Entwicklung von Mitarbeitern in Projekten

Wenn zuneh­mend in Pro­jek­ten und immer weni­ger in der Linie gear­bei­tet wird, fin­det auch die Wei­ter­ent­wick­lung von Mit­ar­bei­tern immer mehr im Kon­text von Pro­jek­ten statt. Der Pro­jekt­ein­satz ist dann auch eine Aus- und Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­me, die der Pro­jekt­lei­ter zusam­men mit dem Mit­ar­bei­ter und dem dis­zi­pli­na­risch Vor­ge­setz­ten bewusst pla­nen muss.

Mit­ar­bei­ter wer­den zuneh­mend selbst­be­wuss­ter, sie for­dern zu Recht Mög­lich­kei­ten sich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und sind bereit dafür auch den Arbeit­ge­ber zu wechseln:

Wie eine aktu­el­le Befra­gung im Rah­men des Kel­ly Glo­bal Work­force Index (KGWI) zeigt, ist ewig im glei­chen Unter­neh­men zu hocken, heu­te kein Zei­chen mehr von Qua­li­tät. Im Gegen­teil: 53 Pro­zent der Arbeit­neh­mer glau­ben, dass ein Arbeit­ge­ber­wech­sel für einen Kar­rie­re­sprung und aber auch für die eige­ne Wei­ter­ent­wick­lung wich­tig ist.

Quel­le: hei­se resa­le vom 11.10.2012

Nun ist die Pro­jekt­ar­beit einer­seits eine groß­ar­ti­ge Mög­lich­keit ohne einen Wech­sel des Arbeit­ge­bers sehr abwechs­lungs­reich zu arbei­ten. Pro­jek­te bie­ten also oft bes­se­re Chan­cen zur Wei­ter­ent­wick­lung als die Arbeit in der Linie. In man­chen Orga­ni­sa­tio­nen sind Pro­jek­te sogar die ein­zi­ge Mög­lich­keit, weil nur pro­jekt­be­zo­gen gear­bei­tet wird und kei­ne Arbeit in der Linie (außer admi­nis­tra­ti­ver Arbeit) statt­fin­det. Bes­te Bei­spie­le für die­se radi­ka­le Aus­rich­tung auf Pro­jek­te sind IT-Dienst­leis­ter und Beratungsunternehmen.

Ande­rer­seits kos­tet die Ent­wick­lung von Mit­ar­bei­tern Zeit und Geld. Bei­des ist in Pro­jek­ten knapp. Jeder Pro­jekt­lei­ter will Exper­ten, die sofort los­le­gen kön­nen. Aus­bil­dung und Wei­ter­ent­wick­lung von Mit­ar­bei­tern machen das Pro­jekt nur noch anstren­gen­der, ris­kan­ter und teu­rer. Hin­zu kommt, dass der Pro­jekt­lei­ter meist nicht der dis­zi­pli­na­risch Vor­ge­setz­te sei­ner Mit­ar­bei­ter ist. Mit­ar­bei­ter­ent­wick­lung ist also streng genom­men nicht die Auf­ga­be des Pro­jekt­lei­ters und ent­spre­chend feh­len die Kom­pe­ten­zen und die Ver­ant­wor­tung dafür.

Men­schen sind kei­ne Res­sour­cen, die pas­send auf die jewei­li­ge Rol­le im Pro­jekt gebucht wer­den. In vie­len Fäl­len ver­spre­chen sich Men­schen von ihrem, oft sehr for­dern­den, Ein­satz im Pro­jekt etwas (oder es wur­de ihnen etwas ver­spro­chen). Sie wol­len sich wei­ter­ent­wi­ckeln, haben Wün­sche und Träu­me, aber auch Befürch­tun­gen. Ein Pro­jekt­lei­ter tut gut dar­an, die­se Moti­va­ti­on der Mit­ar­bei­ter zu ken­nen und einen Aus­gleich zwi­schen den Inter­es­sen des Ein­zel­nen und denen des Pro­jekts zu schaf­fen. Nicht weil Mit­ar­bei­ter­ent­wick­lung sei­ne ori­gi­nä­re und pri­mä­re Auf­ga­be ist, son­dern weil es für den Pro­jekt­er­folg schlicht erfor­der­lich ist. Auch an die­ser Stel­le zeigt sich deut­lich, dass Pro­jekt­ma­nage­ment sehr viel mit Füh­rung zu tun hat (sie­he auch den Vor­trag zu post­in­dus­tri­el­lem Pro­jekt­ma­nage­ment).

Egal wie tol­le Chan­cen Pro­jek­te auch ermög­li­chen, in den meis­ten Fäl­len soll­te der Ein­satz im Pro­jekt nur ein Bau­stein der Mit­ar­bei­ter­ent­wick­lung sein. Ver­ant­wort­lich koor­di­niert mit dem Mit­ar­bei­ter muss die Kar­rie­re vom dis­zi­pli­na­risch Vor­ge­setz­ten. Wenn der Ein­satz im Pro­jekt auch den Aspekt der Wei­ter­ent­wick­lung eines Mit­ar­bei­ters hat, dann muss das mit dem Pro­jekt­lei­ter abge­stimmt und im Ein­zel­fall aus­ge­ar­bei­tet und ein­ge­plant wer­den. Der Ein­satz im Pro­jekt ist dann eine Aus­bil­dungs­maß­nah­me, für die es Bud­get und Zeit geben muss.

