Aufbauend auf dem Erfolg des Projekts Oxygen, mit dem Google seit 2010 untersucht, was eine gute Führungskraft und gute Führung ausmacht, startete dort 2012 das Projekt Aristoteles, in dem mit derselben datengetriebenen Methode das Geheimnis effektiver Teams gelüftet werden sollte. Der Name ist Programm, denn Aristoteles ist unter anderem für seinen Ausspruch bekannt, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Gleichzeitig beschreibt das auch die Essenz der Ergebnisse dieser Untersuchung: Aus einer Gruppe von Superstars wird noch lange kein effektives Team.
Super Chickens
In ihrem TED Vortrag berichtet Margaret Heffernan von folgendem Experiment. William Muir von der Purdue University untersuchte die Produktivität von Hühnern (was bei Hühnern einfach in der Anzahl von Eiern gemessen werden kann). Für eine Gruppe wählte er nur die „Höchstleister“ aus und sorgte dafür, dass sich nur die besten dieser Super Chicken fortpflanzten. Dem gegenüber stand eine Gruppe durchschnittlicher Hühner, die nicht weiter selektiert oder beeinflusst wurden. Nach sechs Generationen waren die Hühner in dieser Durchschnittsgruppe wohlgenährt, vollgefiedert und ihre Produktivität hatte sich signifikant erhöht. Entgegen der naiven Erwartung war das in der Gruppe der Super Chicken ein wenig anders: Bis auf drei waren alle tot – von den anderen zu Tode gepickt.
Cooperation is the thorough conviction that nobody can get there unless everybody gets there.
Virginia Burden
Die Erklärung für diesen auf den ersten Blick überraschenden Ausgang des Experiments ist recht banal. Die höhere Produktivität der Super Chicken ging einher mit ihrer Fähigkeit sich gegen andere durchzusetzen. Die gezielte Selektion genau dieser Individuen verstärkte die Aggression und das Konkurrenzverhalten dann nochmals. Wer aber gegeneinander kämpft, setzt sich zwar als Individuum durch, verschwendet als Gruppe aber Energie. Der Fokus auf individueller Höchstleistung fördert also Konkurrenzkampf und dysfunktionale Teams. Leider sind Unternehmen, Schulsysteme und letztlich ganze Gesellschaften genau nach diesem Prinzip aufgebaut.
Fünf Prinzipien effektiver Teams
Dass Superstars alleine noch kein Team machen, musste auch Google feststellen. Im Rahmen des Projekts Aristoteles wurde deshalb dort untersucht, was aus einer Gruppe von Menschen ein effektives Team macht. Als das mit Abstand wichtigstes Element stellte sich dabei die psychologische Sicherheit heraus. In wirklich effektiven Teams gibt es ein hohes Maß an Sicherheit, so dass sich die Mitglieder trauen, ihre Meinung offen zu sagen und Risiken einzugehen. Das ist die entscheidende Zutat, die aus dem Ganzen mehr als die Summe der Teile macht. Es braucht dieses Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens um richtig gute Ideen hervorzubringen, wie auch Margaret Heffernan in ihrem TED Vortrag mit dieser schönen Analogie erklärt:
And that’s how good ideas turn into great ideas, because no idea is born fully formed. It emerges a little bit as a child is born, kind of messy and confused, but full of possibilities. And it’s only through the generous contribution, faith and challenge that they achieve their potential.
Margaret Heffernan
Diesem Hauptprinzip der psychologischen Sicherheit folgt mit einigem Abstand das Prinzip der Verlässlichkeit (Können wir uns darauf verlassen, dass jeder seine Arbeit pünktlich und gut erledigt?), die Struktur und Klarheit (Sind Ziele, Rollenverteilung und die Ausführungswege im Team klar?), der Sinn (Wird an etwas gearbeitet, was jedem im Team wichtig ist?) und schließlich der Einfluss (Glauben wir daran, dass unsere Arbeit einen Unterschied macht?).
5 Kommentare
Beware of #HeroCulture!
Vielen Dank für die Referenz auf diesen großartigen TED-Talk, Marcus.
