Thomas Edison hatte einen sehr konstruktiven Umgang mit dem Scheitern. „Ich bin nicht gescheitert. Ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionieren“, pflegte er zu sagen. Gescheitert bin ich auch schon oft. So oft, dass ich mittlerweile wie bei der japanischen Töpferkunst Kintsugi diese Brüche als das eigentlich Wertvolle und Spannende erachte . Und nun bin ich auch mit meiner Crowdfunding-Kampagne für eine zweite und erweiterte Auflage des Manifest für menschliche Führung gescheitert. Nicht nur ein bisschen, sondern richtig grandios. Nur knapp ein Drittel des angestrebten Ziels wurde erreicht. Bei den immerhin 49 Unterstützer:innen möchte ich mich aber umso herzlicher bedanken für das entgegengebrachte Vertrauen und die Bereitschaft, meine Idee zu unterstützen.
Ich war mir schon bei der ersten Auflage unsicher, wie viele Leser ein solches Buch finden könnte. Und ich war mir jetzt, nach dem überraschenden Erfolg der ersten Auflage, wieder unsicher, ob sich eine zweite und erweiterte Auflage lohnt. Meine Hypothese war, dass das der Fall wäre und sich deshalb genügend Leser:innen für eine zweite Auflage einsetzen würden. Die Crowdfunding-Kampagne hatte hauptsächlich den Zweck, diese Hypothese zu validieren oder zu falsifizieren. Die Agilität und ihr empirisches Vorgehen sollte mir also auch in dieser Frage zu einer belastbaren Antwort verhelfen. Und das hat sie ja auch.
Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.
Samuel Beckett
Natürlich hatte ich auf eine sehr viel positivere Resonanz und sehr viel mehr Nachfrage nach einer zweiten und erweiterten Auflage gehofft. Und ich hatte gehofft, dass diese Nachfrage mir Ansporn sein würde. Diese Motivation hätte ich auch benötigt, weil auch meine Zeit neben Familie, Homeschooling, Homeoffice in einem noch recht frischen Job und vielen anderen Interessen recht knapp bemessen ist. Wobei Motivation vielleicht gar nicht das richtige Wort ist. Ich will mir eigentlich nur sicher sein, dass meine knappe Zeit sinnvoll investiert ist. Die Motivation kommt dann mit der Sinnhaftigkeit. Genau deshalb bin ich nun froh über mein Scheitern. Das klare Votum zeigt mir, dass ich meine Zeit besser anderen Projekten widmen sollte. Auch eine falsifizierte Hypothese ist ein Lernerfolg.
Und jetzt?
Eine zweite Auflage des Manifests für menschliche Führung wird es so nicht geben. Dennoch drängt es mich, dem Gedankengut des Manifests für menschliche Führung mehr Kontext zu geben. In meinen Vorträgen bette ich es deshalb auch immer in den Kontext der Entstehung im Rahmen der agilen Transformation der BMW Group IT ein. Insofern wäre es eine noch unreife Überlegung genau diesen Rahmen von Agilität und agiler Transformation deutlich weiter aufzuspannen, um dann daraus die Auswirkungen auf Führung in agilen Organisationen abzuleiten. Trotz oder gerade wegen der Selbstorganisation und Autonomie braucht Agilität Führung, aber eine andere und nicht zuletzt eine menschlichere.
2 Kommentare
Hallo Herr Raitner,
sind Sie wirklich gescheitert oder hat das Leben einfach nur etwas anderes mit Ihnen vor?
Ihr Manifest ist gerade wegen seiner Kürze überzeugend. Ein geistiger Brandstifter und damit ja auch irgendwie „sexy“. Vielleicht sollten Sie eher diesem Stil treu bleiben, der eventuell genau deshalb so viele Sympathisanten gefunden hat?
Das ändert nichts an der berechtigten Frage nach Kosten und Nutzen, aber die beantwortet sich ja oft erst im Nachhinein. Wie auch immer: „Umwege erhöhen die Ortskenntnis“. Ein Scheitern ist Ihr scheinbar misslungener Versuch in meinen Augen jedenfalls definitiv nicht.
Eine gute Woche Ihnen!!!
Manja Lechner
Liebe Frau Lechner, da haben Sie vermutlich recht. „Umwege erhöhen die Ortskenntnis“ – das gefällt mir außerordentlich gut. Es wird sich zeigen, wohin mich diese Erkenntnis nun führt. Vielen Dank für Ihren Zuspruch.