Open-PM: Cui bono?

Wer ande­re zur Mit­ar­beit bewe­gen will, tut gut dar­an, Sinn und Nut­zen des Pro­jekts her­aus­zu­ar­bei­ten. Neben­bei bemerkt auch und gera­de dann wenn es sich um eine bezahl­te Tätig­keit han­delt: Geld kann Sinn nie­mals erset­zen. Wozu also die Initia­ti­ve Open-PM (#openpm), die ich auf dem PM-Camp 2011 von 3. – 5.11. in Dorn­birn, Öster­reich, vor­stel­len und dis­ku­tie­ren will? Wem nützt ein frei­er und offe­ner PM-Stan­dard und war­um soll­ten Men­schen unent­gelt­lich in der Open-PM Com­mu­ni­ty mit­ar­bei­ten wollen?

Zunächst führt frei zugäng­li­ches PM-Wis­sen, Werk­zeu­ge und Erfah­rungs­be­rich­te sicher­lich zu höhe­rer Pro­fes­sio­na­li­tät im Pro­jekt­ma­nage­ment im All­ge­mei­nen. Die dadurch bes­ser durch­ge­führ­ten Pro­jek­te haben einen Nut­zen für die Gesell­schaft und Wirt­schaft ins­ge­samt. Nun wäre es aber all­zu naiv, gera­de von der Kas­te der Pro­jekt­ma­na­ger soviel Altru­is­mus zu erwar­ten. Inso­fern also der Nut­zen für die All­ge­mein­heit als Moti­va­ti­on ver­mut­lich nicht ganz aus­reicht, muss die Fra­ge nach Sinn und Nut­zen von Open-PM je Nut­zer­grup­pe gestellt und beant­wor­tet werden.

Open-PM für Anfänger

Als Pro­jekt­ma­na­ger wird man nicht gebo­ren. Noch schlim­mer: meist wird man auch nur unzu­rei­chend auf die­se Auf­ga­be vor­be­rei­tet. Der Wech­sel vom Exper­ten zur Füh­rungs­kraft voll­zieht sich meist unbe­wusst. Für Anfän­ger ist Open-PM eine Hil­fe zum Über­le­ben im noch frem­den PM-Dschun­gel: The Hitch­hi­kers Gui­de to the PM-Gala­xy. Es ist ver­läss­li­che Quel­le in Bezug auf Pro­jekt­ma­nage­ment-Fach­wis­sen sowie ein reich­hal­ti­ger Fun­dus an Vor­la­gen, Werk­zeu­gen, Erfah­rungs­be­rich­ten, Best-Prac­ti­ces und How-Tos. Dar­über hin­aus könn­te Open-PM auch als Platt­form zur Ver­mitt­lung von Fort­bil­dun­gen, Trai­nings, Coa­chings, etc. dienen.

Open-PM für Profis

War­um soll­te sich ein erfah­re­ner, viel beschäf­tig­ter Pro­jekt­ma­na­ger an Open-PM betei­li­gen? Pro­jekt­ma­nage­ment ent­wi­ckelt sich wei­ter. Genau­er: wir alle ent­wi­ckeln Pro­jekt­ma­nage­ment in der Pra­xis wei­ter. Dar­über lohnt es sich aus­zu­tau­schen und aus den indi­vi­du­el­len Erfah­run­gen gemein­sam zu ler­nen. Nicht umsonst ist die Nach­be­trach­tung, die Retro­spek­ti­ve, ein wich­ti­ges Ele­ment in einem Pro­jekt. Erleb­tes wird dadurch erst rich­tig ver­ar­bei­tet und zur nutz­ba­ren Erfah­rung. Mir per­sön­lich hilft es dabei enorm die­sen Rück­blick schrift­lich zu machen. („Über die all­mäh­li­che Ver­fer­ti­gung der Gedan­ken beim Schrei­ben“ frei nach Hein­rich von Kleist.)

