Sind die Arbeitspakete erst zum Ablaufplan verknüpft und ihre Dauer bestimmt, sei es fest vorgegeben oder durch Zuweisen von Ressourcen, kommt das böse Erwachen. Die errechneten Termine liegen meist mehr oder weniger weit jenseits der eigenen Vorstellung und noch viel weiter neben der Vorstellung des Auftraggebers. Der Plan muss optimiert werden. Nun schlägt leider zu oft die Stunde von blindem Pragmatismus und unverantwortlichem Zweckoptimismus. Über Möglichkeiten und Grenzen der Optimierung des Ablaufplans.
Kritischer Pfad
Nicht alle Arbeitspakete haben in gleichem Maße Einfluss auf den berechneten Endtermin. Vielmehr gibt es in jedem Ablaufplan eine Folge von Arbeitspaketen, die den Endtermin eindeutig bestimmen, den sogenannten kritischen Pfad. Um Einfluss auf den Endtermin auszuüben, setzt man also sinnvollerweise bei den Paketen auf dem kritischen Pfad an. Umgekehrt sind es diese Pakete die im Falle von Verzögerungen direkt auf den Endtermin wirken. Im folgenden kleinen Beispiel ist der kritische Pfad rot hervorgehoben. Man sieht, dass das Arbeitspaket »Testfälle erstellen« nicht auf dem kritischen Pfad liegt, die anderen beiden aber schon.

Überlappung
Eine beliebte Vorgehensweise, um ein paar Tage aus dem Plan herauszuquetschen, ist die teilweise Überlappung von Arbeitspaketen. Dazu gibt es die Möglichkeit auf Verknüpfungen von Arbeitspaketen einen Versatz anzugeben, der auch negativ sein kann. Konkret könnte das bedeuten, dass mit dem Paket »Implementierung« schon eine Woche vor Fertigstellung des Pakets »IT-Konzept« begonnen wird. (In der Realität ist man ja schon zufrieden wenn das IT-Konzept nicht erst nach der Implementierung entsteht, aber das ist ein anderes Thema.) Dazu ändert man die Verknüpfung der beiden Pakete von »EA« (Abkürzung für »Ende-Anfang-Beziehung«) einfach auf »EA – 2 Tage«. Nebenbei bemerkt führt diese Überlappung nun dazu, dass anschließend auch das Paket »Testfälle erstellen« Teil des kritischen Pfads wird (der im Übrigen gar kein Pfad im graphentheoretischen Sinne ist, sondern ein gerichteter azyklischer Graph, wie an diesem Beispiel deutlich sichtbar).

Oft ist es tatsächlich möglich mit ersten Ergebnissen des vorangegangenen Arbeitspakets das nächste zu starten. Natürlich nur sofern es sich wenigstens teilweise um verschiedene Ressourcen handelt.
Noch mehr?
Ist die Lücke zwischen Wunsch und Realität allerdings größer und nicht durch solche Überlappungen im Kleinen zu korrigieren, sind schwerere Eingriffe notwendig. Im Prinzip gibt es dazu zwei Möglichkeiten die Dauer der Pakete auf dem kritischen Pfad zu verändern: erstens, Kapazität erhöhen und zweitens, Leistungsumfang reduzieren. Ob mehr Kapazität wirklich hilfreich ist, hängt stark vom jeweiligen Arbeitspaket ab und sollte kritisch betrachtet werden, gerade dann, wenn man ohnehin schon in Verzug geraten ist.
Adding manpower to a late software project makes it later.
Brook’s Law
Leistungsumfang reduzieren hingegen stößt immer auf wenig Gegenliebe beim Auftraggeber oder bei anderen Stakeholdern. Diesen Konflikt muss man als Projektleiter aushalten und sogar frühzeitig suchen. Wenn es ein Problem mit dem Wunschtermin gibt (und das gibt es immer), dann wird dieser Konflikt früher oder später zu Tage treten. Die Frage ist nur wann und mit welchen Konsequenzen. In der Planungsphase aber haben Projektleiter und Auftraggeber noch viel mehr Handlungsoptionen, weshalb Lücken zwischen Wunsch und realistischem Plan genau in dieser Phase thematisiert werden müssen. Je weiter das Projekt fortschreitet, desto weniger Optionen bleiben. Der anfangs durch Zweckoptimismus beschwichtigte Auftraggeber wird sich am Ende über Verzögerungen und schlechte Qualität ärgern und den Projektleiter, zu Recht, unzuverlässig nennen. Lieber anfangs konfrontativ mit verlässlichen Terminen als anfangs zu lieb und am Ende unzuverlässig.
Fazit
Während die bisherigen Teile der Serie eher technischer Natur waren und den richtigen Umgang mit der Ablaufplanung zum Ziel hatten, fordert die Optimierung des Plans nun die Führungsfähigkeit und Kreativität des Projektleiters. Insbesondere deswegen, weil es nun die Lücke zwischen vernünftigem Plan und utopischem Wunsch deutlich sichtbar wird. Wer nun die Konfrontation scheut und übermäßig optimistisch plant handelt unverantwortlich und wenig erwachsen.
Bisher erschienene Teile der Serie »Projektplanung 101«
- Arbeitspakete richtig schneiden
- Verknüpfungen setzen
- Ressourcen zuteilen
- Meilensteine setzen
- Fortschritt messen
- Plan optimieren (dieser Artikel)
- Exkurs: Shu-Ha-Ri
PS. Die Bilder dieses Artikels wurden mit Merlin erstellt. Ich kann Merlin allen Mac-Nutzern nur wärmstens empfehlen.
Bildnachweis: Das Artikelbild wurde von Kai Schreiber unter dem Titel „squeeze tight“ auf Flickr unter einer Creative Commons Lizenz (CC BY-SA 2.0) veröffentlicht.