Im Übergang vom Industriezeitalter in das Zeitalter der Wissensarbeit ändert sich das Verhältnis von Mitarbeitern zur Organisation grundlegend. Aus abhängigen Arbeitern werden zunehmend unabhängige Wissensarbeiter, die ihre Produktionsmittel im Kopf tragen. Die Organisation ist deshalb mehr auf die Wissensarbeiter angewiesen als umgekehrt. Das Netzwerk löst in diesem Übergang die Hierarchie als führendes Organisationsprinzip ab. Führung basiert daher nicht länger auf Unterordnung und Gehorsam, sondern hat jetzt die Selbstführung der ihr anvertrauten Menschen zum Ziel.
Lange zielte Führung auf Gehorsam ab. Kinder wurden (und werden leider immer noch) schon im Elternhaus und Schule zur Einordnung in die Gesellschaft und ihre Organisationen erzogen. Und diese Einordnung bedeutete und bedeutet im Kern Unterordnung. Zwar gehört die undurchlässige ständische Ordnung des Mittelalters der Vergangenheit an, aber das Organisationsprinzip der Hierarchie blieb gerade durch die mit der Aufklärung einhergehende Möglichkeit des eigenen Aufstiegs grundsätzlich erhalten. Ohne hierarchische Ordnung kein Aufstieg. Im Zuge der Industrialisierung mit seinen großen Konzernstrukturen erlebte dieses Prinzip sogar eine deutliche Ausweitung und Differenzierung. Die Hierarchie war und ist das bestimmende Organisationsprinzip des Industriezeitalters.
Knowledge workers cannot be managed as subordinates; they are associates. They are seniors or juniors but not superiors and subordinates.
Peter F. Drucker, Management’s New Paradigm, 1998
Bereits 1959 prägte Peter F. Drucker den Begriff des Wissensarbeiters, dessen Arbeit im Wesentlichen im Erdenken und Erschaffen von Neuem besteht. Dazu arbeiten Wissensarbeiter mit ihrem Wissen und erzeugen dabei neue Erkenntnisse und neues Wissen. Diese Arbeiter tragen ihre Produktionsmittel im Kopf. Deshalb ist die Organisation mehr auf sie angewiesen als umgekehrt. Zu Zeiten von Frederick Winslow Taylor waren die Arbeiter ungelernte Arbeitskräfte und der Manager der Experte, der ihre Arbeitskraft möglichst produktiv einsetzte. Die heutigen Wissensarbeiter sind nun aber selbst die Experten und sie erwarten zu Recht eine „artgerechte“ Führung auf Augenhöhe.
Leadership is the art of accomplishing more than the science of management says is possible.
Colin Powell
Dem Prinzip der Hierarchie im Industriezeitalter folgt nun das Prinzip des Netzwerks im Wissenszeitalter. Führung basiert nicht länger auf Unterordnung und Gehorsam, sondern zielt auf die Selbstführung der ihr anvertrauten Menschen. Führung gibt der Wissensarbeit und den Wissensarbeitern Orientierung. Führung auf Augenhöhe jenseits von Unterordnung und Gehorsam ist deshalb notwendiger denn je. Der Schachmeister hat aber ausgedient, gefragt ist heute der Gärtner. Gute Führung schafft einen Rahmen, in dem sich die Menschen und ihre Ideen im Sinne eines gemeinsamen Zwecks entfalten können.
Leadership is the art of giving people a platform for spreading ideas that work.
Seth Godin
2 Kommentare
Da ist Dir ein schöner Text gelungen, Marcus.
Nach meiner Vorstellung setzt ‚Leadership‘ das Ziel, was alle Beteiligten gemeinsam erreichen wollen.
Jeder leistet seinen Beitrag dazu und daraus entsteht etwas, das dann voneinander untrennbar fortbesteht, solange es lebendig ist. Der Erfolg hat viele Mütter und Väter.
Und er braucht die Bedingungen, unter denen sie zusammenfinden können.
Diese Bedingungen zu schaffen ist die Aufgabe der Führungskraft als ‚Leader‘.
Diese Bedingungen zu nutzen, damit aus Vorstellungen Wirklichkeit wird, das ist ‚Die Kunst des Zusammenwirkens‘ bzw. ‚The Art of Collaboration‘ wie Tobias und ich sie verstehen.
Verwirklichung ist die Aufgabe des Wissensarbeiters in seiner natürlichen Umgebung.
Vielen Dank, Alexander! Du hast das aber auch nochmal gut auf den Punkt gebracht in deinem Kommentar. Insbesondere der Punkt mit der Verwirklichung als Aufgabe des Wissensarbeiters gefällt mir.