Pro­jekt­ma­nage­ment ent­wi­ckelt sich der­zeit rasant wei­ter, zu schnell für eta­blier­te PM-Orga­ni­sa­ti­ons-Super­tan­ker. Als Pro­fi kann ich nicht Jah­re war­ten bis es neue Strö­mun­gen es end­lich in einen gemein­sa­men Wis­sens­ka­non schaf­fen, der dann auch noch Geld kos­ten soll. (Ver­glei­che hier­zu auch die Kri­tik von Ste­fan Hagen zu PMI.) Ich glau­be, dass jede Form von zen­tra­lis­ti­scher Orga­ni­sa­ti­on in die­ser Hin­sicht prin­zi­pi­ell einem offe­nen und kol­la­bo­ra­ti­ven Ansatz unter­le­gen ist: sonst gäbe es heu­te noch den Brock­haus und nicht Wikipedia.

Am wich­tigs­ten für PM-Pro­fis ist aber Open-PM als Dreh- und Angel­punkt der eige­nen Online-Repu­ta­ti­on. Die Bei­trä­ge zu Open-PM und deren Bewer­tung durch die Com­mu­ni­ty führt im Lau­fe der Zeit zu einem sicht­ba­ren Nach­weis der eige­nen Fähig­kei­ten. Open-PM kann damit zwar kei­ne Zer­ti­fi­ka­te erset­zen, aber doch ergän­zen: der Open-PM Score im Lebens­lauf und in Ange­bo­ten als Zeug­nis der eige­nen Bei­trä­ge zum Fach­ge­biet Pro­jekt­ma­nage­ment. Letzt­lich bün­delt Open-PM damit nur die iso­lier­ten Bestre­bun­gen ein­zel­ner Blog­ger (mich ein­ge­schlos­sen) Pro­jekt­ma­nage­ment als Fach­ge­biet vor­an­zu­brin­gen und sich dadurch Sicht­bar­keit und einen gewis­sen Ruf zu erwerben.

Open-PM für Kunden

Direkt oder indi­rekt, der Pro­jekt­ma­na­ger lebt davon von Kun­den ein­ge­kauft zu wer­den. Und die­se Kun­den wol­len einen fähi­gen Pro­jekt­ma­na­ger. Dar­um gibt es Zer­ti­fi­ka­te. Und genau dar­um wird die Repu­ta­ti­on auf Open-PM wich­tig sein. Der Kun­de kann sich vor­ab bes­ser über den Pro­jekt­ma­na­ger infor­mie­ren, sei­ne Bei­trä­ge zum Fach­ge­biet PM und zur Open-PM Com­mu­ni­ty, sei­ne Vor­lie­ben und Abnei­gun­gen, sei­ne bevor­zug­ten PM-Ansät­ze, etc.

Fortsetzung folgt

Auf dem PM-Camp 2011 will ich mit mög­lichst vie­len Mit­strei­tern den Grund­stein für Open-PM legen. Ich freue mich schon sehr auf die Dis­kus­si­on und die Anre­gun­gen und wer­de für die Daheim­ge­blie­be­nen wie­der berichten.

Bildnachweis

Das Arti­kel­bild wur­de von M. Prat­ter unter dem Titel „Take Only Foot­prints Lea­ve Only Pic­tures“ auf Flickr unter eine Crea­ti­ve Com­mons Lizenz (CC BY 2.0) ver­öf­fent­licht (Bestimm­te Rech­te vor­be­hal­ten).



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9 Kommentare

Eberhard Huber 27. Oktober 2011 Antworten

Wie schon gesagt ich freue mich auf die Dis­kus­si­on im grö­ße­ren Rah­men. Zwei Punk­te möch­te ich aber schon heu­te anmer­ken. Das mit der Repu­ta­ti­on sehe ich sehr kri­tisch. Wenn die Repu­ta­ti­on so im Vor­der­grund steht lei­den m.E. die ande­ren Punk­te. In Tei­len ist es in der Wiki­pe­dia an den unsäg­li­chen Admin / Kor­rek­tur / Rele­vanz Dis­kus­sio­nen zu sehen, wohin der Repu­ta­ti­ons­ge­dan­ke füh­ren kann. Den Zusam­men­hang zu mög­li­chen Kun­den sehe ich auch nicht zwin­gend. Ein guter Schrei­ber und Leh­rer muss nicht zwin­gend in der Pra­xis ein guter PL sein (eben­so wenig wie vie­le Zer­ti­fi­ka­te einen guten PL ausmachen).

