Wie ich arbeite

Im Zusam­men­hang mit mei­nem Plä­doy­er für mehr Spiel­räu­me im Pro­jekt­ma­nage­ment erreich­te mich die Fra­ge nach mei­nem kon­kre­ten Tages- und Wochen­ab­lauf als Pro­jekt­lei­ter, um die­se Spiel­räu­me zu gewähr­leis­ten. Nun glau­be ich zwar nicht, dass sich mei­ne Arbeits­wei­se auch nur ansatz­wei­se als Blau­pau­se eig­net, ver­ste­he das Inter­es­se aber und beant­wor­te die Fra­ge daher ein wenig aus­führ­li­cher im Sin­ne der unter­lie­gen­den Para­dig­men und weni­ger als kon­kre­ten Tages- und Wochen­plan oder in Form von schlau­en Rat­schlä­gen zur Zeitplanung.

Pro­jek­te sind sehr dyna­misch und mei­ne Pro­jek­te sind da kei­ne Aus­nah­me. Ein fes­ter Tages- oder Wochen­rhyth­mus ist daher in der Regel nicht prak­ti­ka­bel. Umso wich­ti­ger sind mir aber eini­ge Grund­sät­ze mei­ner per­sön­li­chen Arbeits­ge­stal­tung im Projekt.

Weil in Pro­jek­ten immer Unvor­her­seh­ba­res pas­siert, hal­te ich einen Teil mei­ner Zeit frei von ande­ren Ver­pflich­tun­gen, ins­be­son­de­re frei von Bespre­chun­gen. Ich has­se es, den gan­zen Tag naht­los in Ter­mi­nen zu sit­zen ohne die gerings­te Chan­ce, das dort Bespro­che­ne einer Umset­zung zuzu­füh­ren. Daher ist mei­ne Woche auch zu maxi­mal 50% mit fes­ten Ter­mi­nen belegt und die­se mög­lichst lose ver­teilt über die ein­zel­nen Tage.

Das errei­che ich weni­ger dadurch, dass ich die ande­ren Zei­ten aktiv im Kalen­der blo­ckie­re, son­dern viel­mehr indem ich mir mei­ne Ver­pflich­tun­gen sehr genau aus­su­che. Im Sin­ne mei­nes Bestre­bens mich ent­behr­lich zu machen bin ich oft näm­lich nicht die geeig­ne­te Per­son. Dafür gibt es Exper­ten im Team, die dann mit einem kon­kre­ten Ent­schei­dungs­be­darf zu mir kom­men. Wofür ich dann auch Zeit habe, weil ich eben nicht in ande­ren Detail­klä­run­gen auf Arbeits­ebe­ne gebun­den bin.

Act wit­hout doing;
work wit­hout effort.
Think of the small as large
and the few as many.
Con­front the difficult
while it is still easy;
accom­plish the gre­at task
by a series of small acts.
Tao Te Ching

Der Schlüs­sel zu Spiel­räu­men im Pro­jekt­ma­nage­ment liegt für mich also in kon­se­quen­ter Dele­ga­ti­on und der Befä­hi­gung zur Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on. Die ers­te Fra­ge muss immer lau­ten: Wer ist die rich­ti­ge Per­son für die­se Auf­ga­be oder die­se Bespre­chung? Meist ist das nicht oder nicht aus­schließ­lich der Pro­jekt­lei­ter. Was aber, wenn nie­mand in mei­nem Pro­jekt die Auf­ga­be über­neh­men kann, weil viel­leicht die Fer­tig­keit fehlt oder auch nur die Kapa­zi­tät? Vie­len Pro­jekt­lei­tern, die oft Exper­ten waren und geblie­ben sind, pas­siert dann der Feh­ler, die­se Auf­ga­be schnell Mal selbst zu über­neh­men. Im Ein­zel­fall und bei Gefahr in Ver­zug sicher­lich völ­lig legi­tim, nur besteht die Gefahr, dass der Pro­jekt­lei­ter dadurch zu sei­nem bes­ten Fach­ex­per­ten wird. Wenn ich also ein sol­ches Defi­zit fest­stel­le, sor­ge ich dafür, dass die nöti­gen Fer­tig­kei­ten und Kapa­zi­tä­ten schnellst­mög­lich zur Ver­fü­gung ste­hen. Mei­ne Auf­ga­be ist ja nicht alles selbst zu tun, son­dern Men­schen und Orga­ni­sa­ti­on zu befä­hi­gen, Pro­jek­te erfolg­reich durch­zu­füh­ren (vgl. Mei­ne Phi­lo­so­phie).

