Wie bei jedem anderen Handwerk macht auch beim Schreiben die Übung den Meister. Daher versuche ich jeden Tag zu schreiben. Das klappt an manchen Tagen besser als an anderen. Nicht jeder Tag ist gleich gut. Allein schon, weil nicht jede Nacht gleich gut ist. Auch wenn unsere drei Kinder mittlerweile meistens gut durchschlafen, habe ich doch über die letzten zehn Jahre die negativen Auswirkungen von Schlafmangel intensiv genug erlebt.
Ich habe über die Jahre aber auch gelernt, dass es gar nicht so sehr darauf ankommt, dass die Nächte und Tage optimal sind. Das wird ohnehin viel zu selten der Fall sein, um damit irgendetwas Sinnvolles zu erreichen. Anstatt auf optimale Bedingungen zu warten, ist es langfristig viel entscheidender trotzdem jeden Tag sein Bestes zu geben.
Darum schreibe ich jeden Tag. Mal mehr, mal besser, mal weniger und auch mal schlechter. Und manchmal überarbeite ich auch nur einen Entwurf. Aber auch an einem „schlechten“ Tag ist etwas entstanden oder besser geworden. Und der Tag wurde erfolgreich. Trotzdem.
Wer auf perfekte Tage hofft, wird schell verbittert und nachtragend werden. Die Umstände und die Mitmenschen behindern schließlich die Entfaltung der eigenen Genialität. Wer hingegen jedem noch so schlechten Tag einen noch so kleinen Erfolg abringen kann, wird zufriedener sein. Kurzfristig und langfristig, weil gerade die beständige Disziplin auf lange Sicht zu beeindruckenden Ergebnissen führen wird.
Aber der größte Verlust an Leben ist das Aufschieben: es entreißt uns einen Tag nach dem anderen, es bringt uns um das Gegenwärtige, indem es Entferntes verspricht. Das größte Hindernis für das Leben ist die Erwartung, die am Morgen hängt und das Heute vertut.
Seneca
Für mich folgt diese Haltung, trotzdem jeden Tag sein Bestes zu geben, direkt aus dem zentralen Prinzip des Stoizismus, sich bewusst auf das zu konzentrieren, was wir wirklich beeinflussen können. Und den Rest zu ignorieren. Es liegt nicht in meiner Macht, wie gut die Kinder schlafen. Genauso wenig wie ich Herr darüber bin, ob ich krank werde oder mich nicht fit fühle. Die hohe stoische Kunst ist es, die Aufmerksamkeit weg von dem zu lenken, was fehlt oder nicht optimal ist, und sich auf das zu konzentrieren, was trotzdem möglich ist.
2 Kommentare
Danke für Mutmacher, einfach dran zu bleiben und weiter zu machen! Und Dein Beitrag passt perfekt zum heutigen Text im täglichen Stoiker von Ryan Holiday ;-)
Sehr gerne, Thomas. Das ist wirklich Zufall. Und eine gute Erinnerung, dass ich den Newsletter wieder abonnieren muss.