Marcus Raitner 27. Oktober 2011 Antworten

Die Repu­ta­ti­on ergibt sich auto­ma­tisch. Die Fra­ge, die wir auf jeden Fall dis­ku­tie­ren müs­sen, ist ob wir sie bewusst als Fea­ture in den Vor­der­grund stel­len wol­len. Ich hat­te es immer als Anreiz zum Mit­ma­chen gedacht, aber je län­ger ich dar­über nach­den­ke ist das viel­leicht der fal­sche Anreiz (so wie Geld auch ein schlech­ter Moti­va­tor ist). Bei den Kun­den ist es ähn­lich. Kun­den wer­den sich auf Open-PM ein Bild machen, ob wir das for­cie­ren oder nicht, soll­ten wir dis­ku­tie­ren. Aller­dings könn­te der Kun­de nicht nur an PLs inter­es­siert sein, son­dern viel­leicht an an einem Trai­ner. Dann wären die Bei­trä­ge schon rele­van­ter. Ich bin sehr gespannt auf die Diskussionen.

Christian Vogel 27. Oktober 2011 Antworten

Aus mei­ner Sicht ist die Repu­ta­ti­on ein zen­tra­ler Gedan­ke für den Bereich von OpenPM, in dem sich Pro­jekt­mit­ar­bei­ter (müs­sen nicht zwangs­läu­fig nur Pro­jekt­ma­na­ger sein) vor­stel­len. Wie das im Detail aus­ge­stal­tet wird, müs­sen wir sicher noch erör­tern und kri­tisch dis­ku­tie­ren. Aber als Unter­neh­men auf der Suche nach Pro­jekt­mit­ar­bei­tern brau­che ich Ver­gleichs­mög­lich­kei­ten. Ein Repu­ta­ti­ons­score kann hier ein Anhalts­punkt sein. Je nach Pro­jekt­an­for­de­run­gen suche ich viel­leicht einen erfah­ren alten Hasen oder aber einen jun­gen auf­stre­ben­den Pro­jekt­as­sis­ten­ten. Für die Repu­ta­ti­on müs­sen wir geeig­ne­ten Input defi­nie­ren, der sich nicht nur aus Blog­ar­ti­keln, oder Fach­ar­ti­keln zusam­men­setzt, son­dern ein brei­te­res Spek­trum abdeckt. Es sol­len auch Pro­jekt­mit­ar­bei­ter einen guten Score erhal­ten kön­nen, die nicht soviel publi­zie­ren. Daher möch­te ich den Score auch nicht dar­auf beschrän­ken. Außer­dem kön­nen wir einem „Suchen­den“ auch die Wahl las­sen, wie er ein­zel­ne Fak­to­ren eines Scor­se gewich­ten möchte.
Den­noch stim­me ich zu, das ein Score auch kri­tisch gese­hen wer­den kann. Mein Vor­schlag wäre, dass wir hier aktiv die poten­ti­el­len Teil­neh­mer an OpenPM mit­be­tei­li­gen und so Ideen und Kri­te­ri­en für einen Score sammeln.

Eberhard Huber 28. Oktober 2011 Antworten

In Sachen Score lohnt es sich viel­leicht bei Stack­ex­ch­an­ge zu spicken.

http://stackexchange.com/

Marcus Raitner 28. Oktober 2011 Antworten

Gute Idee. Hat Chris­ti­an Vogel auch schon angeregt.

Eberhard Huber 29. Oktober 2011 Antworten

mir gru­selts nur ein wenig vor der Implementierung ;-)

Marcus Raitner 29. Oktober 2011 Antworten

mir auch, freue mich aber auch ein wenig mal wie­der was algo­rith­mi­sches machen zu können :-)

Stefan Hagen 30. Oktober 2011 Antworten

Vor­ab: Ich freue mich schon sehr auf Dei­nen Vor­trag und ggf. wei­te­re Bar­camp Ses­si­ons zu dem Thema!

