Drei Merkmale eines attraktiven IT-Dienstleisters

Eigent­lich ist ja alles ganz ein­fach. Als IT-Dienst­leis­ter geht es dar­um Exper­ten mög­lichst höchst­bie­tend, risi­ko­arm und dau­er­haft an sei­ne Kun­den zu ver­kau­fen. Kein Wun­der, dass die Mit­ar­bei­ter dann oft mehr Bezie­hung zum Kun­den auf­bau­en als zum eige­nen Unter­neh­men. Der Wech­sel zum Kun­den oder, für die muti­ge­ren Kol­le­gen, in eine frei­be­ruf­li­che Tätig­keit ist nur eine Fra­ge der Zeit, hin­aus­ge­zö­gert nur durch ent­spre­chen­des Schmer­zens­geld. Muss das immer so sein? Ich mei­ne nicht. Auf dem PM-Camp Stutt­gart 2014 habe ich daher in mei­ner Ses­si­on die Fra­ge gestellt, was einen für die Mit­ar­bei­ter attrak­ti­ven IT-Dienst­leis­ter aus­macht Aus dem voll­stän­dig auf openPM doku­men­tier­ten Brain­stor­ming der Ses­si­on habe ich drei Merk­ma­le eines attrak­ti­ven IT-Dienst­leis­ter erkannt: Sicher­heit und Plan­bar­keit, Pro­jek­te und Auf­ga­ben, Hei­mat und Austausch.

Sicherheit und Planbarkeit

Das Argu­ment Sicher­heit im Sin­ne eines regel­mä­ßi­gen Ein­kom­men ist nicht von der Hand zu wei­sen. Zur Dif­fe­ren­zie­rung eig­net es sich zunächst aber eher schlecht, weil es allen IT-Dienst­leis­tern mehr oder weni­ger gemein­sam ist. Die einen sind grö­ßer und bie­ten schein­bar mehr Sicher­heit, die ande­ren sind klei­ner mit weni­ger Sicher­heit, aber alle bie­ten in der Regel unbe­fris­te­te Fest­an­stel­lun­gen. Alles in allem scheint Sicher­heit und Plan­bar­keit daher eher eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le zu spie­len. Jeden­falls in der IT-Bran­che, wo seit Jah­ren über einen Man­gel an Fach­kräf­ten geklagt wird.

Die Gewiss­heit eines monat­li­chen Zah­lungs­ein­gangs gibt selbst­ver­ständ­lich mehr Plan­bar­keit als bei einer frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit mit extrem schwan­ken­den Zah­lun­gen. Dafür dass das Unter­neh­men nun die­ses Risi­ko abfe­dert sind die Mit­ar­bei­ter auch bereit eine gewis­se Dif­fe­renz zwi­schen ihrem Tages­lohn und ihrem beim Kun­den erziel­ba­ren Tages­satz hin­zu­neh­men. Sei­en Sie ver­si­chert: Auch wenn Sie sonst Ihren Mit­ar­bei­tern kei­ner­lei kauf­män­ni­sche Kom­pe­tenz zutrau­en, die­se Rech­nung kön­nen alle.

Die­se Lücke zwi­schen eige­nem Umsatz und den eige­nen Kos­ten als Mit­ar­bei­ter muss aber erklär­bar sein mit im Unter­neh­men gemein­sam getra­ge­nen Risi­ken oder mit hilf­rei­chen(!) inter­nen Dienst­leis­tun­gen wie Buch­hal­tung, Fak­tu­ra, Mahn­we­sen, Rechts­be­ra­tung, usw. Ist das nicht der Fall, füh­len sich Mit­ar­bei­ter völ­lig zurecht aus­ge­nutzt. Die­ser laten­te Vor­wurf der Aus­beu­tung der Mit­ar­bei­ter ist zwar so alt wie die Indus­trie­ge­sell­schaft, im Fal­le eines Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­mens kann er aber viel leich­ter von jedem Mit­ar­bei­ter mit Zah­len unter­mau­ert werden.

Um in in die­ser Kate­go­rie also rich­tig schlecht abzu­schnei­den, las­sen Sie die Mit­ar­bei­ter an Ihrem unter­neh­me­ri­schen Risi­ko teil­ha­ben: Zah­len Sie mög­lichst gerin­ge fes­te Gehäl­ter und ent­spre­chen­de erfolgs­ab­hän­gi­ge Zuschlä­ge. Aber bit­te nicht zu viel, so dass immer noch eine nicht erklär­ba­re Lücke zwi­schen dem Umsatz des Mit­ar­bei­ters und sei­nen Kos­ten ent­steht, die Sie als Chef mit dem obe­ren Manage­ment geeig­net verprassen.

Projekte und Aufgaben

Mehr Gewicht als die Sicher­heit und Plan­bar­keit haben defi­ni­tiv reiz­vol­le Pro­jek­te und Auf­ga­ben. Exper­ten wol­len ihr Kön­nen immer wie­der unter Beweis stel­len und ihre Fer­tig­kei­ten durch neue Her­aus­for­de­run­gen per­ma­nent erwei­tern. Die­ses Stre­ben nach Vor­treff­lich­keit, ist ein ganz wesent­li­cher Fak­tor mensch­li­cher Moti­va­ti­on.

