Wenn man eine Dienstleistung IT-Projektcoaching neu anbietet, dann lohnt es sich, über das Umfeld, in dem man sich bewegt, nachzudenken. Auch und gerade dann, wenn man dieses Umfeld genau zu kennen glaubt. Denn nur dann werden die Grundannahmen explizit und nur dann können sie an der Realität gemessen werden. Das Umfeld des Unternehmens, also die Gesellschaft, die Märkte, die Kunden, die Technologie, ist von entscheidender Bedeutung, denn der Zweck eines Unternehmens findet sich immer außerhalb, in diesem Umfeld. Niemand bringt das besser auf den Punkt als Peter F. Drucker:
There is only one valid definition of business purpose: to create a customer. […] It is the customer who determines what a business is. […] What the customer buys and considers value is never a product. It is always utility, that is, what a product or service does for him. (Peter F. Drucker. Management Rev Ed. S.98)
Werfen wir also einen Blick auf das Umfeld von IT-Projektcoaching und damit auf den Markt der IT-Projekte und die Menschen, die diese durchführen.
Fordern und Fördern
Gute IT-Fachkräfte sind heute schon rar und werden in Zukunft aufgrund der demographischen Entwicklung und der anhaltend geringen Anfängerzahlen in Informatik noch rarer werden. Zugleich geht die erste Generation von IT-Profis nach und nach in Rente. Es wird sehr schwierig werden, auch nur die freiwerdenden Stellen zu besetzen — von einem Wachstum ganz zu schweigen.
In diesem „war for talents” kann sich kein Arbeitgeber eine hohe Fluktuation erlauben. Mitarbeiter müssen konsequent gefordert und gefördert werden. Weiterbildung und Entwicklungsmöglichkeiten werden zu einem wesentlichen Faktor in der Entlohnung von Mitarbeitern: Mit Geld allein wird man Mitarbeiter nicht mehr halten können; es zählen Chancen und Möglichkeiten sich zu entwickeln.
Netzwerke und Partnerschaften
Neben den eigenen Mitarbeiter ist aufgrund des Mangels an Fachkräften ein flexibles Netzwerk an Partnern und Dienstleistern gefragt, die bei Bedarf Experten zur Verfügung stellen können. Die Konsequenz daraus ist, dass IT-Projekte immer weniger in Eigenleistung durchgeführt werden, sondern dass es vielmehr darauf ankommt die richtigen Partner zu finden und zu steuern. Eine Herausforderung ist somit die Führung von verteilten und heterogenen Teams bestehend aus eigenen Mitarbeitern und Mitarbeitern von Dienstleistern.
Aber nicht nur aufgrund des Mangels an Fachkräften werden Projektteams immer mehr zu einem Geflecht von verschiedenen Partnern, Dienstleistern und eigenen Mitarbeitern. Auch die zunehmende Heterogenität der eingesetzten Technologie macht es immer unwahrscheinlicher, die notwendigen Experten in den eigenen Reihen zu finden. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich bei vielen Großunternehmen ein beachtlicher Zoo an Technologien angesammelt. Bestrebungen zur Vereinheitlichung gibt es daher allenthalben. Diese sind aber in der Regel strategischer Natur, d.h. Neuentwicklungen dürfen sich nur aus einem Katalog von freigegebnenen Technologien bedienen. Solange die Altsysteme aber nicht abgelöst werden, bleibt die Heterogenität hoch und die Experten bleiben gefragt.
Komplexität und Führung
Die IT ist aus fast allen Kernprozessen eines Unternehmens nicht mehr wegzudenken. Die IT ist unternehmenskritisch, ihr Ausfall kann existenzbedrohend sein. Die IT-Landschaften von Großunternehmen sind heterogen und komplex, weil diese Landschaft über Jahrzehnte mehr oder weniger kontrolliert gewachsen ist. Viele Anwendungen für die Kernprozesse sind alt und veraltet. Mit der zunehmenden Komplexität der eigenen Prozesse, der gleichzeitigen Verrentung von Experten und dem Bestreben nach homogeneren Landschaften wächst der Druck, neue und zeitgemäße Lösungen zu schaffen. IT-Projekte und IT-Programme werden daher in Zahl und Größe eher zunehmen und maßgeblichen Anteil an der Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens haben.
Die Märkte werden zunehmend globaler; die Welt wird kleiner. IT-Projekte machen daher nicht mehr an den Grenzen des eigenen Standorts oder Landes Halt, sondern sind in der Regel standort- und länderübergreifend. Auch das trägt zum Trend der verteilten Arbeitsweise bei. IT-Projekte werden also zunehmend mit einem Team durchgeführt, das aus Mitarbeitern verschiedener Dienstleister sowie eigenen Mitarbeitern besteht, das verteilt ist über mehrere Standorte und geprägt ist von verschiedenen (Firmen-)Kulturen.
Diese IT-Projekte benötigen professionelles Projektmanagement, professionelles Software-Engineering und performante Teams. Entscheidend ist die Fähigkeit aus Experten, verteilt über verschiedene Unternehmen und Standorte, ein Team entstehen zu lassen und diesem Team Rahmen und Richtung zu geben. Eine Herausforderung lautet: Führen von Selbstorganisation. Das heißt dem Team Raum und Gelegenheit zu geben zur Entfaltung und zur Organisation; es bedeutet den Menschen und ihrem Willen zur Selbstorganisation zu vertrauen; aber es bedeutet auch in dem Prozess der Selbstorganisation anzuleiten und zu unterstützen.
Fazit
IT-Projekte werden größer und komplexer. Der Projekterfolg wichtiger und kritischer denn je. Projektteams bestehen zunehmend aus Mitarbeitern verschiedener Unternehmen, verteilt auf verschiedene Standorte und sozialisiert in unterschiedlichen Kulturen. Vor diesem Hintergrund, heißt die Herausforderung im Management von IT-Projekten ganz klar: Führung von Wissensarbeitern unter extremen Bedingungen.
Bildnachweis
Das Artikelbild wurde von Bess Sadler unter dem Titel „Signpost Forest, Watson Lake, Yukon“ auf Flickr veröffentlicht (Bestimmte Rechte vorbehalten).