Die „Nüs­se“, die mei­nes Erach­tens im Zusam­men­hang mit Open-PM zu kna­cken sind, sind u.a.:

1) Wer­te: Die Wer­te­hal­tung, auf deren Grund­la­ge Open-PM aus­ge­ar­bei­tet wird, muss doku­men­tiert sein. Die Bei­tra­gen­den beken­nen sich zu den gemein­sa­men Wer­ten (à la Open-PM Manifest).
2) Refe­renz­rah­men: Es soll­te so etwas wie ein „Refe­renz­rah­men“ defi­niert wer­den, der z.B. aus bestehen­den Theo­rie­rich­tun­gen (z.B. sys­tem­theo­re­ti­sche Ansät­ze) oder aus rele­van­ter Lite­ra­tur besteht. („Wor­an ori­en­tie­ren wir uns?“)
3) Struk­tur: Die inhalt­li­che Struk­tur soll­te am Beginn gut durch­dacht und in wei­te­rer Fol­ge vor­ge­ge­ben wer­den. Danach kann der Stan­dard schritt­wei­se Wach­sen und sich wei­ter entwickeln.
4) Crowd Sourcing: Eine wei­te­re „Nuss“ sehe ich dar­in, dass mög­lichst rasch eine Dyna­mik ent­steht, was die Aus­ar­bei­tung des Open-PM Stan­dards angeht. Mind. 20 – 30 Con­tri­bu­tors soll­ten regel­mä­ßig am Stan­dard arbei­ten – idea­ler­wei­se sogar mehr. Sonst könn­te das Vor­ha­ben an Ener­gie ver­lie­ren und einschlafen.
5) Bewer­tung: Die här­tes­te „Nuss“ schlecht­hin sehe ich im „Bewer­tungs­pro­blem“ (wie es Peter Kru­se bezeich­nen wür­de). Nach wel­chen Kri­te­ri­en wer­den die Con­tri­bu­tors aus­ge­wählt? Oder darf/soll Jede/r etwas bei­tra­gen? Wenn ja, wie wird QUALITÄT defi­niert und wie sieht der QS-Pro­zess aus? Durch wen erfolgt die QS, damit der Stan­dard auch eine run­de sache wird?

Wie gesagt: Ich freue mich schon auf die inten­si­ven Dis­kus­sio­nen beim PM Camp ;-)

Ste­fan

Marcus Raitner 30. Oktober 2011 Antworten

Dan­ke, Ste­fan. Da bringst Du tat­säch­lich ein paar sehr wich­ti­ge Aspek­te auf den Tisch. An die­sen „Nüs­sen“ müs­sen wir tat­säch­lich inten­siv arbeiten.

1. Star­ten wür­de ich mit den Grund­wer­ten und den Zie­len von Open-PM. Als Ergeb­nis sehe ich wie Du eine gemein­sa­me Erklä­rung, ein Manifest.
2. Inhalt­lich wür­de ich nicht zuviel Rah­men vor­ge­ben wol­len im Sin­ne von an wel­cher Stil­rich­tung ori­en­tie­ren wir uns. Lie­ber wäre mir in den Grund­wer­ten zu ver­an­kern, dass uns inter­es­siert was wie in der Pra­xis funk­tio­niert (egal wo es her­kommt). Mir gefällt der Gedan­ke von Bern­hard Schloss, dass Open-PM die Brü­cke zwi­schen den ver­schie­de­nen Strö­mun­gen schla­gen könn­te. Wäh­rend PMI & Co. eher von der Theo­rie kom­men und dort wo es aus prak­ti­scher Sicht inter­es­sant wird auf­hö­ren, könn­ten wir aus der Pra­xis kom­men, wo sich ohne­hin alles ver­mischt, und uns aus dem was dort funk­tio­niert zu einer Wis­sens- und Werk­zeug­ba­sis vorarbeiten.
3. Die Struk­tur ist wich­tig. Genau­so wie die tech­ni­sche Struk­tur und Platt­form. Wir brau­chen nicht nur den inhalt­li­chen son­dern auch den tech­ni­schen Rah­men, damit …
4. … die Zusam­men­ar­beit begin­nen kann. Ich wür­de vor­her schon ger­ne von mög­lichst vie­len Teil­neh­mern des PM-Camp Unter­schrif­ten unter unser Mani­fest. Das wür­de zei­gen, wer schon dahin­ter steht und mit­ar­bei­ten will.
5. Die Qua­li­täts­si­che­rung ist extrem wich­tig ohne Fra­ge, aber ich glau­be, dass wir uns da ganz viel von Wiki­pe­dia abschau­en kön­nen. Ein ganz wich­ti­ger Grund­wert von open-PM ist mir die Offen­heit: jeder soll mit­ma­chen dürfen.

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