Agiles Projektmanagement: Ein Glücksfall

Oft wird recht dog­ma­tisch ein prin­zi­pi­el­ler Wider­spruch zwi­schen agi­lem Vor­ge­hen und klas­si­schem Pro­jekt­ma­nage­ment pos­tu­liert. Bei allen Unter­schie­den der bei­den Wel­ten, bin ich der fes­ten Über­zeu­gung, dass sich bei­des nicht nur ver­trägt, son­dern sogar sehr gut ergänzt.

Pro­jekt­ma­nage­ment umfass­te immer schon zwei Ebe­nen: Die ope­ra­ti­ve Ebe­ne der Pla­nung und Steue­rung, aber eben auch die sys­te­mi­sche Ebe­ne der Füh­rung und Gestal­tung. Zu wel­chen Antei­len die­se bei­den Ebe­nen einer­seits gelehrt und zer­ti­fi­ziert und ande­rer­seits ange­wen­det und gelebt wer­den, steht auf einem ande­ren Blatt, aber prin­zi­pi­ell fin­det Pro­jekt­ma­nage­ment auf die­sen bei­den Ebe­nen statt.

Manage­ment works in the sys­tem; Lea­der­ship works on the system.
Ste­ven R. Covey

Ten­den­zi­ell ist es in mei­ner Wahr­neh­mung so, dass klas­si­sches Pro­jekt­ma­nage­ment den Schwer­punkt eher auf die ope­ra­ti­ve Ebe­ne legt, indem bei­spiels­wei­se die Ablauf­pla­nung und Netz­plan­tech­nik viel Raum in der Grund­aus­bil­dung ein­nimmt. Viel­leicht weil die­se ope­ra­ti­ve Ebe­ne einer Schu­lung und Zer­ti­fi­zie­rung viel eher zugäng­lich ist, als die Ebe­ne der Führung.

Auf der ope­ra­ti­ven Ebe­ne unter­schei­den sich agi­le Vor­ge­hens­wei­sen vom klas­si­schen Pro­jekt­ma­nage­ment, wor­in dann gern der ein­gangs erwähn­te Wider­spruch gese­hen wird. Zwar wird auch in Scrum wird geplant und gesteu­ert, sehr viel sogar, der Unter­schied liegt aber in der kon­kre­ten Umset­zung der Pla­nung und Steue­rung (vgl. Dekon­struk­ti­on des Pro­jekt­ma­nage­ments). Die­ser Unter­schied in der Metho­dik ist aber nicht der wesent­li­che. Viel ent­schei­den­der ist die Fra­ge nach der Ver­ant­wort­lich­keit. Hier ist es ten­den­zi­ell so, dass agi­le Vor­ge­hens­wei­sen auf Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on set­zen und die Ver­ant­wor­tung beim Team sehen, wäh­rend im klas­si­schen Pro­jekt­ma­nage­ment ein mehr oder weni­ger all­wis­sen­der, hel­den­haf­ter und tay­lo­ris­tisch gepräg­ter Pro­jekt­ma­na­ger die Ver­ant­wor­tung trägt (vgl. Post­in­dus­tri­el­les Pro­jekt­ma­nage­ment).

Betrach­tet man also aus­schließ­lich die ope­ra­ti­ve Ebe­ne, kann man tat­säch­lich argu­men­tie­ren, dass es dort kei­nen Pro­jekt­ma­na­ger im klas­si­schen Sin­ne mehr braucht. Das kann man als Wider­spruch sehen und sich viel­leicht sogar dadurch bedroht füh­len. Man kann es aber auch als Glücks­fall betrach­ten. End­lich bleibt näm­lich aus­rei­chend viel Zeit für die Ebe­ne der Füh­rung. Um es mit den Wor­ten mei­nes Bera­ter­kol­le­gen Olaf Hinz zu for­mu­lie­ren: Der Pro­jekt­ma­na­ger kann aus dem Maschi­nen­raum wie­der zurück­keh­ren auf die Brü­cke des Schiffs und dort sei­ne eigent­li­che Arbeit machen. Als Anre­gung zum Nach­den­ken über die­se Füh­rungs­ar­beit ver­wei­se ich ger­ne auf Kam­biz Poost­chi (via Ste­fan Hagen)

(Bild­nach­weis: Das Arti­kel­bild wur­de von keepingtime_ca unter dem Titel „Stee­ring“ auf Flickr unter einer Crea­ti­ve Com­mons Lizenz (CC BY-SA 2.0) ver­öf­fent­licht.)



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