Methodische Fertigkeiten und fachliches Wissen alleine machen noch keinen guten Projektleiter. Weitaus wichtiger ist sein Wirken als Führungskraft. Wirksame und erfolgreiche Führungskräfte arbeiten auf einem soliden Fundament vonWerten. Diese lassen sich zurückführen auf klassische Kardinaltugenden (von lat. cardo, „Türangel, Dreh- und Angelpunkt“). In einer Serie von Artikeln werden diese Tugenden im Kontext von Führungsarbeit und insbesondere im Projektkontext interpretiert. Der dritte Teil der Serie ist der Tapferkeit gewidmet.
Der Jammer mit der Menschheit ist, dass die Klugen feige, die Tapferen dumm und die Fähigen ungeduldig sind. Das Ideal wäre der tapfere Kluge mit der nötigen Geduld. (Truman Capote)
Nach den Ausführungen über die Bescheidenheit einer postheroischen Führungskraft im Artikel über die Tugend der Mäßigung erscheint es paradox nun der heldenhaften Tapferkeit zu huldigen. Tapferkeit bezeichnet „die menschliche Fähigkeit, als Individuum oder als Gruppe Gleichgesinnter einer schwierigen Situation furchtlos entgegenzutreten“ (Quelle: Wikipedia). Als Gruppe Gleichgesinnter einer schwierigen Situation furchtlos entgegentreten – man kann auch „Projekt“ dazu sagen.
Während die Mäßigung sich eher auf den Führungsstil und das Verhalten gegenüber Mitmenschen bezieht, braucht es die Tapferkeit des Projektleiters und seines Teams, um auch kritische Situationen durchzustehen. Und die wird es unweigerlich geben. Es resultieren zwei Führungsaufgaben für den Projektleiter.
Eigene Tapferkeit und Standfestigkeit
Wichtigste Aufgabe der Führungskraft ist es dafür zu sorgen, dass das Team arbeiten kann. Das bedeutet auch es vor störenden und demotivierenden Einflüssen von außen zu schützen. Auf die Führungskraft prasselt alles ein. Das ist ihr Job. Beispielsweise unzufriedene Kunden oder Druck aus der eigenen Hierarchie. Tapferkeit verlangt, den Einflüssen entgegenzutreten, dagegenzuhalten und eben nicht ungefiltert an die Mitarbeiter weiterzugeben. Insbesondere dann nicht, wenn die Mitarbeiter gar nichts zur Lösung des Problems beitragen können.
Tapferkeit des Teams
Nicht alles kann der Projektleiter fern halten. Nicht alles darf er fern halten. Manchmal ist es nötig gemeinsam eine schwierige Zeit durchzustehen. Bisweilen hilft es sogar, das Team richtig zusammenzuschweissen. Voraussetzung für das Meistern kritischer Situationen ist ein funktionsfähiges Team, in dem die Menschen sich gegenseitig vertrauen und sich gegenseitig helfen. Ein solches (in ruhigeren Zeiten) bewusst zu formen, ist eine leider oft vernachlässigte Führungsaufgabe. In der konkreten Krisensituation ist es dann die erste Devise gemeinsam mit dem Team nach Lösungen zu suchen und nicht in das überholte heroische Führungsverständnis zurückzufallen.
Aufrichtigkeit ist wahrscheinlich die verwegenste Form von Tapferkeit. (William Somerset Maugham)
Weitere Artikel zum Thema
- Tugenden eines Projektleiters: Weisheit (erster Teil der Serie)
- Tugenden eines Projektleiters: Mäßigung (zweiter Teil der Serie)
- Vertrauen motiviert
PS. Das Bild ist ein Ausschnitt aus dem Gemälde „Die sieben Tugenden“ des italienischen Malers Francesco Peselino (unter den weiblichen Tugenden die männlichen Pendants) (ca. 1422 – 1457)
Ein Kommentar
Olaf Hinz plädiert in einem lesenswerten Artikel für Klugheit statt Tapferkeit. Auch wahr…