Den regelmäßigen Lesern wird nicht verborgen geblieben sein, dass sich der Untertitel meines Blogs kürzlich geändert hat. Im neuen Titel „Zusammenarbeit gestalten auf Augenhöhe“ drückt sich kurz und knapp aus, was für mich modernes Projektmanagement und gute Führung ausmacht und wie ich meine Rolle als Projektmanager und Führungskraft begreife. Die zwei Teile dieses Untertitels will ich kurz ein wenig genauer betrachten: „Zusammenarbeit gestalten“ als mein Verständnis der Führungsaufgabe und „auf Augenhöhe“ als die Art und Weise dieser Gestaltung.
Führung bedeutet Gestaltung. Meine Aufgabe als Führungskraft, und dazu zähle ich auch und gerade das Führen von Projekten, ist es, dafür zu sorgen, dass Menschen eine Aufgabe bestmöglich gemeinsam bewältigen können. Es geht mir nicht darum, Arbeit im Sinne tayloristischen Managements zu zerteilen und zu verteilen, sondern darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die gemeinsame Aufgabe im Team erfolgreich und möglichst selbstorganisiert bearbeitet werden kann. Am besten drückt sich dieses Verständnis der dienenden und gestaltenden Führung in dem mittlerweile über zweieinhalb Jahrtausende alten Zitat von Lao Tse aus:
Der beste Führer ist der, dessen Existenz gar nicht bemerkt wird, der zweitbeste der, welcher geehrt und gepriesen wird, der nächstbeste der, den man fürchtet und der schlechteste der, den man hasst. Wenn die Arbeit des besten Führers getan ist, sagen die Leute: »Das haben wir selbst getan«.
Lao Tse
Führung von Menschen kann in unserem Zeitalter der Wissensarbeit meiner Meinung nach nur noch in der respektvollen Begegnung auf Augenhöhe gelingen. Das ist eine grundlegende Frage der eigenen Haltung und des eigenen Menschenbilds. Ich bin der festen Überzeugung, dass Menschen grundsätzlich leistungsbereit, motiviert und kreativ sind, wenn man sie nur lässt. Das hat viel mit Transparenz im Gegensatz zu Herrschaftswissen zu tun, genauso wie mit einem konstruktiven Umgang mit Fehlern und Scheitern.
There is a belief in the company that if you don’t fail often enough, you’re not trying hard enough.Gopi Kallayil, Chief Evangelist bei Google
Wenn mir Menschen begegnen, die anscheinend genaue Anweisungen brauchen, ist das immer ein Problem der Sozialisation in der jeweiligen Organisation. Die Menschen stellen sich einfach auf die Umgebung ein. Wenn diese Umgebung Absicherung und Abgrenzung verlangt, in der Regel weil es keinen förderlichen Umgang mit Fehlern gibt, dann verlangen die Menschen nach klaren Anweisungen und sind anscheinend nicht bereit Verantwortung zu übernehmen. Nicht weil sie das prinzipiell nicht können oder wollen, sondern weil sich dieses Verhalten in ihrer Umgebung bewährt hat und belohnt wird. Ob in einer solchen Organisation dann beispielsweise im Projekt eine Führung auf Augenhöhe möglich ist, quasi als richtiges Leben im falschen, ist fraglich, aber muss letztlich der Versuch zeigen.
In diesem Sinne wünsche ich mir mehr Gestaltung auf Augenhöhe überall wo Menschen zusammenarbeiten, denn Verwaltung und Kontrollzwang haben wir schon im Übermaß. Ich wünsche mir mehr Führung und mehr dienende Führung, denn heldenhafte Verwalter haben wir schon zu viele. Und ich wünsche mir mehr Transparenz, Mitsprache und Autonomie für den einzelnen, denn die Kreativitätsapartheid des Taylorismus ist kein zukunftsfähiges Konzept mehr.