Vertrauen und Kontrolle

Wissens­ar­beit basiert auf Ver­trau­en in die Men­schen, ihre Fähig­kei­ten und ihre Leis­tungs­be­reit­schaft. In den Prin­zi­pi­en hin­ter dem Agi­len Mani­fest heißt es des­halb: „Build pro­jects around moti­va­ted indi­vi­du­als. Give them the envi­ron­ment and sup­port they need, and trust them to get the job done.“ Damit gemeint ist aber eher die not­wen­di­ge Grund­hal­tung als eine kon­kre­te Auf­for­de­rung zum blin­den Ver­trau­en. Ver­trau­en und Kon­trol­le schlie­ßen sich kei­nes­wegs so kate­go­risch aus, wie das auf den ers­ten Blick schei­nen mag.

Über­mä­ßi­ge Kon­trol­le zer­stört Ver­trau­en. Unse­re Unter­neh­men sind immer noch auf sol­cher angst­ba­sier­ter Kon­trol­le auf Basis von hier­ar­chi­schen Macht­struk­tu­ren auf­ge­baut. Nicht von unge­fähr for­dert Rein­hard Spren­ger in sei­nem neu­es­ten Buch: „Hört auf, Mit­ar­bei­ter wie Kin­der zu behan­deln“.

Auch agi­le Prak­ti­ken kom­men nicht ohne Kon­trol­le aus. Pair Pro­gramming bei­spiels­wei­se ist die ulti­ma­ti­ve Kon­trol­le der eige­nen Arbeit durch einen Kol­le­gen. Die Trans­pa­renz der Arbeit und des Arbeits­fort­schritts sind ganz all­ge­mein in den agi­len Vor­ge­hens­wei­se essen­ti­ell für die Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on des Teams. Hier sind Kon­trol­le und Ver­trau­en gar kein Widerspruch.

Kon­trol­le per se kann also nicht das Pro­blem sein. Viel­mehr kommt es auf die Posi­ti­on an, aus der her­aus die­se Kon­trol­le aus­ge­übt wird und zu wel­chem Zweck. Pair Pro­gramming mit einen guten Kol­le­gen auf Augen­hö­he im gemein­sa­men Kampf für die bes­te und ele­gan­tes­te Lösung ist ein frucht­ba­rer Aus­tausch für bei­de Sei­ten, mit dem dis­zi­pli­na­risch Vor­ge­setz­ten macht das weni­ger Spaß.

Glei­ches gilt für die Trans­pa­renz hin­sicht­lich Arbeits­fort­schritt und der Arbeits­pro­zess. Wird die­se Trans­pa­renz aus einer Macht­po­si­ti­on her­aus miss­braucht zur Bewer­tung von Mit­ar­bei­tern oder Teams, ist das Ver­trau­en ver­spielt und das zur Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on wert­vol­le Werk­zeug ent­wer­tet.

Selbst­or­ga­nis­ti­on braucht Trans­pa­renz und gegen­sei­ti­ge Kon­trol­le im Sin­ne der bes­ten Lösung. Eine Kon­trol­le dar­über hin­aus und ins­be­son­de­re eine Kon­trol­le von höhe­rer Hier­ar­chie­ebe­ne ist tat­säch­lich über­mä­ßig und zer­stört Ver­trau­en. Auch wenn es noch so ver­lo­ckend sein mag, als Lini­en­ma­na­ger und Vor­ge­setz­ter von agi­len Teams soll­te man die­se Trans­pa­renz und Kon­troll­in­stru­men­te nicht nut­zen. Viel­mehr muss man den Teams hel­fen geei­ge­ne­te Pro­zes­se zur Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und Kon­trol­le zu fin­den und die­se dann gegen Zugrif­fe von außen schützen.

Der bes­te Weg her­aus­zu­fin­den ob man jeman­dem ver­trau­en kann, ist ihm zu vertrauen.
Ernest Heming­way

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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