Ten­den­zi­ell ist die Chan­ce die eige­ne Fer­tig­kei­ten meis­ter­haft ein­set­zen und aus­bau­en zu kön­nen als Ange­stell­ter eines IT-Dienst­leis­ters ein­fach grö­ßer. Die gro­ßen und span­nen­den Pro­jek­te wer­den in der Regel an einen oder meh­re­re gro­ße Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men ver­ge­ben, wel­che die Auf­ga­ben dann mit ihren eige­nen Mit­ar­bei­tern beset­zen. Frei­be­ruf­lich täti­ge Exper­ten sind dabei meist nur Lückenfüller.

Rich­tig gut machen Sie es also, wenn Sie für genü­gend span­nen­de und her­aus­for­dern­de Pro­jek­te sor­gen. Pro­jek­te in denen die Mit­ar­bei­ter ihre Fer­tig­kei­ten nicht nur ein­set­zen son­dern auch ent­wi­ckeln kön­nen. Und rich­tig schlecht läuft es, wenn Sie die Pro­jek­te belie­big nur um der Aus­las­tung wil­len anneh­men und den Mit­ar­bei­tern zutei­len. Das unter­gräbt dann näm­lich nicht nur den Moti­va­ti­ons­fak­tor Vor­treff­lich­keit, son­dern auch gleich noch die ande­ren bei­den, näm­lich Selbst­be­stimmt­heit und Sinn.

Heimat und Austausch

Mit Abstand das wich­tigs­te Merk­mal eines attrak­ti­ven IT-Dienst­leis­ters aber ist die Fähig­keit den Mit­ar­bei­tern eine sozia­le Hei­mat zu bie­ten, in der ein Aus­tausch auf Augen­hö­he und ein Ler­nen von- und mit­ein­an­der ermög­licht und geför­dert wird. Und das trotz der ver­streu­ten Arbeits­wei­se der Mit­ar­bei­ter. Oder bes­ser gesagt: genau wegen die­ser Arbeits­wei­se. Wenn man fünf Tage die Woche sich täg­lich im Büro sei­ner Abtei­lung sieht und zusam­men arbei­tet ent­steht viel leich­ter ein Gefühl der Zusam­men­ge­hö­rig­keit wie bei der übli­chen Arbeit als Bera­ter, der in vier Tagen beim Kun­den sei­ne 40 fak­tu­rier­ba­ren Stun­den arbei­tet und dann noch einen hal­ben Tag im Home­of­fice sei­ne admi­nis­tra­ti­ven Arbei­ten erledigt.

Ein ent­schei­den­der Mehr­wert eines attrak­ti­ven IT-Dienst­leis­ters sind die zahl­rei­chen Top-Exper­ten mit denen man sich aus­tau­schen kann und von denen man schnel­ler und ein­fa­cher ler­nen kann, als das allei­ne in einer frei­be­ruf­li­chen Tätig­keit mög­lich wäre. Gera­de dafür ist eine Kul­tur wich­tig, die auf Koope­ra­ti­on und gegen­sei­ti­ger Hil­fe beruht. Men­schen die schon die gan­ze Woche im Visier des Kun­den ste­hen und dort teil­wei­se schwe­re Kämp­fe aus­hal­ten müs­sen, wol­len im eige­nen Unter­neh­men eine för­der­li­che Feh­ler­kul­tur und einen unge­schmink­ten Aus­tausch auf Augen­hö­he. Übri­gens beschreibt die Ärz­tin Mar­ti­na Lei­bo­vici-Mühl­ber­ger in ihrem Buch „Die Burn­out-Lüge” genau den Ver­lust die­ses sozia­len Zusam­men­halt in unse­rer auf Kon­kur­renz und per­sön­li­chem Gewinn geeich­ten und als Resul­tat zutiefst nar­ziss­ti­schen Gesell­schaft als eine wesent­li­che Trieb­fe­der für das sys­te­ma­ti­sche Ausbrennen.

Wenn Sie in die­ser Dimen­si­on rich­tig schlecht abschnei­den wol­len, sor­gen Sie ein­fach dafür, dass nur die Aus­las­tung im Sin­ne fak­tu­rier­ba­rer Stun­den zählt und weder Aus­tausch noch Gemein­schaft oder Kooper­ar­ti­on irgend­ei­nen Wert im Unter­neh­men bekommt. Ganz wich­tig: Kon­kur­renz erzeu­gen zwi­schen den Mit­ar­bei­tern, bei­spiels­wei­se indem der Mit­ar­bei­ter mit der höchs­ten Aus­las­tung hohe Bonus­zah­lun­gen oder Luxus­ur­lau­be erhält (die er oder sie dann auch drin­gend braucht).

Arti­kel­bild: Gayle Nichol­son bei flickr.com (CC BY-SA 2.0)

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

2 Kommentare

Ja, das ist nach­voll­zieh­bar und sicher zuträglicher.

Ich habe den Arti­kel wie folgt noch­mals refe­ren­ziert, OK?
http://wirdemo.buergerstimme.com/2014/06/leih-experten-brauchen-heimat-und-austausch/

VG Mar­tin

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