Arbeitspakete sind die atomaren Bausteine eines Projektplans und die richtige Wahl hinsichtlich Größe und Inhalt hat große Auswirkung auf die Handhabbarkeit des Planes. Arbeitspakete alleine definieren allerdings nur die Struktur des Projekts, den Leistungsumfang, sie machen aber noch keine Aussage über den Ablauf des Projekts. Erst durch die logisch richtigen Verknüpfungen der Arbeitspakete, ihre Beziehungen zueinander, entsteht ein Ablaufplan, der in seiner Verkörperung als Gantt-Diagramm der Inbegriff eines Projektplans ist.
Methodische Fehler
»Das Ergebnis seh‘ ich wohl, allein mir fehlt Methode!«, möchte man frei nach Goethes Faust beim Anblick so manches Projektplans ausrufen. Oft hat der Planende eine mehr oder weniger konkrete Vorstellung des Ablaufs und weiß beispielsweise, dass ein Arbeitspaket B erst nach dem Arbeitspaket A beginnen kann. In Ermanglung der richtigen Methode wird dann aber einfach Arbeitspaket B so weit auf der Zeitachse verschoben, bis es passt.
Das unterstützen die gängigen Projektplanungswerkzeuge auch alle, allerdings ist die damit ausgedrückte Bedeutung eine vollkommen andere: Arbeitspaket B hat dadurch einen festen frühesten Startzeitpunkt bekommen! Aus der Information »Arbeitspaket B kann erst nach Arbeitspaket A starten« wurde so »Arbeitspaket B startet frühestens am 8.3.2013«. Mit dieser Vorgehensweise lassen sich wunderschöne Pläne ohne die ganzen störenden Pfeile basteln, zu mehr als einem schönen Bildschirmfoto für eine Präsentation zu Projektstart taugen derart misshandelte Pläne allerdings nicht.
Abhängigkeiten explizit machen
Die methodisch saubere Vorgehensweise, um von einer gegliederten Liste von Arbeitspaketen zu dem ersehnten Gantt-Diagramm zu gelangen, erfordert das Verknüpfen von Arbeitspaketen. Mit einer solchen Verknüpfung werden logische Abhängigkeiten definiert und explizit dokumentiert. Es ergeben sich prinzipiell die folgenden vier Möglichkeiten zwei Arbeitspakete miteinander zu verknüpfen.
Normalfolge oder Ende-Anfang-Beziehung (EA)
Logische Bedeutung: Wenn A endet, startet B.
Der Klassiker schlechthin. Ein Großteil der Beziehungen in einem Projektplan fallen in diese Kategorie.
Endefolge oder Ende-Ende-Beziehung (EE)
Logische Bedeutung: Wenn A endet, dann endet auch B.
Obwohl es auf den ersten Blick so aussehen mag, ist die Aussage nicht gleichbedeutend mit »A und B enden gleichzeitig.« Diese Beziehung ist nicht symmetrisch. Wenn sich A verzögert, dann wird sich auch das Ende von B verzögern, aber wenn sich B verzögert, kann A trotzdem schon beendet werden. Als Beispiel nehmen wir für einen Moment an, dass A und B beide 5 Tage Dauer haben. Verlängert man nun A um einen Tag ergibt sich das folgende Bild.
Das Ende von B verschiebt sich also automatisch mit. Wohingegen bei einer Verlängerung von B um einen Tag nicht auf das Ende von A auswirkt.
Anfangsfolge oder Anfang-Anfang-Beziehung (AA)
Logische Bedeutung: Wenn A beginnt, dann beginnt auch B.
Wie bei der Endfolge ist auch das nicht gleichbedeutend mit »A und B beginnen gleichzeitig.« B beginnt hier immer mit A zusammen, aber A kann vor B starten, falls sich B verzögert. Startet A in obigem Beispiel einen Tag später verschiebt dies auch B.