Man­geln­des Ver­trau­en ist nichts als das Ergeb­nis von Schwie­rig­kei­ten. Schwie­rig­kei­ten haben ihren Ursprung in man­geln­dem Vertrauen.
Luci­us Annae­us Seneca

Letzt­lich ist alles wie­der eine Fra­ge der Hal­tung und des Ver­trau­ens. Um mir mei­ne Spiel­räu­me zu schaf­fen und zu erhal­ten, muss ich mei­nem Team Ver­trau­en schen­ken. Ver­trau­en in die Fer­tig­kei­ten der Men­schen und in ihre Fähig­keit und ihren Wil­len sich selbst gut zu orga­ni­sie­ren. Ver­trau­en heißt aber auch Los­las­sen und in gewis­sen Gren­zen Feh­ler zuzu­las­sen und dar­aus zu ler­nen.

Mei­ne Arbeits­ge­stal­tung mit den nöti­gen Spiel­räu­men und der nöti­gen Manage­ment­re­ser­ve sehe ich also als Fol­ge mei­ner Grund­hal­tung und Phi­lo­so­phie. Und auch als Indi­ka­tor: Immer wenn ich fest­stel­le, dass mir mei­ne Spiel­räu­me abhan­den kom­men, wird es Zeit die Fra­ge zu stel­len, ob ich das Rich­ti­ge mache.

If the lad­der is not lea­ning against the right wall, every step we take just gets us to the wrong place faster.
Ste­ven R. Covey

Arti­kel­bild: Tho­mas Leu­thard bei flickr.com (CC BY 2.0)



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4 Kommentare

Joachim 29. März 2014 Antworten

Dan­ke, die­se Phi­lo­so­phie wen­de ich so auch als Füh­rungs­kraft an.
Selbst in einem oder meh­re­ren Teil­be­rei­chen noch Exper­te zu sein oder gewe­sen zu sein hilft mir dabei, sowohl bei inter­nen als auch exter­nen Pro­jekt­be­tei­lig­ten kri­tisch hin­ter­fra­gen zu kön­nen, wenn etwas angeb­lich nicht geht. Und dann nur eine Idee geben zu kön­nen, wel­che die Mit­ar­bei­ter dann bes­ser umsetz­ten kön­nen als ich.

Marcus Raitner 29. März 2014 Antworten

Vie­len Dank für Dei­nen Kom­men­tar, Joa­chim. Dem kann ich nur zustim­men: Es hilft vom Fach zu sein, dar­um mache ich ja auch im wei­tes­ten Sin­ne IT-Pro­jek­te. Für Bau­pro­jek­te bei­spiels­wei­se fehlt mir (trotz leid­vol­ler Erfah­rung als Bau­en­der) jeg­li­ches Ver­ständ­nis für Zusam­men­hän­ge, Abhän­gig­kei­ten und Risiken.

Rainwebs 31. März 2014 Antworten

Das klingt alles schon sehr agil, bis auf den Punkt, dass der Pro­jekt­ma­na­ger bei „fach­li­chen“ Fra­gen die Ent­schei­dung trifft, auch wenn er ent­schie­den hat, an dem Mee­ting nicht teil­zu­neh­men. Das wider­spricht ein wenig dem Vertrauensgrundsatz ;-).

Marcus Raitner 31. März 2014 Antworten

Dan­ke Rai­ner für Dei­nen Kom­men­tar! Mei­ne impli­zi­te Annah­me war natür­lich, dass die meis­ten Ent­schei­dun­gen im Team fal­len und die Mit­ar­bei­ter wis­sen, wann sie eine Ent­schei­dung mit mir abspre­chen soll­ten. Und ich ver­traue ihnen, dass sie den Punkt erken­nen. In der Pra­xis funk­tio­niert das auch ganz gut.

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