In „Verwalten Sie noch oder führen Sie schon“ habe ich mich viel mit dem beschäftigt, was Management und Führung unterscheidet. Meine Absicht war es aber nicht, beide Aufgaben sauber voneinander zu trennen. Das ist weder möglich noch sinnvoll: Führung und Management müssen sich ergänzen. Eine treffende Analogie findet sich bei Peter F. Drucker:
That’s like saying that the fingering hand and the bow hand of the violinist are „adversaries“ (…). Both are always needed and at the same time.[1. S.21f in Management Rev Ed.]
Führung und Management wirken nur im ausgewogenen Verhältnis. Welches Verhältnis gerade sinnvoll ist, hängt vom Vorhaben, von der Organisationeinheit und nicht zuletzt von den Menschen ab.[4. IT-Projekte beispielsweise sind in der Regel „overmanaged“ und „underled“; Hoffnung macht immerhin die die Tendenz zu agilen Vorgehensweise wie Scrum; vgl. „Von Taylorismus zu Scrum“.]
Führung und Management lassen sich nicht trennen. Ihre gemeinsame Aufgabe ist es, die Fähigkeiten und das Wissen von hochspezialisierten Menschen kontrolliert und zielgerichtet zur Anwendung zu bringen, die individuellen Stärken zu nutzen und die individuellen Schwächen auszugleichen. Wie bei einem Orchester, führt das zu Ergebnissen, die für den Einzelnen – egal wie fähig und ausgebildet – niemals erreichbar wären. Viele Tätigkeiten und viele Berufsbilder machen sogar nur noch in einem größeren Kontext Sinn: Buchhaltung zum Selbstzweck ist wenig spannend, aber als Teil eines Unternehmens äußerst sinnvoll.
Das Ergebnis von Management ohne Führung hat niemand besser auf den Punkt gebracht als Tom deMarco:
Haben uns verirrt, kommen aber gut voran![2. Teil II in Spielräume. Projektmanagement jenseits von Burn-out, Stress und Effizienzwahn.]
Wer kennt das nicht? Betriebsamkeit, operative Hektik, möglicherweise sogar hocheffizient, aber auch höchst gefährlich, wenn man die Orientierung verloren hat. Führung gibt Orientierung, behält die Ziele im Auge, stellt den Status quo in Frage, erneuert und korrigiert.
Andererseits: Führung ohne Management ist kraftlos. Ohne Management verpufft die Kraft des Einzelnen in der Reibungshitze eines schlecht geschmierten Getriebes. Die Vision mag überzeugend sein, die Mitarbeiter grandiose Spezialisten und die Marktsituation vielversprechend, fehlt das richtige Maß an Management, scheitert das Vorhaben.
Ob es nun besser ist, das richtige Ziel zu verfehlen, oder das falsche Ziel zu treffen, sei dahingestellt. Zu Ergebnissen führt beides nicht. Demotivierend aber wirkt beides auf die Menschen, schließlich war ihr Einsatz umsonst und ihre Fähigkeiten vergeudet. Das zu verhindern und dafür zu sorgen, dass Menschen wirksam werden, ist die gemeinsame Aufgabe und Verantwortung von Führung und Management.
Not to innovate is the single largest reason for the decline of existing organizations. Not to know how to manage is the single largest reason for the failure of new ventures.[2. S. 22 in Management Rev Ed.]
PS. Foto veröffentlicht auf Flickr von topastrodfogna (Bestimmte Rechte vorbehalten)