Cooperation ist übrigens die zweite von insgesamt 5 Stufen im Zusammenwirken, die Tobias Leisgang und ich identifiziert haben.
Unser ‚altered Ego‘ Frank überwindet im vierten Kapitel seiner Reiseaufzeichnungen (‚The Art of Collaboration‘) die gläserne Decke zwischen Cooperation und den darüber liegenden Stufen auf dem Weg zur ‚Greatness beyond EgoBarriers‘. Er und sein Team beziehen den ‚Purple Space‘ in dem das Ganze zu mehr als der Summe seiner Teile heranwachsen kann.
And btw., Frank was assigned to the project, we created for him, by the selecting farmer of his chicken farm, called the ‚IT-department‘. Big Jim selected the most productive Super-Chicken he could find in the coop and assigned him to his project of the heart. What he did not realized is, his project is not about laying more eggs.
Jeden ‚Third Thursday‘ veröffentlichen wir ein weiteres Kapitel mit Franks Wegbeschreibung.
Vielen Dank, lieber Alexander! Die Reise von Frank klingt vertraut und spannend zugleich.
Interessanter Artikel, eine Sache verwirrt mich jedoch, die in der Auswirkung, je nach Formulierung und Intention einen Unterschied macht:
Da von Produktivität gesprochen wird vermute ich, dass mit dem Begriff „effektive Teams“ eigentlich eher „effiziente Teams“ gemeint sind?
Das macht dann nämlich einen relevanten Unterschied. Wenn es nach dem Google Artikel in englisch geht (in welchem auch von Produktivität) gesprochen wird würde ich vermuten, dass die passende Übersetzung von „effective“ in diesem Zusammenhang „erfolgreich“ wäre.
Ich bin was Sprache und Sprachgebrauch angeht manchmal ein Pedant, meist jedoch zurecht, ich hoffe Sie nehmen mir die Nachfrage nicht übel und können das bei Gelegenheit aufklären.
Mit den besten Grüßen
Tatsächlich habe ich ganz bewusst effektiv und nicht effizient geschrieben. Denn es geht mir um Wirkung und nicht nur um die reibungslose Zusammenarbeit. Erfolg ist die Konsequenz davon, dass effizient an den Dingen gearbeitet werden, die einen Unterschied machen (= Effektivität)
Danke für die Klarstellung.
Dass in einigen Bereichen die effektiven Lösungen dann doch nicht gewollt sind (weil oft aufwändiger, teurer und teilweise zeitintensiver), vor allem wenn Umstrukturierungen nötig wären, steht nun mal auf einem anderem Blatt; ist mir aber dennoch schon häufig begegnet. Da soll es dann „nur“ noch die effiziente Version sein, die möglichest schnell mit vorhandenen Ressourcen und Mitarbeitern umgesetzt werden kann, weil man vermutlich in diesem Moment wiederum nur das kurzfristige und nicht das langfristige Ziel oder den Erfolg im Sinn hat.
Im UX Bereich, gerade bei Neukunden/neuen Geschäftspartnern soll es dann überwiegend doch lieber das „schöne, neue Design“ sein, wenn man die „richtige“ Vorgehensweise und benötigte Maßnahmen erläutert um wirkliches, nutzerzentriertes UX Design zu erreichen (ich spreche in diesem Zusammenhang gerne von „True UX“).
Die Folge ist für mich (auch persönlich) manchmal fatal, da die Flut an (schlechten/wenig designten) digitalen Services und Projekten täglich wächst und ich einfach nicht wegsehen kann :) falls Du verstehst was ich meine!?
Doch genug dazu an dieser Stelle, das Thema könnte ganze Abende füllen.
Nach der Begriffsklärung nun kurz zum ursprünglichen Thema zurück:
Danke für den Artikel, der die Grafik mit den Prinzipien sehr gut erläutert (die Grafik ist eben auch „nur“ eine andere Form einer PowerPointFolie ;)
Ich möchte auch vollends zustimmen, dass nach eigener Erfahrung genau dies eine wichtige Rolle spielt:
„In wirklich effektiven Teams gibt es ein hohes Maß an Sicherheit, so dass sich die Mitglieder trauen, ihre Meinung offen zu sagen und Risiken einzugehen.“