Wer Organisationen als Maschinen betrachtet und Menschen wie Rädchen darin behandelt, darf sich über Dienst nach Vorschrift nicht beklagen. Mehr als möglichst fehlerfreies Funktionieren ist unter diesen Umständen gar nicht zu erwarten. Wo Menschen als Ressourcen und Mittel eingesetzt werden, verhalten sie sich auch so. Ihre individuellen Potentiale entfalten die Menschen dann in ihrer Freizeit – oder bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück. Führung kann hier einen für alle Seiten entscheidenden Unterschied machen. Darum lautet die erste These des Manifests für menschliche Führung: „Entfaltung menschlichen Potentials mehr als Einsatz menschlicher Ressourcen.“
Ohne Menschen keine Wirtschaft. Folglich ist der Mensch immer Zweck und die Wirtschaft nur Mittel – und nicht umgekehrt.
Götz W. Werner
Selbstverständlich geht es in Organisationen um die menschliche Arbeitskraft. Körperliche und geistige Arbeitskraft effektiv und effizient einzusetzen ist auch und immer noch ein Wert. Darum steht ganz am Ende des Manifestes für menschliche Führung auch die Erklärung: „Das heißt, dass auch die Werte unten wichtig sind, wir aber die hervorgehobenen Werte oben höher einschätzen.“ Dieses professionelle Management von Arbeitskraft sorgte im 20. Jahrhundert für einen enormen Zuwachs an Produktivität bei manuellen Tätigkeiten. Insofern hat es auch einen Wert.
The most important, and indeed the truly unique, contribution of management in the 20th Century was the fifty-fold increase in the productivity of the manual worker in manufacturing. […] The most important contribution of management in the 21st century will be to increase knowledge worker productivity – hopefully by the same percentage. […] The methods, however, are totally different from those that increased the productivity of manual workers.
Peter F. Drucker. Management Challenges for the 21st Century. HarperBusiness, 1999.
Nur reicht es heut nicht mehr, menschliche Arbeitskraft zu verwalten. Sowohl die Menschen als auch die Tätigkeiten haben sich in den letzten 50 Jahren massiv verändert. Manuelle Arbeit wurde und wird immer mehr automatisiert, entsprechend steigt der Anteil an Wissensarbeit stetig. Und die Menschen sind nicht mehr ungelernte oder gering qualifizierte Arbeitskräfte, sondern immer mehr bestens ausgebildete Wissensarbeiter. Auch deren Arbeitskraft muss effektiv eingesetzt werden, aber die einzigen die darüber entscheiden können und sollten sind die Wissensarbeiter selbst.
Even if employed full-time, fewer and fewer people are „subordinates“ — even in fairly low-level jobs. Increasingly they are „knowledge workers.“ And knowledge workers are not subordinates; they are „associates.“ For, once beyond the apprentice stage, knowledge workers must know more about their job than their boss does — or else they are no good at all.
Peter F. Drucker, Management’s New Paradigm, 1998
Aus Management wird also in diesem Sinne Selbstorganisation. Umso wichtiger wird Führung zur Selbstführung. Aufgabe von Führung ist es nicht länger genormtes menschliches Arbeitsmaterial gewinnbringend einzusetzen, sondern wie ein Gärtner ein Ökosystem zu schaffen und zu erhalten, in dem die Menschen ihr individuelles Potential entfalten und im Sinne des Zwecks der Organisation einsetzen können. „Führung ist Dienstleistung – und kein Privileg. Die Dienstleistung für den Mitarbeiter besteht darin, ihm die Möglichkeiten zu bieten, sich selbst zu entwickeln.“ Diese Devise von Bodo Janssen zeigte bei Upstalsboom durchschlagenden Erfolg bei der Mitarbeiterzufriedenheit (plus 80%) oder der Krankheitsquote (von 8% auf 3%) aber auch unter dem Strich mit einer Verdopplung der Umsätze innerhalb von drei Jahren bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität (Quelle: Upstalsboom). Wertschöpfung durch Wertschätzung.
One does not manage people — the task is to lead people. And the goal is to make productive the specific strengths and knowledge of each individual.
Peter F. Drucker