Meist läuft es aber lei­der so: Das Pro­jekt wird erst schon knapp mit Exper­ten­be­set­zung kal­ku­liert, dann in Ver­hand­lun­gen mit dem Kun­den rabat­tiert und schließ­lich aus Kos­ten­grün­den doch nicht mit den kal­ku­lier­ten Exper­ten besetzt, son­dern mit Mit­ar­bei­tern die sich per­spek­ti­visch dafür eig­nen, aber noch in die Rol­le hin­ein­wach­sen müs­sen. Kann man machen, aber bit­te nicht ein­fach so neben­bei, son­dern klar aus­ge­spro­chen, bewusst geplant und mit dem nöti­gen Bud­get ausgestattet.

Die Fra­ge ist also weni­ger, ob in Pro­jek­ten Mit­ar­bei­ter­ent­wick­lung statt­fin­det, son­dern viel­mehr wie das mög­lichst rei­bungs­los und fair pas­siert. Ich wür­de mich freu­en gemein­sam auf openPM die­se Fra­ge­stel­lung zu ver­tie­fen mit dem Ziel eine Best-Prac­ti­ce zu erarbeiten.

Bild­nach­weis: Das Arti­kel­bild wur­de von Pink Sher­bet Pho­to­gra­phy unter dem Titel „Child Ten­ding Bro­ken Baby Seed­ling free crea­ti­ve com­mons“ auf Flickr unter eine Crea­ti­ve Com­mons Lizenz (CC BY 2.0) ver­öf­fent­licht.



Share This Post

8 Kommentare

Danijela Grgic 27. Oktober 2012 Antworten

Gute Zusam­men­fas­sung. Lei­der fin­den wir den Fall, dass ein Mit­ar­bei­ter nur als Res­sour­ce gese­hen wird, immer noch zu häu­fig an. Die Fol­gen sind:
– das Pro­jekt läuft schlecht
– kein ech­tes Team-Fee­ling, jeder macht nur das wofür er dazu­ge­zo­gen wurde
– kei­ne Innovationen
– kei­ne Synergie-Effekte

Marcus Raitner 27. Oktober 2012 Antworten

Vie­len Dank. Die Aus­wir­kun­gen aus Unter­neh­mens­sicht sind lei­der noch viel schlim­mer: Hohe Fluktuation.

Olaf Hinz 27. Oktober 2012 Antworten

und manch­mal ist es noch schlim­mer: wenn „Lei­tung eines Pro­jek­tes“ inte­gra­ler Bestand­teil der Füh­rungs­kräf­te­ent­wick­lung ist. Da herrscht dann immer noch die Vor­stel­lung, dass Pro­jekt­füh­rung ein­fa­cher sei als Linienführung…

Marcus Raitner 27. Oktober 2012 Antworten

Dan­ke Olaf, den Aspekt hat­te ich ganz ver­ges­sen. Tat­säch­lich fin­det man das Mus­ter sehr oft. Auch das kann man machen, wenn es bewusst und reflek­tiert geschieht und z.B. durch einen Coach beglei­tet wird.

Götz Müller 27. Oktober 2012 Antworten

Sehr rich­tig zusam­men­ge­fasst, lei­der in den Unter­neh­men viel zu sel­ten oder eben falsch gelebt. Dort wo es rich­tig gelebt wird, ist Pro­jekt­ma­nage­ment z.B. auch ein Kar­rie­re­pfad, neben der klas­si­schen Lini­en­füh­rungs­kraft und den Fach­spe­zia­lis­ten. Die­se Form der Mit­ar­bei­ter­ent­wick­lung erin­nert mich auch stark an die Toyo­ta-Phi­lo­so­phie: „Wir ent­wi­ckeln kei­ne Autos. Wir ent­wi­ckeln Men­schen, die Auto bau­en“. Und das ist durch alle Hier­ar­chien hin­durch möglich.

Marcus Raitner 27. Oktober 2012 Antworten

Vie­len Dank. Da hat Toyo­ta schon eini­ges ver­stan­den und vie­le ande­re Fir­men lei­der immer noch nicht …

Erwin Zauner 28. Oktober 2012 Antworten

Herr Rait­ner, Sie haben das The­ma gut beschrie­ben. Das Mit­ar­bei­ter­ent­wick­lung auch in einem Pro­jekt statt­fin­den muss, ist aus mei­ner Sicht sehr wich­tig. Gera­de bei län­ge­ren Pro­jek­ten arbei­ten Mit­ar­bei­ter/-innen aus der Linie in einem Pro­jekt zu 100%. Wenn ich nun einen Hand­lungs­be­darf bei einem/einer Mit­ar­bei­ter/-in erken­ne, über­le­ge ich mir als Pro­jekt­lei­ter ent­spre­chen­de Maßnahmen.
Mei­ner Erfah­rung nach sind das nicht zwin­gend The­men, in der Fach­lich­keit. Son­dern eher im Bereich der sozia­len Kom­pe­tenz, die Men­schen hilft, sich wei­ter zu ent­wi­ckeln. Ich habe z.B. schon ein indi­vi­du­el­les Coa­ching zum The­ma: Stärken/Schwächen Ana­ly­se durchgeführt.

Marcus Raitner 28. Oktober 2012 Antworten

Dan­ke für Ihren Kom­men­tar Herr Zau­ner! In der Fach­lich­keit oder in der Tech­nik fehlt es meist wirk­lich nicht oder lässt sich ganz schnell aus­glei­chen. Im Bereich der sozia­len Kom­pe­tenz ist das schon schwie­ri­ger aber umso wichtiger.

Schreibe einen Kommentar