tu­ren gro­ßer Wert gelegt wird auf Abgren­zung hori­zon­tal zwi­schen den Silos und noch viel mehr ver­ti­kal in der Linie. Umso bemer­kens­wer­ter und begrü­ßens­wer­ter ist die­se Ent­wick­lung bei der Otto Group. Es besteht berech­tig­te Hoff­nung, dass sich die­se Maß­nah­me naht­los in den Kul­tur­wan­del dort ein­fügt und kei­ne Sonn­tags­re­de bleibt.

Wenn die Wor­te nicht stim­men, dann ist das Gesag­te nicht das Gemein­te. Wenn das, was gesagt wird, nicht stimmt, dann stim­men die Wer­ke nicht. Gedei­hen die Wer­ke nicht, so ver­der­ben Sit­ten und Küns­te. Dar­um ach­te man dar­auf, daß die Wor­te stim­men. Das ist das Wich­tigs­te von allem.
Kon­fu­zi­us



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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

2 Kommentare

Ach­te auf Dei­ne Gedan­ken, denn sie wer­den Worte.
Ach­te auf Dei­ne Wor­te, denn sie wer­den Handlungen.
Ach­te auf Dei­ne Hand­lun­gen, denn sie wer­den Gewohnheiten.
Ach­te auf Dei­ne Gewohn­hei­ten, denn sie wer­den Dein Charakter.
Ach­te auf Dei­nen Cha­rak­ter, denn er wird Dein Schicksal.

Tal­mud
»Leh­re«, Samm­lung der Geset­ze und reli­giö­sen Über­lie­fe­run­gen des Juden­tums nach der Baby­lo­ni­schen Gefangenschaft

Ja, Wor­te soll­ten wir mit Bedacht aus­spre­chen. Ich hat­te ein kon­kre­tes Pro­blem mit Rede­wen­dun­gen auf mei­nem Blog. Da flo­gen zuneh­mend harr­sche Wor­te hin und her, so dass ich ein­schritt und eine Net­ti­ket­te for­mu­lier­te. Ich begann, wirk­lich häss­li­che Kom­men­ta­re zu löschen. Ich mag kei­ne Zen­sur, aber …
Mein Arti­kel dazu: Wör­ter kön­nen ver­let­zen und in ihrer letz­ten Fol­ge sogar töten …
Dar­in hat­te ich auch Oli´s Tal­mud Zitat gebracht :-)

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