Umgekehrt verschiebt aber ein Tag späterer Start von B nicht den Start von A.
Sprungfolge oder Anfang-Ende-Beziehung (AE)
Logische Bedeutung: Wenn A beginnt, endet B.
Klingt komisch, findet aber tatsächlich in seltenen Fällen Anwendung. Wenn beispielsweise ein neues Backup-System eingeführt wird, dann endet der Betrieb des alten (B), wenn der des neuen gestartet wurde (A).
Vollständigkeit
Dennoch werden diese Abhängigkeiten oder Beziehungen oft nur unvollständig erfasst. Nämlich nur solange bis der Plan in etwa so aussieht, wie man es sich vorgestellt hatte. Das ist zwar schon ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem eingangs beschriebenen brutalen Verschieben von Arbeitspaketen, birgt aber trotzdem noch Gefahren. Im folgenden Beispiel scheint es auf den ersten Blick unnötig, neben der EA-Beziehung zwischen A und C auch noch die EA-Beziehung zwischen B und C zu ziehen (natürlich nur wenn diese sich auch inhaltlich rechtfertigen lässt). Schließlich ändert diese ja nichts an dem Ablauf. Noch nicht, denn sobald sich B verschiebt oder verlängert, würde sich an dem Ablauf etwas ändern, was man aber ohne diese Beziehung übersehen wird. Darüber hinaus leistet die explizit beschriebene Beziehung einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Zusammenhänge im Projekt.
Fazit
Erst die logisch richtigen Beziehungen zwischen den Arbeitspaketen ergeben den Ablaufplan. Jedenfalls in einem ersten Entwurf, den es dann zu optimieren gilt. Die Mächtigkeit von gängiger Planungssoftware und der Druck schnell Mal einen Plan zu machen, verleiten allerdings oft zu Abkürzungen, die sich im weiteren Projektverlauf rächen. Wer zeitliche Einschränkungen missbraucht, um Arbeitspakte nach Belieben zu verschieben oder wer Abhängigkeiten unlogisch oder unvollständig nutzt, wird mit erhöhtem Aufwand bei der Aktualisierung des Planes bestraft.
Bisher erschienene Teile der Serie »Projektplanung 101«
- Arbeitspakete richtig schneiden
- Verknüpfungen setzen (dieser Artikel)
- Ressourcen zuteilen
- Meilensteine setzen
- Fortschritt messen
- Plan optimieren
- Exkurs: Shu-Ha-Ri
PS. Die Bilder dieses Artikels wurden mit Merlin erstellt. Ich kann Merlin allen Mac-Nutzern nur wärmstens empfehlen.
Bildnachweis: Das Artikelbild wurde von Lali Masriera unter dem Titel „field music:I’m tired“ auf Flickr unter einer Creative Commons Lizenz (CC BY 2.0) veröffentlicht.
2 Kommentare
Charmant erklärt und visualisiert.
(Die PMP Zertifizierungsprüfung würden Sie auf jeden Fall mit links und rechts bestehen. In der Prüfung wird u.a. dieses Wissen abgefragt. Aber Sie brauchen keinen PMP Titel, um Ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen. !Ende der Lobhudelei.! ;)
Vielen Dank für Ihr Lob. Tatsächlich ist dieses Wissen auch Bestandteil der IPMA Level D Prüfung (die ich auch irgendwann Mal bestanden habe). Nur das Wissen allein ergibt noch keinen brauchbaren und handhabbaren Projektplan, da braucht es noch ganz viel Erfahrung. Trotzdem schadet es nicht sich von Zeit zu Zeit dieses Grundlagenwissen Mal wieder vor Augen zu führen. Bei mir passiert das immer wenn ich es jemand erklären muss, für eine Schulung etwa oder einem neuen Mitarbeiter. Da ich primär in der erfahrenen Anwendung den Wert erkenne, teile ich das Wissen hier aber eben auch gerne.